Tauschen ist auch in Weismain "Gold wert"
Autor: Stephan Stöckel
Weismain, Dienstag, 27. Oktober 2015
Weismain will in Richtung Woffendorf neue Gewerbeflächen schaffen und dafür das Bauland-Umlegungsverfahren nutzen. Das vereinfacht das Vorhaben erheblich und spart Geld.
Weismain Welche Kommune kennt das nicht? Man möchte ein neues Gewerbegebiet ausweisen und steht vor einer Vielzahl von Aufgaben: Man muss Grundstücksverhandlungen führen, Geld in die Hand nehmen beim Kauf von Bauland und Grunderwerbssteuer an das Finanzamt zahlen. Einfacher hat man es, wenn man sich für das Bauland-Umlegungsverfahren entscheidet. Diesen Weg geht die Stadt Weismain.
Am Ortsrand von Weismain in Richtung Woffendorf soll im Bereich der Baugebiete "Feldsteile III, IV und V" im Rahmen eines solchen Verfahrens Bauland zur Ansiedlung von Gewerbe geschaffen werden. "Mit diesem Verfahren legt sich die Stadt einen Vorrat an leicht zu realisierbaren Gewerbeflächen an. Das ist Gold wert", kommentierte Vermessungsingenieur Jürgen Melzer vom Amt für Digitalisierung, Breitband und Vermessung den einstimmigen Beschluss des Stadtrates.
In seinem Referat zählte er die Vorzüge gegenüber einem freihändigen Erwerb von Grundstücken auf. Neben dem finanziellen Vorteil ("Wegen des wertgleichen Tausches fällt keine Gewerbesteuer an") strich er die Tatsache heraus, dass es sich um ein von neutraler Seite geleitetes Grundstücksaustauschverfahren handle, das man mit einer Flurbereinigung vergleichen könne. Zudem entfielen, so Melzer, die vielen Einzelverhandlungen und Vertragsabschlüsse beim Notar. "Alles wird in einem Arbeitsgang beschlossen", sagte der Experte.
Vorteile auch für Eigentümer
Aber auch für die Grundstückseigentümer und die zukünftigen Investoren ergäben sich Vorzüge: Im Umlegungsverfahren würden Grundstücke nämlich so verändert und getauscht, dass neue Grundstücke entstünden, die nach Lage, Form und Größe für eine bauliche oder sonstige Nutzung zweckmäßig gestaltet seien. "Das Ergebnis seien große erschlossene Rechtecke, die landwirtschaftlich leicht zu bearbeiten sind. Künftige Investoren müssen nur mit einem oder zwei Grundstückseigentümern verhandeln", erklärte Melzer.Das Verfahren zieht sich nach seiner Auskunft ein bis zwei Jahre hin. Eine Möglichkeit, das Verfahren zu beschleunigen, sei die vorzeitige Besitzeinweisung. "Bestimmte Flächen können schon vor Beendigung des Verfahrens in Erschließungsstraßen umgebaut werden und in den Besitz der Stadt übergehen."
Bürgermeister Udo Dauer verwies darauf, dass sich das geplante Gewerbegebiet in einem faktischen Überschwemmungsgebiet befindet. Aus diesem Grund müsse man im Bereich der Kläranlage Retentionsflächen schaffen. Die Stadt hatte bereits vor der Sitzung Nägel mit Köpfen gemacht: Am 13. Oktober hatte sie 25 Eigentümer aus dem Bereich der drei Baugebiete in das Rathaus eingeladen, um mit ihnen über das Umlegungsverfahren zu sprechen. Denn laut Melzer müssten alle Beteiligten mitspielen. Bei einem Widerspruch müsse ein sachlicher Grund vorliegen. Aus purem Trotz heraus könne sich niemand verweigern. "Es gibt keine Enteignung. Derjenige bekommt dann einfach eine gleichwertige Fläche zugewiesen", so Melzer.
"Bei dem Treffen erhielten wir von 24 Personen eine positive Rückmeldung. Eine Person hat ein Problem damit, das sich allerdings lösen lässt. Fünf Eigentümer konnten nicht kommen. Mit ihnen werden wir noch Gespräche führen", so Dauer, der sich auch zu den Kosten des Verfahrens äußerte: "Es fallen Vermessungskosten an, die sich vermutlich auf 40 000 Euro belaufen werden."
Weismain liebäugelt mit einer Bürgerstiftung
Bei rechtsfähigen Stiftungen benötigt man ein Startkapital von 50 000 Euro. Doch woher nehmen, wenn nicht stehlen? In Weismain, das bekanntlich hochverschuldet ist, liebäugelt man daher mit einer anderen Variante: einer Bürgerstiftung, wie es sie bereits in Rödental im Landkreis Coburg gibt. Und auch der Lichtenfelser Stadtrat hatte dieser Tage grünes Licht für diese kostengünstigere Variante gegeben."Das Startkapital beträgt bei einer Kommune nämlich nur 10 000 Euro. Die Hälfte davon würden wir als Partner übernehmen." Mit "wir" meinte Sparkassenbetriebswirt Stephan Franke seinen Arbeitgeber, die Sparkasse Coburg-Lichtenfels. Er informierte den Stadtrat am Montagabend über die Funktionsweise der geplanten Stiftung, die einmal den Namen "Stiftung Unser Weismain" tragen soll. Doch noch ist nichts beschlossen. Die einzelnen Fraktionen wurden gebeten, sich intern Gedanken über eine solche Stiftung zu machen. Danach soll dann im Stadtrat ein Beschluss gefällt werden.
Das Besondere an dieser Form der Stiftung ist zum einen die Partnerschaft mit der Sparkasse. "Unter dem Dach der Stiftergemeinschaft der Sparkasse steht der Stadt ein professionelles Stiftungsmanagement zur Verfügung. Somit bleibt der Stadt der Aufwand für die Verwaltung der Stiftung erspart", erläuterte der Experte.
Bürgermeister Udo Dauer beklagte zwar, dass die niedrigen Zinssätze nicht gerade nach hohen Erträgen schreien würden, zeigte sich der Gründung einer Stiftung dennoch recht aufgeschlossen: "Damit könnten wir etwas Wertvolles für die Zukunft schaffen." Zugleich verhehlte er nicht, dass es nicht gelungen sei, das Vermögen des aufgelösten Badbauvereins als Grundstock für eine solche Stiftung herzunehmen. Die Mitglieder hätten sich entschieden, das Geld der Stadt für kulturelle und denkmalpflegerische Vorhaben direkt zukommen zu lassen.
Weismain verfügt mit der Wohltätigkeitsstiftung bereits über eine Stiftung. Gedankenspielen, diese aufzulösen und in die Bürgerstiftung überzuführen, erteilte der Experte eine Abfuhr: "Eine rechtsfähige Stiftung kann nicht in eine Treuhandstiftung, wie sie die Bürgerstiftung darstellt, überführt werden. Nur der umgekehrte Weg wäre denkbar."
Viele ältere Leute, so Franke, wollten dauerhaft etwas Gutes tun und ihren Nachlass regeln. Für sie böte sich eine Bürgerstiftung als Lösungsmöglichkeit an. "Ihr Erbe würde dann dem Grundvermögen der Stiftung zugeführt", sagte der Referent. Spenden hingegen würden im Folgejahr zusammen mit den Erträgen ausgeschüttet. Vorsitzender des Stiftungsrates ist laut Franke immer der jeweilige Bürgermeister Weismains. Hinzu kämen vier weitere Mitglieder. Die Stiftungszwecke in einer Bürgerstiftung sind sehr breit gefächert und reichen von der Jugend- und Altenhilfe über den Denkmalschutz bis hin zum Sport.
Baustelle auf dem früheren Brauereigelände geht bald weiter
In den vergangenen Wochen rieben sich so manche Weismainer verwundert die Augen. Die Baustelle auf dem Gelände der ehemaligen Brauerei unweit des oberen Tores in Weismain ruht. Dort will die Dileo-Projektentwicklungs GmbH, eine Tochter der Baufirma Dietz, bekanntlich 16 Eigentumswohnungen und vier Gewerbeeinheiten errichten. Dazu wird ein Großteil des ehemaligen Brauereigeländes abgerissen, das Einzeldenkmal "Am Markt 38" allerdings bleibt erhalten. "Wir waren mit anderen Aufgaben ausgelastet. Im August und September hatten zudem viele Mitarbeiter Urlaub", brachte Dileo-Geschäftsführer Christian Dietz bei der Stadtratssitzung Licht ins Dunkel. Am Zeitplan ändere sich nichts. "Bis 2016 sind wir fertig. Man muss ja nicht mit aller Gewalt ein Projekt vorantreiben. In den nächsten Tagen geht es wieder weiter", sagte der Fachmann.
Dafür waren die Archäologen im Sommer auf der Baustelle fleißig am Ausgraben. Den Ausführungen Dietz' zufolge wurde dabei eine slawische Keramik gefunden. Aus dem Untersuchungsbericht des Archäologen Andreas Pross geht auch hervor, dass eine deformierte Kanonenkugel aus der Zeit des 30-jährigen Krieges entdeckt wurde.
Auf der Rückseite des erwähnten Einzeldenkmals wurden vom Dach die Ziegel entfernt. Laut Dietz werde das Dach zum Schutz vor Herbst- und Winterstürmen abgedeckt, sobald man die Erlaubnis der Denkmalbehörde habe.
Neubesetzung der Ausschüsse
In der September-Sitzung war Roland Säum als neuer Stadtrat des Bürgerblocks (BB) von Bürgermeister Udo Dauer vereidigt worden. Der 47-Jährige war für Alexander Herold ins Gremium nachgerückt, der aus beruflichen Gründen sein Amt niedergelegt hatte. Die personelle Veränderung machte eine Umbesetzung der Ausschüsse durch den Bürgerblock, der nur aus zwei Personen (Roland Säum und Jochen Schäfer) besteht, notwendig. Mitglied im Fraktionsausschuss ist Roland Säum, im Verwaltungs- und Finanzausschuss Jochen Schäfer, im Grundstücks-, Bau- und Umweltausschuss Roland Säum sowie im Rechnungsprüfungsausschuss Jochen Schäfer. Stellvertreter ist das jeweils andere Fraktionsmitglied. Geführt wird die Fraktion von Säum.