Tigist und Meroun kochen Doro Wot n Lichtenfels

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Mit Unterstützung von Maria Hollering-Hamers (rechts) klärten Tigist und Meroun aus Äthiopien über die Sitten und Gebräuche rund um das Nationalgericht Doro Wot auf, bevor sie den Besuchern des "Sommerfests der Begegnung" Kostproben servierten Foto: Joachim Wegner
Mit Unterstützung von Maria Hollering-Hamers (rechts) klärten Tigist und Meroun aus Äthiopien über die Sitten und Gebräuche rund um das Nationalgericht Doro Wot auf, bevor sie den Besuchern des "Sommerfests der Begegnung" Kostproben servierten Foto: Joachim Wegner
Mit Präsenten bedankten sich die Organisatoren des Sommerfests der Begegnung bei den fleißigen Köchinnen. Von links Pfarrer Ralf-Peter Zettler, Meroun, Erhard Schlottermüller, Tigist und Harald Rausch
Mit Präsenten bedankten sich die Organisatoren des Sommerfests der Begegnung bei den fleißigen Köchinnen. Von links Pfarrer Ralf-Peter Zettler, Meroun, Erhard Schlottermüller, Tigist und Harald Rausch
 
Menschen aus unterschiedlichen Ländern und Kulturen beteiligten sich am Sommerfest der Begegnung im Hof der Martin-Luther-Kirche, zu dem die Aktiven Bürger und die evangelische Kirchengemeinde eingeladen hatten.
Menschen aus unterschiedlichen Ländern und Kulturen beteiligten sich am Sommerfest der Begegnung im Hof der Martin-Luther-Kirche, zu dem die Aktiven Bürger und die evangelische Kirchengemeinde eingeladen hatten.
 
Das traditionelle Saiteninstrument aus Äthiopien hatte es der kleinen Zarah angetan.
Das traditionelle Saiteninstrument aus Äthiopien hatte es der kleinen Zarah angetan.
 

Beim "Sommerfest der Begegnung" wurde das äthiopische Nationalgericht aufgetischt.

Doro Wot ist in Äthiopien ein typisches Festtagsessen. Diesen Hähnchentopf aus dem afrikanischen Land servierten Tigist und Meroun den Besuchern des "Sommerfests der Begegnung", zu dem die Aktiven Bürger zusammen mit der evangelischen Kirchengemeinde Lichtenfels am späten Montagnachmittag in den Hof der Martin-Luther-Kirche eingeladen hatten.

Die beiden jungen Damen hatten reichlich gekocht und bereits am Sonntag Brot gebacken, um alle Gäste mit der Köstlichkeit versorgen zu können. Doch bevor Huhn mit scharfer Berbere-Soße serviert wurde, klärten die beiden Köchinnen über die Sitten und Gebräuche in ihrer afrikanischen Heimat auf.

Ein Huhn kostet fünf Euro

Ein Fest ohne Doro Wot in Äthiopien, das ist wie Weihnachten in Europa ohne Baum - kaum vorstellbar. Selbst die ärmsten Familien servieren ihren Kindern dieses äthiopische Nationalgericht an den Festtagen, auch wenn sie sich dafür verschulden müssen. Doro bedeutet auf Amharisch "Huhn", Wot"heißt "Eintopf" oder "Soße". Ein Huhn kostet im ländlichen Äthiopien etwa fünf Euro, dafür muss ein Arbeiter sich eine ganze Woche lang verdingen. Hinzu kommen Eier, Zwiebeln und viel Berbere, die typisch äthiopische Gewürzmischung aus Chilipfeffer, Ingwer, Knoblauch, Gewürznelke, Koriander und vielen weiteren exotischen Zutaten. Der Eintopf wird auf Injera, einem pfannkuchenartigen, säuerlichen und recht weichen Fladen aus Teffmehl, serviert. Teff ist eine Art äthiopisches Grundnahrungsmittel, jedoch ist diese glutenfreie Alternative zu Weizen außerhalb Äthiopiens kaum verbreitet. In Äthiopien ist Injera Beilage, Unterlage und Besteck in einem. Traditionell werden Stücke des Fladens abgerissen, mit denen man die auf dem Fladen ausgebreiteten Speisen aufnimmt bzw. sie tunkt. Die ganze Familie isst gemeinsam von einer Platte. Statt Besteck benutzen alle die rechte Hand, wie es die guten Manieren in Äthiopien verlangen.

Ein Heiratskriterium

Ob ein Mädchen ein perfektes Doro Wot zubereiten kann, ist bis heute ein Kriterium für viele junge Männer auf dem Land, ob sie als Braut in Frage kommt. Als Beilage servierten die beiden Damen Frischkäse und Grünkohl.

Doch auf die Besucher des Sommerfests der Kulturen warteten nicht nur kulinarisch neue Erfahrungen, sondern auch Begegnungen mit Mitmenschen, die aus anderen Ländern nach Deutschland gekommen sind. Interessierte Bürger und zahlreiche Ehrenamtliche, die sich in der Flüchtlingsarbeit engagieren, nutzten die Gelegenheit, ungezwungen miteinander in Kontakt zu kommen und sich gegenseitig kennenzulernen.

Pfarrerin Anne Salzbrenner weiß, wie wichtig solche Begegnungen für die Menschen sind. Denn sie helfen, Ängste abzubauen und falschen Befürchtungen vorzubeugen. Die Seelsorgerin ist deshalb dankbar, dass solche Treffen mit Menschen unterschiedlicher Kulturen in Lichtenfels immer wieder stattfinden. Karin Pfeiffer begleitet als Integrationslotsin des Landratsamtes rund 100 Ehrenamtliche im Landkreis Lichtenfels. Im Bereich Asyl und Integration vermittelt sie Menschen, die zu Ämtern und Ärzten begleiten, bei der Wohnungssuche helfen sowie sonstige Unterstützungen geben. Sie plant Sprachkurse, Schulungen und Weiterbildungen. Aus ihrer Erfahrung weiß Karin Pfeiffer, dass die ehrenamtlichen Helfer mit viel Herzblut dabei sind. Sie lernen nicht nur andere Kulturen kennen und erfahren dabei eine persönliche Bereicherung: "Es kommt so viel Positives zurück" resümiert Karin Pfeiffer.

Zu den Engagierten in der Asylarbeit zählt auch Nicole Gründel, die in Krögelhof einen Bauernhof betreibt. Sie betreut 38 junge Menschen aus Eritrea, die sie liebevoll "Mama" nennen. Ihre Motivation: "Ich komme nicht in andere Länder, also hole ich die fremden Länder und Kulturen zu mir". Sie liebt "ihre Jungs" und ist noch nie von ihnen enttäuscht worden.

Bei Maria Hollering-Hamers sind es andere Gründe, warum sie sich engagiert. Ihre christliche Grundhaltung gebietet es ihr, sich für andere einzusetzen. Deshalb betreut sie seit fünf Jahren die Menschen, die im ehemaligen City-Hotel am Bahnhof untergekommen sind. Dass ihre Unterstützung gut ankommt, hat sie schriftlich in einem Brief erhalten. "Ich weiß, du bist wie meine Mutter, du willst nur helfen." Für Gaby Berg ist es die deutsche Vergangenheit, unter der sie gelitten hat und sie deshalb antreibt, anderen zu helfen. Dabei legt sie Wert auf die Feststellung, dass sie kein Helfersyndrom hat, sondern sich dafür einsetzt, dass Deutschland fremdenfreundlich erscheint. Deshalb organisiert sie Sprachkurse und ist regelmäßig im Büro anzutreffen, das die Aktiven Bürger im Jobcenter eingerichtet haben, um bei Anträgen und Formularen zu unterstützen.

Ursprünglich war es vor allem für Flüchtlinge eingerichtet worden, doch nunmehr kommen immer mehr deutsche Staatsbürger zu ihnen, weil sie mit dem Behördendeutsch nicht zurechtkommen. Für einen Gänsehautmoment sorgte Erhard Schlottermüller, der einen Brief eines Afghanen verlas, der sich lange Zeit in diesem Kreis in Lichtenfels wohlgefühlt hatte, aber vor kurzem aus Sorge vor Abschiebung nach Frankreich weitergezogen ist. Er ließ in passablem Deutsch alle grüßen und erinnerte sich gerne an seine Zeit in der Korbstadt. Die guten Freunde, die er hier kennengelernt hatte, vermisse er sehr, ließ er wissen.