Wenn Liebe eine Dienstleistung ist
Autor: Matthias Einwag
Lichtenfels, Montag, 06. Mai 2019
Wo es am Obermain Möglichkeiten gibt, Liebe zu kaufen? Das wollten wir von zwei Männern aus dem Kreis Lichtenfels wissen, die ein Freudenhaus in Coburg betreiben. Die Freizügigkeit im Internet veränderte ihr Gewerbe.
Das älteste Gewerbe der Welt ist im Kreis Lichtenfels offiziell gar nicht angesiedelt. Erst in Städten ab 30 000 Einwohnern sind Freudenhäuser zulässig. Unsere beiden Gewährsmänner aus dem Kreis Lichtenfels sprechen freizügig über ihren Coburger "Beherbergungsbetrieb mit sexuellen Handlungen", wie ein Bordell im Behördendeutsch bezeichnet wird. Und über das "knallharte Geschäft" in diesem Gewerbe, das zunehmend vom Internet bedroht wird.
Die beiden Männer führen ein Appartment mit vier Arbeitszimmern, die wochenweise von Frauen angemietet werden. Frauen aus ganz Europa im Alter zwischen 20 und 70 Jahren kommen zu ihnen. Jede Prostituierte bekommt einen Mietvertrag und arbeitet auf eigene Rechnung. Sie muss Gesundheitspass und Prostitutionsausweis vorzeigen.
"Ich steh' hinter dem Gewerbe", sagt einer der Freudenhausbetreiber, "wir haben eine Lizenz und machen nichts Illegales." Zudem sei "jeder Betreiber hinterher, seinen Laden sauber zu führen". Kondome, Handtücher, Waschmittel und Bettwäsche stelle er den Damen zur Verfügung. Auf die Einhaltung der Kondompflicht achten die Betreiber des Hauses, indem sie die Abfalleimer checken. Und sie machen Botengänge für die Frauen, denn diese möchten das Haus so selten wie möglich verlassen, weil ja just dann ein Freier kommen könnte.
Die Preise für ein Schäferstündchen? Zwischen 130 und 150 Euro, "aber das legen die Frauen selber fest". Doch Stundengeschäfte, sagt der Mann, seien selten geworden, "das meiste sind Quickies". Das Geld sitze bei den Freiern heute nicht mehr so locker. "Heiligabend ist der beste Tag, da kommen die ganzen Singles", antwortet einer der Männer auf unsere Frage nach den umsatzstärksten Tagen.
Die Berufsbezeichnung Zuhälter hören die beiden Männer nicht so gern, denn "ein Zuhälter ist eigentlich jemand, der die Frauen zwingt", sagt einer der Bordellwirte. Das jedoch könne sich heute keiner mehr leisten: "Die Damen sind sehr sensibel, man muss sie mit Glacéhandschuhen anfassen, um sie nicht zu vergraulen - so wie eben überall im Dienstleistungsgewerbe." Dass die Frauen wegbleiben, gelte es zu vermeiden, weil es kein Überangebot an Sexarbeiterinnen gebe.
Seit 2003 gibt es den anerkannten Beruf der/des Prostituierten. Zu diesem Personenkreis gehören die "Stammfrauen", wie die beiden Bordellbetreiber ihre Mieterinnen nennen: "Man baut eine Bindung zu den Frauen auf, eben wie Mieter und Vermieter." Dass jedoch eine Prostituierte ihren Ehemann mitzubringen wünscht, wie bei Osteuropäerinnen nicht selten, lassen die Bordellwirte nicht zu.
Ein Alarmsystem sei in den Zimmern installiert. Das diene aber eher der Beruhigung, denn die meisten Männer, die ins Haus kommen, hätten ohnehin mehr Angst vor einem vermeintlich im Nebenzimmer sitzenden Zuhälter und verhielten sich demzufolge anständig und gesittet. In den zehn Jahren, in denen sie das Etablissement betreiben, habe es keine Kriminalitätsfälle gegeben - weder mit Drogen noch mit Beischlafdiebstahl, beteuern die beiden Männer.