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Strom für 290 Haushalte aus dem Main


Autor: Ramona Popp

Michelau, Donnerstag, 11. Juni 2015

Am Michelauer Mainwehr möchte ein Unternehmen aus Bamberg ein Ökostromwerk inklusive Fischpass und Bootsrutsche errichten. Aktuell liegen die Planungsunterlagen öffentlich aus.
Das Mainwehr in Michelau - Foto: Ramona Popp


Über 100 Jahre alt ist das Mainwehr, das einst für den Betrieb zweier Mühlen im nahen Mühlbach gebaut worden war. Heute werden in Michelau keine Mühlen mehr betrieben und die Energie des Flusses bleibt ungenutzt. Das möchte ein Bamberger Unternehmen ändern. Es hat den Bau eines Ökostromwerks mit vier Wasserkraftschnecken beantragt. Das Technikgebäude ist etwa 27 Quadratmeter groß und in Stelzenbauweise zwischen Mühlbach und Main konzipiert, so dass Spaziergänger darunter hindurch laufen können. Die öffentlichen Fußwege in diesem Bereich, die viel genutzt werden, sollen bestehen bleiben, ebenso die Bootsein- und Ausstiegsmöglichkeiten. Zudem soll eine Bootsrutsche errichtet werden, die nicht nur für geübte Kanuten passierbar ist. Nicht zuletzt sieht die Planung einen naturnahen Fischaufstieg vor, um den Tieren die letzte große Hürde flussaufwärts am Obermain zu nehmen.

Die Wertschmied Group aus Bamberg, ein Familienunternehmen, hebt den langfristigen Aspekt des Vorhabens hervor. Man habe mögliche Standorte bis 100 Kilometer um Bamberg ins Visier genommen und sich schon vor einigen Jahren für das Michelauer Wehr interessiert, sagt Geschäftsführer Norbert Böhm auf Nachfrage. Damals allerdings hatte auch die Baye rische Landeskraftwerke GmbH etwas mit Michelau im Sinn. Von einer Pilotanlage für ganz Oberfranken mit einer neuartigen Turbinengeneration war die Rede, Landrat Christian Meißner (CSU) sprach von einem Vorzeigeobjekt im Kreis Lichtenfels. "Wir wollten nicht in Konkurrenz dazu treten", räumt Norbert Böhm ein, "haben aber immer wieder nachgefragt."

Naturschonende Energiegewinnung ist wichtig

Das regionale Unternehmen hingegen will sich dieser He rausforderung stellen. "Ein privater Interessent rechnet
anders", meint Hemmerlein. Freilich muss sich das Projekt rechnen. Eine möglichst naturschonende Energiegewinnung ist dem Unternehmen aber wichtig, wie es bekundet. Ökologische Voruntersuchungen und technischer Fortschritt bildeten die Grundlage hierfür. Am Wasserspiegel werde es keine großen Änderungen geben.

Das Prozedere in einem öffentlichen Verfahren erfolgt in enger Abstimmung mit dem Landratsamt Lichtenfels, dem Wasserwirtschaftsamt Kronach, der Gemeinde Michelau sowie der Fachberatung für Fischerei des Bezirks Oberfranken und geht für den Geschäftsführer der Wertschmied Group so in Ordnung. "Die Gespräche mit den Behördenvertretern waren professionell und konstruktiv", betont er. Da verständlicherweise vor einer Genehmigung noch keine Ausschreibung erfolgt ist, kann Norbert Böhm nur eine vage Angabe zu den Kosten machen. Er rechnet mit einer Investition von über einer Million Euro für die Anlage, die einmal Strom für rund 290 Haushalte gewinnen soll, und sieht darin einen kleinen, regionalen Beitrag zur Energiewende.

Eine perfekte Welle wird es allerdings nicht geben

Die "perfekte Welle", auf die vor einigen Jahren vor allem junge Kanuten im Zusammenhang mit einem Wasserkraftwerk am Michelauer Wehr spekuliert hatten, wird es jedoch kaum geben. Von dieser Idee hatten schon die Landeskraftwerke Abstand genommen, wie wir vom Wasserwirtschaftsamt erfahren. "Die Wasserverhältnisse im Main sind nicht wie in der Isar", sagt Richard Lieb, der Sachgebietsleiter Wasserbau und Gewässerentwicklung im Landkreis Lichtenfels. Überdies habe sich auch die Frage der Verkehrssicherung einer Vorrichtung für eine sogenannte stehende Welle als problematisch erwiesen.

Am 18. Mai hat die einmonatige öffentliche Auslegungsfrist für das Projekt Ökostromwerk begonnen. Im Michelauer Rathaus kann jedermann die Pläne einsehen und eventuelle Einwände vorbringen. Der Gemeinderat hatte keine. Zwischen dem Geschäftsführer der Mainfischereigesellschaft, die die ehemaligen Landeskraftwerke-Pläne wegen ihres Eingriffs in die Gewässerökologie ablehnte, und dem neuen Bauinteressenten gab es dem Vernehmen nach einen ersten Kontakt.

Seitens der Bamberger Wertschmied Group geht man von einer Dauer des Genehmigungsverfahrens bis ins Jahr 2016 aus. Ab 2017 könnten dann bereits Fische barrierefrei flussaufwärts schwimmen. "Wir haben den Antrag erst im März gestellt", sagt Norbert Böhm. Konkreter planen könne man erst, wenn man den Bescheid in Händen halte.