Unterschiede der Alten- und Krankenpflege
Autor: Matthias Einwag
LKR Lichtenfels, Mittwoch, 06. März 2019
Ab dem kommenden Jahr werden drei bisherige Pflegeberufe per Gesetz zusammengefasst. Ob es gut ist, Alten-, Kranken- und Kinderkrankenpfleger gemeinsam auszubilden, wird von BRK-Kreisgeschäftsführer Thomas Petrak bezweifelt.
Wie stark unterscheiden sich die Berufe des Alten-, Kranken- und Kinderkrankenpflegers? Das ist die zentrale Frage, die BRK-Kreisgeschäftsführer Thomas Petrak angesichts des neuen Ausbildungsberufs Pflegefachmann stellt. "Warum wirft man diese Berufsbilder nun zusammen?", fragt er, wobei doch grundlegende Unterschiede bestehen. Jede dieser Disziplinen habe sich selbstständig entwickelt und besitze eigene Spezifika. "Ein Krankenhaus ist kein Pflegeheim und ein Pflegeheim kein Krankenhaus", unterstreicht er.
Dem neuen Pflegeberufegesetz zufolge wird die dreijährige Ausbildung zum Pflegefachmann im kommenden Jahr erstmals angeboten. "Der Gesetzgeber will damit die Pflege aufwerten und alle drei Berufe zu einem Berufsbild zusammenführen", erklärt Petrak die Hintergründe. Dadurch verspreche sich der Gesetzgeber mehr Durchlässigkeit zwischen Krankenhaus und Altenpflegeeinrichtungen.
Altenpflege ist eigene Disziplin
Die drei bisherigen Ausbildungsberufe in einem einzigen aufgehen zu lassen, sieht er nicht als Aufwertung der Pflege. "Altenpflege hat einen Wert, ist eine eigene Disziplin", fährt er fort. Das, was so schlecht nicht war, werde nun geändert, obwohl die beiden Fachdisziplinen Alten- und Krankenpflege nebeneinander eine Berechtigung hätten. Jede Disziplin entwickelte sich, habe Spezialitäten herausarbeiten können, fährt er fort - etwa den ganzheitlichen Aspekt der Altenpflege. Während die Krankenpflege das jeweilige Leiden im Fokus habe, sei in der Altenpflege die Biographiearbeit besonders wichtig, also das Eingehen auf die individuellen Bedürfnisse der Senioren.
Rein theoretisch besteht noch der Beruf des Altenpflegers, aber nur, wenn sich der Auszubildende im dritten Ausbildungsjahr für den spezialisierten Berufsabschluss "Altenpfleger" entscheidet. Dass ein Auszubildender - wie künftig möglich - im dritten Lehrjahr auf den eigenständigen Beruf "Altenpfleger" umschwenkt, hält Petrak für unsinnig: "Nach zwei Jahren der generalisierten Ausbildung wird er sich nicht mehr auf die Altenpflege einschränken." Zudem gebe es keinen Weg zurück: Wer sich für eine Spezialisierung zum Altenpfleger entscheide, dem bleibe der Weg ins Krankenhaus in der Regel verwehrt. Außerdem fehle die europaweite Anerkennung, und die Schulen werden wohl eine derartige Spezialisierung nicht mitmachen. Insofern bestehe das Berufsbild des Altenpflegers nur noch auf dem Papier, so Petrak.
Was vom Gesetzgeber als Generalistik gedacht sei, bringe in der Praxis Probleme und sei in der Umsetzung kompliziert. Die Pflege sei jetzt schon "einer der höchstregulierten Bereiche in ganz Deutschland", sagt Petrak. Die Auszubildenden müssten vom Krankenhaus ins Altenwohnheim wechseln und umgekehrt. "Der Auszubildende ist in drei Jahren nur etwa ein Drittel in seinem eigentlichen Betrieb", ergänzt Petrak, "die anderen zwei Drittel verbringt er in der Schule oder in einer anderen Einrichtung, etwa der Akutpflege oder der Pädiatrie."
Auch Kilian Stöcklein, der die BRK-Fachstelle Pflege leitet, bezweifelt, ob das zusammengefasste neue Berufsbild der große Wurf sein wird. Ab 1. September 2020 bilde das Rote Kreuz im Landkreis Lichtenfels zum Pflegefachmann aus, Bewerbungen seien schon jetzt möglich und erbeten. "Wir werden es merken, wie sich die Leute bewerben", sagt Stöcklein. Kliniken und Altenpflegeeinrichtungen müssten künftig ganz eng zusammenarbeiten und neue Netzwerke bilden, urteilen Thomas Petrak und Kilian Stöcklein. Denn das Rote Kreuz könne den Klinikbereich nicht abdecken, ein Austausch zwischen den Trägern von Kliniken und Altenpflegeeinrichtungen sei erforderlich. Als problematisch sehen beide zudem den Einsatz im Teilbereich Pädiatrie. Weil im Ausbildungssystem unterschiedlichste Einsatzfelder erforderlich sind, werde es zu einer ständigen Rotation der Auszubildenden an diesen Einsatzstellen kommen, "deren Wirkung wir noch gar nicht kennen", folgert Petrak.
Mangel an Altenpflegern
Einen bereits jetzt bestehenden Engpass werde der neue Ausbildungsberuf nicht schließen können, befürchtet Stöcklein. Obwohl die Ausbildungsvergütungen attraktiv seien, gebe es zu wenig junge Menschen, die sich für Altenpflege interessieren. Kilian Stöcklein: "Es sind nicht genug Bewerber da, um die vorhandenen Stellen komplett zu füllen."