Streifzüge durch die Jahrhunderte
Autor: Matthias Einwag
Lichtenfels, Dienstag, 11. Dezember 2018
Der Geschichtsverein CHW brachte den zweiten Band der "Streifzüge durch Franken" heraus. Darin sind die Exkursionen der vergangenen Jahre aufgearbeitet.
Ein unscheinbarer Hügel liegt in einer Mulde zwischen dem Bezirksklinikum Kutzenberg und der Hankirche. Was für das Auge des Laien so aussieht wie eine von Vegetation überwucherte Müllhalde aus den 1960-ern, ist in Wirklichkeit ein kleiner Burghügel. Genauer gesagt eine Motte, eine Kleinburg, wie sie in Franken gar nicht so selten sind. Allein bei Kutzenberg gibt es zwei dieser mittelalterlichen Kleinburgen.
Der Geschichtsverein Colloquium Historicum Wirsbergense (CHW) pflegt alljährlich im Sommerprogramm Exkursionen zu interessanten Orten anzubieten. Darunter sind auch vermeintlich unscheinbare Ziele wie die Überreste dieser beiden Kleinburgen. "Typischerweise", schreibt Autor Robert Schäfer, "waren Motten Wohnsitze des niederen Adels; in der Anfangszeit wurden sie bisweilen aber auch durch eine Zentralmacht, durch Dynasten, angelegt. In ganz Europa sind mehrere tausend Motten bekannt, die meisten in Frankreich, Großbritannien, den Beneluxländern und im Niederrheingebiet ... In Oberfranken wurden bislang etwa 130 solcher Burganlagen nachgewiesen."
Der eben erschienene zweite Band der "Streifzüge durch Franken" enthält 18 Aufsätze über Exkursionen der vergangenen Jahre. Die jeweiligen Exkursionsleiter beschreiben darin den besuchten Ort - Robert Schäfer die Motten von Prächting und Kutzenberg, Timo Seregély die steinzeitlichen Siedlungsspuren vom Hohlen Stein bei Schwabthal, Günter Dippold die Pfarrkirche von Kirchlein, die Lichtenfelser Synagoge sowie das Schlösschen Maineck.
Das Schlösschen Maineck
Ebenso wie die Motten ist das Schlösschen in Maineck ein gutes Beispiel für diese vermeintlich unscheinbaren Orte. Es liegt nicht an einer Hauptverkehrsader, sondern eher verborgen; es duckt sich geradezu hinter dem wuchtigen Turm der ehemaligen Malzfabrik. Günter Dippold verfasste eine bündige Zusammenfassung der Geschichte dieses Schlösschen. Er vergleicht, reflektiert und ordnet Zusammenhänge ein, die er aus dicken Kompendien herauspickte.
Ähnlich sind auch die anderen Aufsätze in dem Buch aufgebaut: Sie enthalten viele Details, ohne dass sich die Autoren im Dschungel der Fakten verlieren, dazu Karten und Skizzen sowie historische und aktuelle Fotos, die das Beschriebene gut veranschaulichen.
"Jeder Absatz entspricht einer Führung", sagt Prof. Dr. Günter Dippold, der Vorsitzende des rund 1750 Mitglieder zählenden CHW. Ein abwechslungsreicher Themenmix sei dadurch entstanden, der "die Breite unserer Führungen abdeckt". "Wir wollen ja nicht den Eindruck erwecken, bei uns sei seit Balthasar Neumann nichts Gescheites mehr gebaut worden."
Von der Archäologie über Frühneuzeitliches bis zum 20. Jahrhundert reicht das Spektrum. Einen Schwerpunkt setzte Herausgeber Günter Dippold bewusst auf das Coburger Land, denn dort befindet sich die jüngste CHW-Bezirksgruppe Sonneberg/Neustadt. Die Kirche und das Schloss Mupperg, die Burg Schaumberg und die Motte Ehnes bei Schalkau, das ehemalige Zisterzienserinnenkloster Sonnefeld, die bauliche Entwicklung von Ketschendorf, Historismus und Jugendstil in Coburg sowie die Architektur in Coburg zwischen 1918 und 1973 werden behandelt.