Druckartikel: Warum 80 Prozent der Belegschaft eines Lichtenfelser Kfz-Betriebs ihre Organe spenden

Warum 80 Prozent der Belegschaft eines Lichtenfelser Kfz-Betriebs ihre Organe spenden


Autor: Markus Häggberg

Lichtenfels, Freitag, 25. Mai 2018

Zwischen Pragmatismus und Galgenhumor: Fast alle Mitarbeiter eines Kfz-Betriebs engagieren sich als menschliches Ersatzteillager.
So sieht eine über 80-prozentige Quote bei Organspendern aus: Kirsten Lausch, Julia Spath, Alexander Nowak, Sergej Krompitsch, Michael Jaud und Alexander Klose (von links). Foto: Markus Häggberg


Über 80 Prozent. So viele Organspender hat Kfz-Meister Michael Jaud in seinem Betrieb. Und er möchte diese Idee streuen. Bei seinem Besuch erhielt diese Zeitung Tag Einblicke in Denkweisen, Engagement und Vorbehalte.
9. Januar 2018 - hinter dieses Datum setzte Kirsten Lausch auf ihrem Spenderausweis ihre Unterschrift. Seitdem steht die kaufmännische Angestellte mit ihrem Körper für die Idee ein, im Falle eines Falles und im Falle ihres Ablebens zu helfen. "Mir hilft immer die Vorstellung, dass ich auch mal Organe brauchen könnte", so die Frau, welche im Kfz-Betrieb die Büroorganisation unter sich hat.
Der 9. Januar 2018 ist in ihrer Erinnerung auch der Stichtag für die innerbetriebliche Ausweitung dieser Idee. Sie ging zu drei weiteren Mitarbeitern und dem Chef, aber sie verfing nicht bei Alexander Klose. "Ich habe das (eigene Organe) gekriegt, also will ich das auch behalten", erklärt der junge Mann mit einem Hauch von Wirschheit. Und dann begründet er: "Es gibt Leute, denen ich meine Organe nicht gönnen würde [...], und ich will auch keine Organe haben." Um seine Antwort zu verstehen, muss man sich Zeit nehmen. Die Lösung findet sich in den Beobachtungen, die der Feuerwehrmann zu Menschen gemacht hat, die leichtfertig mit ihren eigenen und fremden Leben umgehen. Dass der Bezug zu diesem Thema ein persönlicher und darum ein nur persönlich zu verhandelnder ist, findet auch Michael Jaud.


Hilfsbereitschaft nimmt ab

Auch er Feuerwehrmann, auch er ein Beobachtender, schon allein durch seine Abschleppdiensttätigkeit. "Die Hilfsbereitschaft ist weniger geworden", stellt er in Bezug auf das Verhalten von Mitmenschen bei Unfällen fest. Darum, so sein Ansatz, sollte man sich nicht auf die Freiwilligkeit von Organspendern verlassen. "Ich meine, es gehört andersrum gedreht: Jeder ist Spender, außer er ist ausdrücklich dagegen", so seine Überlegung zu einer möglichen gesetzlichen Regelung. Dass seine Einsicht für das Organspenden mit seinem vor wenigen Jahren erlittenen Segelflugzeugabsturzes im Zusammenhang steht, verneint Jaud. Die Befürwortung des Organspendens ist zu anderer Zeit gefallen.
Mit Ausnahme eines Mitarbeiters griff diese Befürwortung in seinem Betrieb um sich, ergriff noch Alexander Nowak, Julia Spath, Kirsten Lausch ohnehin und auch Sergej Krompitsch. Der Kfz-Mechaniker schöpft seine Beweggründe für das Mitmachen aus einer Art Mischung zwischen Pragmatismus und Galgenhumor: "Seit ich Motorrad fahre, glaube ich, ich lebe nicht mehr lange."
Missionarisch möchte Michael Jaud nicht werden und werben, auch wenn er feststellen muss, dass "das ein Thema ist, wo keiner drüber reden will und man sich fragt: Warum beschäftigen sich so wenige damit?" Er möchte hie und da in persönlichen Gesprächen darauf verweisen, denn alles andere "nervt ja die Leute". Persönliche Gespräche dazu hat es schon gegeben, beispielsweise mit dem Lichtenfelser Rainer Arnold, der sich branchennah um Fahrzeugaufbereitung kümmert. Auf Nachfrage dieser Zeitung bestätigt Arnold das auch. Auch in seinem Betrieb sei der Boden für Unterschriften auf Organspenderausweisen bereitet.