Staffelsteiner Strandmobil mit Knatterton
Autor: Matthias Einwag
Bad Staffelstein, Dienstag, 10. Juni 2014
Ein spanischer Kleinstwagen aus den 1950er Jahren ist die jüngste Errungenschaft in der Sammlung von Wolfgang Kröger. Der Voisin Biscuter ist eigentlich ein Motorroller auf vier Rädern mit quer eingebauter Sitzbank.
Wenn Wolfgang Kröger mit seinem Voisin Biscuter wegfahren möchte, geht das nicht einfach so mit einer halben Umdrehung des Zündschlüssels. Er öffnet die Aluminium-Motorhaube und startet den 200-Kubikzentimeter-Motor mit dem Seilzug-Handstarter. Rasenmäher werden so angelassen - und wie ein solcher klingt der Zweitakter ja auch.
Das 200 Kilogramm schwere Fahrzeug mir rund zehn PS aus dem Jahr 1956 ist der jüngste Kleinwagen in Wolfgang Krögers Sammlung. 15 kleine Autos besitzt der 51-Jährige inzwischen. Er hatte nicht mehr vor, ein weiteres Fahrzeug anzuschaffen, doch der Zufall wollte es, dass ein Freund zwei Biscuter im Herkunftsland Spanien auftrieb. Eines dieser Autos stand zum Verkauf - da war Wolfgang Krögers Leidenschaft auch schon geweckt.
Mit 70 km/h über Land
Natürlich ist die spartanische Ausstattung des Wägelchens nicht geeignet für längere Fahrten. Im 50-Kilometer-Radius um Bad Staffelstein jedoch ist der Biscuter ideal: Mehr als 70 km/h läuft der kleine Spanier nicht, doch auf den schmalen Straßen der Fränkischen Schweiz sind höhere Geschwindigkeiten gar nicht erforderlich.
Das Fahren im Biscuter hat etwas Abenteuerliches, weil der Kontakt zur Straße so unmittelbar ist. Hinzu kommt das helle Knattern des Motors, das den Zweitakter heraushebt aus dem leisen Summen der Alltagsautos. Die winzige Windschutzscheibe hält kaum ein Wetter ab, und keinerlei Gummi teile dämmen das Rattern von Karosserie und Motor. Eigentlich ist der Biscuter als Strandwagen ersonnen worden, als 2,56 Meter kurzer, wendiger Flitzer für enge spanische Altstädte. Ein Dach war dafür ebenso unnötig wie eine schnittige Windschutzscheibe.
Ein Hingucker ist der Biscuter allemal, sagt Wolfgang Kröger. Das Geräusch des Motors lässt die Leute aufhorchen, sie bleiben am Straßenrand stehen, lächeln, winken und schauen dem aluminiumfarbenen Wägelchen nach.
Von den insgesamt 12 000 in den 1950er Jahren hergestellten Biscutern sind heute allerhöchstens noch 200 Stück vorhanden. Es gebe eine kleine Fan-Gemeinde in Spanien, sagt Wolfgang Kröger, die etwa 50 bis 60 Fahrzeuge besitze. Sein eigener Biscuter sei fast ein Neuwagen, denn gerade mal 400 Kilometer habe der auf dem Tacho. Der Vorbesitzer, ein alter Mann, habe nicht allzu viele Ausflüge damit gemacht, und irgendwann stand der Wagen vergessen in einer Garage.
Unlängst wagte sich Wolfgang Kröger mit dem Biscuter auf eine Rundfahrt in die Alpen. Bei der Tour um den Vierwaldstätter See staunte er, wie leichtfüßig das Auto Steigungen von 20 Prozent nahm. "Ich hatte mehr Angst beim Runterfahren", erzählt er, denn der Biscuter besitzt nur eine einzige Differenzialbackenbremse - er ist ja auch für Strände, nicht für Alpenstraßen gebaut.