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Zocken am Schachbrett


Autor: Markus Häggberg

Schney, Dienstag, 20. Mai 2014

Beim Blitzschach hat der Spieler nur sehr wenig Zeit zum Nachdenken - weshalb dem Zufall eine größere Rolle zukommt. Doch auch Schachspieler haben ihre Freude am Zocken.
Zu schnell für die Kamera - die Bewegungen beim Blitzschach werden wegen der knappen Bedenkzeit sehr fix ausgeführt. Hier führt der Michelauer Rolf Burkhardt (l.) seine Figuren zum Sieg.  Foto: Markus Häggberg


Gerade einmal zehn Minuten für eine ganze Schachpartie? So viel Zeit hatten die Teilnehmer bei der oberfränkischen Blitzschach-Meisterschaft auf Schloss Schney. In 22 Runden setzte sich das favorisierte Viererteam des Zweitligisten TSV Bindlach-Aktionär durch und spazierte zum Sieg.

Es geht auch ums Zocken

Die Figuren fliegen, die Hände gehen schnell über den Tisch, selbst der Sportmodus einer modernen Digitalkamera kann das nicht immer einfangen. Die Uhren klicken, sobald ein Zug ausgeführt wurde, in der Luft liegen Ehrgeiz und Spaß. Blitzschach ist ernst und wird doch nicht so ganz ernst genommen. Es ist Zocken, mitunter begleitet von bissigen Kommentaren der Spieler.
48 von ihnen, die meisten Amateure der Bezirksligen, haben sich in zwölf oberfränkischen Mannschaften angemeldet, um dieses Turnier zu bestreiten.

Es liegt im Aufwind, denn noch im Vorjahr gingen nur sieben Teams an den Start. "Ich bin zu alt für Blitzschach - wenn es hart auf hart geht, wird es schwer für mich", sagt Gerald Löw.
Soeben wurde er aufgerufen, weil er es fertig brachte, 22 Punkte aus 22 Spielen zu holen. "Aber ich habe nur an Brett 4 gespielt", sagt der 50-jährige Bindlacher, was seine unschlagbare Leistung aber kaum schmälert. Dennoch glaubt er, dass ihm gleichwertige Jüngere bei Zeitnotschlachten zeigen würden, wo es langgeht.

Fide-Meister am Start

Einer, der das könnte, ist sein Mannschaftskollege Felix Stips. FM Stips, um genau zu sein. Der 22-Jährige, der beim italienischen Verband gemeldet ist, darf sich genau wie Löw "Fidemeister" (FM) nennen. Ab hier wird es hierarchisch, denn die Fide ist der Weltverband und vergibt Meistertitel. Der höchste Titel ist der des Großmeisters (GM). Dem vorgeschaltet ist der IM (Internationaler Meister) und dem wiederum vorgeschaltet ist der FM.
Der Weg zum Großmeister ist beschwerlich, aber Stips möchte zumindest noch IM werden. In der zweiten Liga war er bislang eine Stütze seiner Mannschaft. Unter allen 48 Teilnehmern hat er mit 2311 Punkten die höchste Elo-Zahl, weshalb er an Brett 1 spielt. Elo-Zahl - ein Zauberwort unter Schachspielern, ein Wort mit magischem Glanz. Arpad Elo (1903-1992), amerikanischer Mathematiker und Statistiker ungarischer Herkunft schuf mit ihr 1960 ein objektives Wertungssystem, um die Stärke von Spielern zu vergleichen.

Glück spielt eine größere Rolle

Als Super-Großmeister gilt man ab 2700 Punkten, Weltmeister Magnus Carlsens liegt derzeit bei 2880. Ein durchschnittlich begabter Spieler erreicht eine Zahl zwischen 1700 und 2000 Punkten. Blitzschachpartien haben keine Auswirkungen auf Elo-Zahlen, sie werden nicht gewertet. Niederlagen im Blitzschach schmerzen auch weniger, da dem Glück eine größere Rolle zukommt.
Klaus Steffan aus Auerbach ist wie immer dabei, wenn sich in Schney etwas mit Schach tut. Er ist Turnierleiter, reist ehrenamtlich an und sorgt noch am selben Tag dafür, dass Neuigkeiten des Schachzirkus' im Netz stehen. Seit 15 Jahren betreibt er ein unabhängiges Schachportal. Seine Nähe zum Bundesligisten TSV Bindlach-Aktionär bringt ihm auch die Nähe zu Großmeistern und Hintergrundberichten.

Konzentration lässt nach

22 Partien mit zumeist ungefähr zehn Minuten steckten am Ende des Spektakels in der Franken-Akademie jedem Teilnehmer in den Knochen. Am Ende nahm die Konzentration ab, die Partien wurden häufiger von Fehlern begleitet. Nach vier Stunden Veranstaltungsdauer stand der diesjährige Mannschaftssieger fest: TSL Bindlach-Aktionär mit 21 Siegen, einem Unentschieden und keiner Niederlage. Mit großem Abstand folgten auf dem zweiten Rang der FC Marktleuthen und als Drittplatzierte die SG Sonneberg. Der SC Bamberg 1868 schaffte es auf Rang 5.