Druckartikel: Wie eine Fackel über dem Maintal

Wie eine Fackel über dem Maintal


Autor: Redaktion

Kloster Banz, Dienstag, 16. April 2019

Am 18. April 1944 stand nach einem Blitzeinschlag ein Turm der Banzer Stiftskirche in Flammen. Der Zeitzeuge Franz Ritter erinnert sich daran, wie die Löscharbeiten damals abgelaufen sind.
Die am 18. April 1944 nach einem Blitzschlag abgebrannte Haube des westlichen Turms der Banzer Stiftskirche.Archiv Pfuhlmann


"An diesem Tag war früh ein starkes Gewitter, auch über Weingarten, und dann hat's einen großen Schlag getan, da sind wir natürlich raus. Und da haben wir Banz vor uns gehabt. Rundum war alles dunkel. Aber auf dem Berg loderte es wie eine ganz große Fackel über dem Maintal. Ich sehe heute noch das Bild vor mir: Es war schrecklich, aber irgendwie auch schön." So erinnerte sich Franz Ritter, Jahrgang 1931, im Juni 2015.

Am Dienstag nach dem Weißen Sonntag, am 18. April 1944 frühmorgens um dreiviertel vier, schlug der Blitz in den westlichen Turm der Banzer Klosterkirche ein, die Spitze stand sofort in Flammen. Alarm wurde ausgelöst.

Magazin für Kunstschätze

Was in diesem Moment nur wenige wussten: Hätte das Feuer auf die Kirche und die Klostergebäude übergegriffen - Banz wäre in die Geschichte eingegangen als der Ort, wo Werke von Beethoven und Mozart, Skulpturen von Riemenschneider, Grafik von Rembrandt und Handschriften von Martin Luther unwiederbringlich verloren gegangen wären.

Das alles war zum Schutz vor Luftangriffen nach Banz ausgelagert - 1941 aus der Preußischen Staatsbibliothek Berlin, 1943 aus dem Germanischen Nationalmuseum Nürnberg, aus unterfränkischen Kirchen und von der Veste Coburg. Banz glich in diesen Jahren einem reichen geheimen Museumsmagazin, und der große Gebäudekomplex war seit 1942 Reservelazarett der Wehrmacht.

Weingartener Wehr eilte herbei

Franz Ritter eilte mit den anderen jugendlichen Feuerwehrleuten aus Weingarten nach Banz; Bürgermeister Brahmann brachte die Weingartener Schläuche auf den Berg. Die aus Bamberg angeforderte große Drehleiter rutschte wegen des Starkregens in Unnersdorf in den Graben, das schwere Lichtenfelser Feuerwehrauto blieb am Banzer Löschteich in der Wiese stecken.

Lazarettpatienten halfen löschen

So war die Brandbekämpfung und Gebäudesicherung in erster Linie Sache der örtlichen Kräfte. Banz hatte eine Tragkraftspritze, eine eingeübte Luftschutzdienstgruppe und vor allem viele helfende Hände. Das waren etwa 250 größtenteils gehfähige Leichtverwundete und Rekonvaleszenten aus dem Lazarett. Sie bildeten mit den Sanitätssoldaten und den Schwesternhelferinnen eine Eimerkette bis in den Dachstuhl der Kirche. Mit den dort für den Luftschutz bereitstehenden Handspritzen wurde das Holz feucht gehalten, um eine Ausbreitung des Brandes durch Funkenflug zu verhindern.

Das gelang, auch weil in der Krisensituation ausgesprochen günstige Umstände zusammen kamen: Der Gewitterregen dämpfte den Funkenflug und hielt die Schieferdächer nass. Der Wind war nicht zu stark und kam aus Nordosten, wehte also brennendes Material von der Kirche und vom Hauptgebäude weg. Und schließlich hatte man in Banz an diesem Frühlingsmorgen ausnahmsweise keinen Wassermangel: in der Zisterne standen 55 Kubikmeter Wasser bereit.

Turmhaube war nicht zu retten

Die brennende Turmhaube war freilich trotz des Einsatzes der Banzer Motorspritze in der Höhe nicht zu halten, es blieb nur das Ablöschen der herabgefallenen Teile. Morgens um acht Uhr konnte man sicher sein, dass Kirche und Klostergebäude nicht mehr gefährdet waren. Die Krankenzimmer wurden wieder bezogen, der Lazarettbetrieb wieder aufgenommen, die in Banz eingelagerten Kunstschätze und Kulturgüter blieben unbeschädigt und unentdeckt.

Wichtiges Datum der Geschichte

"Der 18.4.1944 zeichnete sich mit dicken Lettern in die Geschichte des Schlosses Banz und zugleich auch in meine Lebensgeschichte ein", schrieb der Verwaltungsleiter des Reservelazaretts Banz, der Würzburger Adalbert Gümbel, in sein Tagebuch.

Beinahe hätte es einen weiteren solchen Tag gegeben, denn eine Woche später, am 25. April 1944, schlug nachmittags ein Blitz in den bisher unversehrten östlichen Turm; der Blitzableiter verhinderte jedoch diesmal Schäden wie am 18. April.

Für die nächsten Jahre, weit über 1945 hinaus, bot die Silhouette von Banz ein ungewohntes Bild. Neben dem unbeschädigten rechten Turm der Fassade ragte ein Stumpf in den Himmel. Bald erhielt er ein Notdach.

Erst Jahre nach Kriegsende konnte man die aufwändige Wiederherstellung angehen; die Einweihung durch den Bamberger Erzbischof Joseph Otto Kolb erfolgte am 17. Oktober 1948.

Beim Wiederaufbau geholfen

Franz Ritter aus Weingarten war auch beim Wiederaufbau des vor nun 75 Jahren ausgebrannten Turmes tätig; er hatte mittlerweile das Maurerhandwerk bei der Neubanzer Firma Schramm erlernt. Auch später, als Staffelsteiner, ist er immer im Schatten der beiden Banzer Türme geblieben.

INTERVIEW

Für Banz gibt es einen Feuerwehrplan mit allen relevanten Details

Was wäre, wenn heute wieder ein Blitz in einen der Banzer Türme einschlüge und der historisch Klosterkomplex in Brand geriete? Das Kloster, in dem sich heute das Bildungszentrum der Hanns-Seidel-Stiftung befindet, liegt auf einem nach drei Seiten steil abfallenden Berg. Der Innenhof ist nur über Toreinfahrten zu erreichen.

Wir haben darüber mit dem Lichtenfelser Kreisbrandrat Timm Vogler gesprochen, der die Klosteranlage und das Bildungszentrum seit vielen Jahren gut kennt.

Frage:Gibt es ein Konzept, was zu tun wäre, wenn es in Kloster Banz heute wieder brennen würde?

Vogler: Ja, natürlich. Es gibt einen stets aktuell gehaltenen circa 50 Seiten umfassenden Feuerwehrplan mit allen brandschutzrelevanten Details, den die Hanns-Seidel-Stiftung vor zwei Jahren erstellen hat lassen. Außerdem bin ich seit nunmehr sieben Jahren als Brandschutzdienststelle ständig eingebunden bei Umbaumaßnahmen. Die Verantwortlichen in Banz haben gerade in den vergangenen Jahren enorm viele Brandschutzmaßnahmen erarbeitet und auch umgesetzt, zum Beispiel: komplette Neuinstallation der Brandmeldeanlage, Feuerwehrplan, Schulung der Beschäftigten, bauliche Brandschutzmaßnahmen in Form von Brandschottung, Neubau Notausgänge, Verbesserung der Löschwasserversorgung - mehr als 400 Kubikmeter stehen in Becken zur Verfügung -, die nun ausreichend ist. Wie würde die Feuerwehr mit ihren großen Fahrzeugen den Klosterhof erreichen, denn die Torzufahrten sind ja sehr eng?

Wir können mit allen Fahrzeugen in den Innenhof fahren, außerdem gibt es im östlichen Bereich eine Feuerwehrzufahrt und mehrere Aufstellflächen für die Drehleiter.

Gibt es Sprinkleranlagen und Steigleitungen in Banz?

Sprinkleranlage nein, Steigleitungen gibt es mehrere.

Finden in Banz regelmäßige Übungen der Feuerwehr statt?

Es finden regelmäßig Begehungen statt, für dieses Jahr ist auch eine praktische Übung vorgesehen.

Wenn Banz tagsüber so in Brand geriete wie Notre-Dame - wären dann schnell genug ausreichend Feuerwehrleute verfügbar?

Ja, durch die Bildung von Alarmierungseinheiten steht uns auch tagsüber eine ausreichende Zahl an Feuerwehrleuten zur Verfügung.

Die Fragen stellte Matthias Einwag