Druckartikel: Unterzettlitzer bearbeitet die Geschichte der Pflege

Unterzettlitzer bearbeitet die Geschichte der Pflege


Autor: Matthias Einwag

Unterzettlitz, Donnerstag, 08. November 2012

Hubert Kolling aus Unterzettlitz legte den sechsten Band des "Biographischen Lexikons zur Pflegegeschichte" vor. Darin werden rund 120 Personen porträtiert, die in der Krankenpflege Herausragendes leisteten.
Hubert Kolling mit dem soeben erschienen Band 6 des Biographischen Lexikons.   Foto:  Matthias Einwag


Ende des 19. Jahrhunderts herrschte in der Krankenversorgung große Not. Anders als heute waren arme und pflegebedürftige Menschen nicht durch ein soziales Netz abgesichert. Arme und Kranke bekamen keine ärztliche Versorgung, keine Medikamente und keine Pflege. Pater Peter Natili versuchte diese Not zu lindern. Zusammen mit vier jungen Frauen gründete er 1890 in München einen Hauskrankenpflegeverein. Bald schlossen sich zur Pflege der Kranken immer mehr Frauen an. Da der Wunsch wuchs, als religiöse Gemein-schaft zu leben, traten sie dem Dritten Orden des Heiligen Franziskus bei. Mit der Zeit weitete sich die Tätigkeit der Schwestern aus, andere soziale Aufgaben kamen hinzu. 1921 wurde die Gemeinschaft kirchlich anerkannt. Das Mutterhaus steht in Vierzehnheiligen.

Ausbildung als Krankenpfleger

Menschen wie Pater Natili sind es, die von Hubert Kolling porträtiert werden.

Soeben legte der 52-Jährige den Band 6 des "Bibliographischen Lexikons zur Pflegegeschichte vor. Der Diplom-Pädagoge und promovierte Diplom-Politologe hat in den 1970er Jahren selbst eine dreijährige Ausbildung zum Krankenpfleger absolviert und arbeitete eine Zeit lang in dem Beruf. Von den 120 Porträts historischer Pflegepersönlichkeitenin Band 6 verfasste er rund die Hälfte.

"Die Geschichte der Krankenpflege führte lange ein Schattendasein", sagt Hubert Kolling, doch die Krankenpflege sei von mehr Menschen beeinflusst, als bekannt ist. Wer Mitmenschen frage, welche berühmten Pflegepersönlichkeiten sie kennen, erhalte stets die Namen einiger weniger Prominenter genannt: Florence Nightingale, Henri Dunant, Albert Schweitzer. Doch die Bandbreite sei groß. Mediziner, Theologen, Gewerkschafter und Adelige hätten die Krankenpflege ausgebaut und fortentwickelt. Genau diese Personen werden in dem sechsbändigen Werk gewürdigt.

"Wir haben das Prinzip, keine noch lebende Person aufzunehmen", erklärt Hubert Kolling die Auswahl. Deshalb sei die Reihe auch kein "Who is who", sondern ein "Who was who" der Pflegegeschichte.
Nachdem er bereits an den Bänden 2 und 3 mitgewirkt hatte, übernahm Hubert Kolling mit Band 4 erstmals selbst die Tätigkeit des Herausgebers. Er legte 2011 den fünften und heuer den sechsten Band vor. Insgesamt sind in der Reihe nun 1144 Personen erfasst.

Dass Band 6 so kurz auf Band 5 folgte, sei vor allem dem Umstand geschuldet, dass zahlreiche Beiträge übrig geblieben waren. Er und seine zehn Mitautoren seien zudem stets auf der Suche nach Persönlichkeiten, die die Aufnahmekriterien erfüllen. In relativ kurzer Zeit sei so ein weiterer Band zustande gekommen. Hubert Kolling, der die Bio graphien in seiner Freizeit schreibt, räumt ein, dass durchaus eine Sammelleidenschaft mitspielt, die Zufallsfunde bringe: "Man bekommt einen gewissen Pilzblick."

In Zeitungen, Fachzeitschriften und im Internet wird er immer wieder fündig. Die meisten Porträtierten stammen aus Deutschland. Doch auch Persönlichkeiten aus vielen anderen Ländern sind Beiträge gewidmet. "Das Buch ist ein probates Nachschlagewerk für alle Ausbildungseinrichtungen der Gesundheits- und Krankenpflege", beschreibt Hubert Kolling die Zielgruppe. Es könne aber auch von all jenen als Lesebuch zur Hand genommen werden, die sich für die Berufsgeschichte der Krankenpflege sowie für die maßgeblichen Frauen und Männer interessieren. Im 19. und 20. Jahrhundert liege eindeutig der Schwerpunkt bei den Porträts.

Während er sich mit den Lebensläufen befasste, hat Hubert Kolling viel über den Wandel der Krankenpflege erfahren. Diese tätige Nächstenliebe sei vor allem zeitintensiv, sagt er. Inzwischen hätten die Pflegekräfte zunehmend mit Verwaltungsarbeit zu kämpfen.

"Wir leisten da Kärrnerarbeit"

Hubert Kolling legt Wert darauf, dass es sein Hobby sei, diese Bücher herauszugeben und dass die Herausgabe wohl kaum die Kosten decken werde. Die Porträts wurden mit hohem wissenschaftlichen Anspruch geschrieben, darauf sind der Herausgeber und die Autoren stolz. "Wir leisten da Kärrnerarbeit", sagt Hubert Kolling, der sich gleichwohl bewusst ist, dass diese Bücher nicht auf einer Bestsellerliste landen werden. Im Vergleich zum ersten Band, der rund 300 Porträts enthält, fallen die Biographien jedoch inzwischen umfangreicher aus und bieten somit mehr Lesestoff.

Die Zukunft der Krankenpflege könnte durch den Einfluss der Akademisierung positiv bestimmt werden, der vor etwa 25 Jahren eingesetzt hat, sagt Hubert Kolling. Es sei denkbar, dass künftig auf einer Station zwei akademisierte Pflegekräfte und eine auf die Größe der Station bemessene Zahl an Hilfskräften tätig sind: "Es gibt eine zunehmende Annäherung zwischen der Pflege und der Medizin."

Der sechste Band des "Biographischen Lexikons zur Pflegegeschichte - Who was who in nursing history" ist im Verlag hpsmedia in Hungen erschienen; das Buch hat 328 Seiten und kostet 34,80 Euro; ISBN 978-3-9815325-1-7