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St. Kilian in Bad Staffelstein: Wo der Pfarrer mitten in der Gemeinde predigt


Autor: Adrian Grodel

Bad Staffelstein, Mittwoch, 16. Januar 2019

In der St.Kilian-Kirche in Bad Staffelstein wird das Wort Gottes tatsächlich mitten unter den Gläubigen verkündigt.
Die Kirche St. Kilian in Staffelstein im Abendrot


Das Urteil unseres Testers

Die Pfarrkirche St. Kilian in Bad Staffelstein ist auf jeden Fall einen Gottesdienstbesuch wert, zumal sie auch gut erreichbar ist und parken kein Problem darstellt. Ihre Größe ist ihre Stärke: Weil sie nicht ausladend Platz wie viele katholischen Gotteshäuser bietet, sondern überschaubar ist, erwecken schon 60 bis 100 Besucher den Eindruck eines vollen Hauses. Entsprechend klanglich charmant ist die Atmosphäre, wenn die Gläubigen singen. Der Besuch war auch an diesem heißen 23. Juni statthaft, wenn auch leider nur wenige Kinder und Jugendliche zum Gottesdienst gekommen waren. Dabei ist die Ansprache an die Jüngsten und deren Einbindung in die Feier in St. Kilian besonders gut. Positiv auch: Man merkt Pfarrer Georg Birkel an, dass er "sein Kirchenvolk" schätzt. Er geht nicht nur persönlich auf die Besucher zu, sondern predigt als Hirte Gottes mitten unter seinen Schäflein. Wenn der Autor dieser Zeilen etwas bedauert, dann ist es die Tatsache, dass es - wie inzwischen in einigen katholischen Gemeinden im Kommen - in St. Kilian keinen Wein zur Kommunion gibt. Wo würde es besser passen als hier: Dem Heiligen Kilian sagt man zumindest nach, Schutzpatron der Winzer zu sein. Aber vielleicht liegt das Bedauern auch nur darin begründet, dass der katholisch getaufte Autor inzwischen seit mehr als 22 Jahren evangelisch ist!

Die Bewertung im Einzelnen:

1. Einstieg

Wo sich in anderen Kirchen fünf Minuten vor Beginn des Gottesdienstes die Gläubigen der kontemplativen Vorbereitung hingeben, reißt einen zu diesem Zeitpunkt in St. Kilian eine Frauenstimme etwas unvermittelt aus der gedanklichen Stille. Sie liest eine Fülle von gemeindlichen Ankündigungen vor und gedenkt der Verstorbenen. Pünktlich um 10.30 Uhr macht einem das Lied "Eines Tages kam einer" richtig Lust auf diese Eucharistiefeier. Grundsätzlich soll dieses Lied "Sonne in den Alltag" bringen, wie Pfarrer Georg Birkel in seinen Eingangsworten betont. Und ergänzt mit Blick auf 29 Grad Außentemperatur und prallem Sonnenschein: "Wobei man sich das bei einem heißen Tag wie heute zugegebenermaßen nur schwer vorstellen kann." Das Eis ist sofort getaut, die Gemeinde ist drin im Gottesdienst. Ungewöhnlicher Start vor dem Start. Der Start selbst gelingt wunderbar.

2. Musik

Die Auswahl fröhlicher, flotter und junger Lieder passt zu diesem Sommertag. Solide Leistung des Organisten, guter Klang. Gute Musik, gute Laune

3. Lesungen

Die erste Lesung stammt aus dem Alten Testament und steht bei Sacharja im 12. Kapitel: die Totenklage der Bewohner Jerusalems. Die zweite Lesung (Lukas 9, 18-23) handelt davon, wie Jesus seine Jünger fragt, für wen ihn die Leute hielten - und wie die Jünger ihn sähen. Zwei Laien tragen jeweils eine der Lesungen klar und mit fester Stimme vor. Zwei kurze Texte, denen man gut folgen kann. So muss es sein.

4. Predigt

Pfarrer Georg Birkel steht bei seiner Predigt da, wo auch Jesus Christus stand: mitten in seiner Gemeinde. Bildhaft vergleicht er im Mittelgang zwischen den Bankreihen unser Leben mit einer Laufmasche: So wie sich der Pulli im Laufe der Zeit auflöst und das Loch größer wird, so verringere sich unsere Lebenszeit. Und dann wird es noch anschaulicher: Birkel hebt ein Taufkleid in die Höhe. Das Taufkleid sei das Gewand, das uns Christus auf den Leib geschneidert hat. Das Trikot, mit dem wir immer in Jesus' Mannschaft spielen - auch nach unserem Tod. Kurz(weilig), berührend, lebensnah, anschaulich.

5. Kommunion/Abendmahl

Die Kommunion lief liturgisch sowie in ihrer Form ganz klassisch katholisch ab. An drei Stationen gingen die Gottesdienstbesucher in Richtung Altar, wo ihnen Pfarrer und Laien die Hostien austeilten. Kinder wurden gesegnet. Apropos Kinder: Pfarrer Birkel band die (leider nur wenigen) jungen Gäste demonstrativ immer wieder in den Ablauf mit ein. Besonders schön: Zum gemeinsamen Vaterunser kamen alle Kinder nach vorne, scharten sich im Halbkreis um den Altar und fassten sich an den Händen. Eigentlich durchschnittlich, das Vaterunser mit den Kindern hebt die Kommunion aber in obere Kategorien.

6. Beleuchtung

Über schlechte Sichtverhältnisse im Gottesdienst kann man hier wahrlich nicht klagen. Obwohl hellster Sonnenschein die Kirche durchflutete, leuchteten sechs Lampen über dem Mittelgang aus voller Kraft. In Zeiten von Ressourcenschonung und gesteigertem Energiebewusstsein fast ein wenig verschwenderisch.

7. Ambiente

Die Pfarrkirche St. Kilian liegt mitten im Herzen von Bad Staffelstein. Sie ist von allen Seiten aus gut zu erreichen, vor allem gibt es genügend Parkplätze in der Nähe. In der neugotischen Kirche ist die vorherrschende Farbe Gold. Entweder glänzen die Heiligen selbst oder deren Schürzen. Dennoch fühlt sich der Besucher in diesem mittelgroßen Gotteshaus vom Güldenen nicht erschlagen, vielleicht auch weil die architektonischen Verhältnisse passen. Sehenswert ist auch das irische Kreuz an der Außenfassade. Prachtvoll, aber nicht protzig. Familiärer Charme dank der angenehmen Größe.

8. Kirchenbänke

Einen Gottesdienst im Sitzen hält man hier ohne Weiteres gut aus. Die Bänke sind bequem, die Beinfreiheit großzügig. Langes Knien dürfte dagegen gerade für ältere Menschen etwas beschwerlich werden. Zwar sind die Kniebänke gepolstert, was aber nicht davor schützt, dass man auch als jüngerer Mensch froh ist, wenn man wieder aufstehen darf. Sitzen top, längeres Knien hop.

9. Segen

Der Segen folgt dem traditionellen Ritual. Danach kommt das letzte gemeinsam gesungene Lied - und der Organist zeigt mit erhebenden Klängen den Gläubigen beim Hinausgehen, dass er sein Handwerk beherrscht. Pfarrer Birkel und sein Team sind indes schon durch eine Tür in Altarnähe ausgezogen. Ritualisiertes, konventionelles Gottesdienstende; nicht mehr als Standard.

10. Sinne

Nicht nur das güldene Interieur sticht dem Besucher sofort ins Auge, sondern auch ein ganz besonderes Detail der Moderne: Die Kirchenlieder werden digital angezeigt. Leider immer nur ein Lied, so dass es bei zwei aufeinanderfolgenden Gesängen schon einmal etwas hektisch werden kann. Pfarrer Birkel war leider nicht immer gut zu verstehen. Ob das an der Mikrofonanlage lag? Immerhin gab es vom Geistlichen auch was zum Fühlen: ein paar Spritzer Weihwasser, die er quer durch die Kirchenbänke verteilte. Mehr sinnliche Höhen als Tiefen - guter Durchschnitt.

Warum ein Gottesdiensttest

Die Ergebnisse unserer Gottesdiensttests, das wissen wir, sind rein subjektiv. Warum dann dieser Test? Weil wir glauben, dass es eine Diskussionsbasis braucht, um Kirche und Bürger wieder näher zusammenzubringen. Und weil wir denken, dass Kirche und Glaube nicht weiter auseinanderdriften sollten. Wir freuen uns deshalb auf den Dialog mit Kirchenvertretern, Gläubigen und allen Menschen, die uns ihre Meinung zu diesem wichtigen Thema mitteilen wollen. Schreiben Sie uns: redaktion@infranken.de

Zum Abschluss der Testserie werden unsere beiden Experten Martin Stuflesser und Martin Nicol am 1. November Bilanz ziehen.

Alle Berichte unserer Serie finden Sie auf unserer Übersichtsseite zum Gottesdiensttest. Dort finden Sie auch ausführliche Infos.