Druckartikel: Wasserkraft: Wie geht's Fisch und Flora damit?

Wasserkraft: Wie geht's Fisch und Flora damit?


Autor: Ramona Popp

LKR Lichtenfels, Donnerstag, 23. Juni 2016

Das am Michelauer Wehr geplante Ökostromwerk wird gerade von Naturschützern sehr kritisch gesehen. Am Landratsamt wurde das Für und Wider erörtert.
Wasserkraftschnecken neuerer Technik wie diese an der Regnitz will der Betreiber des geplanten Ökostromwerks in Michelau einsetzen. Sie gelten als fischfreundlicher als Turbinen. Zu Verletzungen und Tötungen kann es trotzdem kommen, so kritische Stimmen.  Foto: Ingenieurbürp Müller Kalchreuth


Das Tonband zeichnete alles auf - fürs Protokoll. Wer also bei dem Erörterungstermin seine Stimme gegen das in Michelau geplante Ökostromwerk erhob, darf gewiss sein, gehört worden zu seinen. Eine Bewertung der Einwände und Bedenken im Hinblick auf die anstehende Entscheidung der Genehmigungsbehörde fand jedoch nicht statt. Dass dem so sein werde, darauf wies Anton Fleischmann gleich zu Beginn des mehrstündigen Austausches hin. Der Leiter der Abteilung Bau, Kommunales und Umwelt am Landratsamt moderierte ruhig und sachlich, ließ Nachfragen zu oder stellte sie bei Unklarheiten selbst. Auch Leiter weiterer beteiligter Sachgebiete und Sachbearbeiter waren präsent. Das Zeitfenster, das man hierfür zur Verfügung stellte, war bewusst groß gewählt. Es sollte nicht der Eindruck entstehen, dass bestimmte Aspekte außer Acht gelassen würden.

"Unser Ziel ist es, eine gerichtsfeste Entscheidung zu finden", sagte Fleischmann, und betonte, dass hier nicht das eigene Belieben ausschlaggebend sein werde: "Wir sind an Recht und Gesetz gebunden."
Der Geschäftsführer der Wertschmied-Group, die das Ökostromwerk am Michelauer Mainwehr plant, hatte als Erster das Wort und hob einmal mehr heraus, sein Unternehmen stelle an sich selbst hohe Ansprüche in punkto Ökologie. Unterstützt wurde Norbert Böhm von den Leitern der Ingenieurbüros, die er für die Planung sowie begleitenden Umweltstudien beauftragt hat. Bei den Berechnungen habe man sich am heutigen Wasserstand orientiert und gehe von relativ geringen Auswirkungen auf Wasserhaushalt wie auch Flora und Fauna aus. Das Wehr werde weitgehend im alten Zustand belassen, Betriebsgebäude daneben aufgeständert. Bei Niedrigwasser werde die geplante Anlage eine Erhöhung des Wasserstandes um bis zu 20 Zentimeter bewirken; negative Auswirkungen im Hochwasserfall werden verneint. Hier widersprachen die Vertreter des Wasserwirtschaftsamtes nicht. Mögliche Einflüsse auf das Grundwasser müssten hingegen durch ein Monitoring überprüft werden.
Eine solche, erst im Nachhinein zu leistende Überwachung und Auswertung war für die anwesenden Vertreter von Bund Naturschutz (BN) wie auch der Mainfischereigemeinschaft Lichtenfels ein rotes Tuch. Hinterher Schäden nachzuweisen sei schwer und wahnsinnig teuer, argumentierte deren Vorsitzender Oliver Freiburg. Außerdem sah er die Wasserrahmenrichtlinie mit ihren Umweltzielen auf den Kopf gestellt: Wenn die Anlage erst steht, wolle man gucken, ob und wie schädlich sie ist. Für das Flora-Fauna-Habitat(FFH)-Gebiet gebe es aber ein Verschlechterungsverbot. Die Wertschmied-Group habe keinen Anspruch auf eine Genehmigung. Martin Goller (ebenfalls Mainfischereigemeinschaft) nannte das Vorhaben nicht hinnehmbar. Im Gegensatz zu der Darstellung des Unternehmens, das eine Fischaufstiegshilfe mit errichten will und diese als Verbesserung darstellt, gebe es bereits jetzt über die Floßgasse einen - wenn auch eingeschränkten - Fischaufstieg, ohne dass Fische durch Wasserkraftschnecken gefährdet werden. Darin herumgewirbelt zu werden, tue keinem Tier gut, ergänzte ein Beauftragter des Landesfischereiverbandes.
Inwieweit sich das Kleinkraftwerk auf die Kiesbänke unterhalb des Wehres auswirken würde - nach Expertenmeinung wichtige Laichplätze - ist nach Meinung von Bernd Flieger von der Unteren Naturschutzbehörde schwer vorherzusagen. Sein Vorschlag war ein zeitweises Öffnen der Floßgasse, um einer Verschlammung entgegenzuwirken. Dies käme, wie zu hören war, auch den Ruderern entgegen, die an dieser Stelle gerne üben und ihren Erhalt für den Wassersport wünschen.
BN-Vorsitzender Anton Reinhardt fand "alles sehr beschönigend dargestellt" und sprach von einem gewaltigen Eingriff in das Ökosystem und das wunderschöne Ensemble. "Es ist ein Experiment auf dem Rücken der Natur." Die Energiegewinnung (Strom für etwa 290 Haushalte) stehe in keinem Verhältnis zu dem, was zerstört werde. Ein einziges Windrad bringe vielfachen Nutzen. Reinhardt befürchtet zudem die Schaffung eines Präzedenzfalles, wenn ein Kleinstwasserkraftwerk in einem FFH-Gebiet entstehen darf.


Sorge um Straßenplanung

Das Staatliche Bauamt Bamberg drückt eine andere Sorge dieses schützenswerte Gebiet betreffend: Für den Ausbau der B 173 musste eigens eine Stellungnahme der EU-Kommission eingeholt werden. Wenn jetzt eine weitere Belastung dazu komme, könne dies für die Straßenplanung zu einem Problem werden.
Das Landratsamt entscheidet nach Auswertung der Erkenntnisse über das weitere Verfahren. Zeitliche Angaben wurden nicht gemacht.