Bayreuther Bastian Doreth siegessicher vor Österreich-Spiel
Autor: Udo Schilling
Bamberg, Dienstag, 13. Sept. 2016
Der für Bayreuth spielende Nürnberger will in Bamberg mit der Nationalmannschaft gegen Österreich den ersten von zwei Schritten zur EM-Qualifikation machen.
Die Woche begann für Bastian Doreth ähnlich schlecht, wie die davor zu Ende gegangen war. Am Samstag verlor der Nürnberger mit der deutschen Basketball-Nationalmannschaft gegen Dänemark und am Montagabend musste er sich die Niederlage des 1. FC Nürnberg gegen 1860 München am Fernseher im Teamhotel in Bamberg ansehen.
Die Niederlage des Clubs im Derby der 2. Fußball-Liga wird den für Bayreuth in der Bundesliga spielenden Franken sicher nicht so schmerzen, wie die beiden Pleiten des Nationalteams zuletzt gegen die Niederlande und in Dänemark. "Abhaken, das Vergangene hinter sich lassen", sagt der 27-Jährige vor den beiden entscheidenden EM-Qualifikationsspielen am Mittwochabend (19.30 Uhr) in Bamberg gegen Österreich und am kommenden Samstag in den Niederlanden.
Die Ausgangslage ist klar: Verliert die deutsche Mannschaft gegen Österreich mit mehr als zwei Punkten, bedeutet dies das endgültige Aus für die Europameisterschaft 2017. Mit einem Sieg über Österreich und einem mit mehr als vier Punkten in Holland wäre das Team von Bundestrainer Chris Fleming Gruppensieger. Auch der Zweite hat noch Chancen.
Auf Rechenspiele will sich der in Deutschland schon gut herumgekommene Doreth (Bayern München, Trier, Quakenbrück, Bayreuth) nicht einlassen. Sein Bundesligadebüt gab der Mittelfranke mit 20 Jahren allerdings im Trikot der Brose Baskets in der Saison 2009/10, als der sonst im Nürnberger Kooperationsteam Franken Hexer Auflaufende 19 Sekunden lang aufs Feld durfte. 2012 gab er unter Trainer Svetislav Pesic sein Nationalmannschaftsdebüt, bestritt 2013 die EM in Slowenien, wurde allerdings 2015 vor der Kontinental-Meisterschaft aus dem Kader gestrichen. Bis dato kommt Doreth auf 66 Länderspiele. Vor dem heutigen Match in der Bamberger Arena unterhielten wir uns mit dem Aufbauspieler.
Bart ist in. Sie tragen Ihren seit einiger Zeit sehr lang. Gab's einen Anlass oder ein Vorbild etwa NBA-Star James Harden oder den Spanier Sergio Rodriguez?
Den Bart trage ich, seit ich in Quakenbrück gespielt habe. Davor hatte ich ihn bei Play-offs in München oder Quakenbrück schon mal wachsen lassen. Irgendwann war ich einfach zu faul zum rasieren, da hab' ich ihn dran gelassen. Anlass gab's dafür keinen.
Fear the beard - heißt das Motto bei Harden. Vor was muss sich ein Gegenspieler bei Ihnen fürchten?
Ich glaube, ich bin offensiv nicht so gefährlich wie James Harden, ich habe meine Stärken in der Verteidigung und kann meine Mannschaft ganz gut organisieren. Das zeichnet mich aus und deshalb bin ich auch hier dabei. Und so mache ich das auch in Bayreuth.
Ein TV-Moderator hat Sie als den engagiertesten Handtuchwedler der Nationalmannschaft bezeichnet. Fühlen Sie sich dadurch beleidigt?
Nicht wirklich. Das Anfeuern von der Bank gehört auch dazu, wenn man nicht auf dem Feld steht. Dann gebe ich den größtmöglichen Support an meine Mitspieler, um die zu motivieren und ihnen einen Rückhalt auch in schlechten Phasen zu geben.
Warum reißen Sie sich im Sommer den Allerwertesten auf, um für Deutschland die EM-Qualifikation zu schaffen, um dann 2017, wenn die anderen Spieler, die heuer abgesagt haben, wieder kommen, wie 2015 erneut aus dem EM-Kader gestrichen zu werden?
Zum einen hatte ich in diesem Jahr gar nicht damit gerechnet, dass ich dabei bin. Als dann die ersten Absagen eingetrudelt sind, habe ich mich schon mal darauf eingestellt, dass ein Anruf kommen könnte. Für mich stand es nie zur Debatte, abzusagen, außer man ist verletzt. Dafür finde ich die Nationalmannschaft viel zu wertvoll. Ich habe das noch nie verstanden, wie man solch eine Gelegenheit ablehnen kann. Mich macht das persönlich stolz, mein Land zu vertreten. Das ist für mich der einzige Grund, dabei zu sein. Natürlich könnte man den Sommer anders verbringen. Mir macht es Spaß mit den Jungs, die kenne ich alle schon ewig. Für mich ist es eine Ehre.
Sie reden von Stolz, das Trikot zu tragen - ist der bei einigen Spielern nicht so ausgeprägt wie bei Ihnen?
Das möchte ich nicht bewerten. Ich kenne die einzelnen Situationen nicht, warum abgesagt wurde. Es waren viele persönliche Gründe dabei, viele verletzungstechnische. Damit muss jeder selbst für sich klarkommen, was für ihn wichtiger ist. Man kann keinen zwingen, hierher zu kommen. Ich hoffe nur, dass man in Zukunft erkennt, dass eine gewisse Kontinuität in der Nationalmannschaft ganz gut wäre. Die ständigen Wechsel verhindern, dass eine Konstanz ins Team kommt.
Die Verunsicherung der Mannschaft gegen Dänemark war sichtbar. Was macht man dagegen als Spieler?
Wir sind eine Mannschaft, die das Potenzial hat, die nächsten beiden Spiele deutlich für uns zu entscheiden. Viele Spieler waren schon in solchen Drucksituationen, sind Meister geworden. Robin Benzing und ich sind schon lange dabei und wissen, wie wir uns wieder auf unserer Stärken konzentrieren können. Wir haben eine Woche schlechten Basketball gespielt. Es beginnt eine neue Woche, wir werden nicht zurückschauen, sondern auf das, was wir können. Bis zum ersten Dänemark-Spiel haben wir gute Partien abgeliefert, ob das gegen Portugal oder beim Supercup in Ulm war. Auf das, was wir da gemacht haben, sollten wir uns konzentrieren. Ich habe überhaupt keine Zweifel, dass wir die nächsten beiden Spiele gewinnen und uns für die EM qualifizieren werden.
Was tut der Trainerstab gegen die Verunsicherung?
Wir haben am Sonntag noch einmal das Video vom Dänemark-Spiel angeschaut und damit die Sache in Dänemark gelassen. Jetzt gilt die volle Konzentration auf diese beiden Spiele. Wir beschäftigen uns überhaupt nicht mehr mit dem, was von außerhalb zu den letzten Begegnungen gesagt wird.
Arbeiten Sie mit einem Teampsychologen?
Es gibt einen Teampsychologen, der ist nicht immer mit an Bord, aber immer für uns erreichbar. Es gibt aber keine erzwungenen Sitzungen. Wenn jemand das Bedürfnis hat, über etwas zu reden, kann er ihn kontaktieren. Man muss sich auch überlegen, dass wir seit dem 21. Juli zusammen sind, das ist eine lange Zeit, in der man aufeinander sitzt. Da gibt es schon mal persönliche Dinge außerhalb des Basketballs, über die man reden möchte. Das wird auch teilweise angenommen. Manche unterhalten sich auch untereinander über irgendwelche Probleme. Von daher sind wir ganz gut aufgestellt.
Was können Sie als ein älterer und erfahrener Spieler tun?
Robin Benzing und ich sind von der Anzahl der Länderspiele her die erfahrensten. Robin ist Kapitän, ich bin sein Co-Kapitän. Wir haben schon eine Verantwortung gegenüber den Spielern, die eine andere Rolle als im letzten Jahr spielen. Etwa Maodo Lo, der eine Monsteraufgabe als sehr junger und unerfahrener Spieler als Starting-Point-Guard hat und die Mannschaft führen soll. So nehmen wir die Jungs dann zur Seite, motivieren, geben Tipps. Das funktioniert ganz gut. Der Respekt von den jungen Spielern ist da, aber genauso wissen wir, was wir an den jungen Spielern haben. Die Kommunikation und das Teamgefüge sind sehr, sehr gut. Da gibt's kaum Aussetzer. Auch wenn es im Spiel nicht so deutlich geworden ist, aber der Abgang von Tibor Pleiß war auch ein Schritt, den die Mannschaft relativ schnell verkraftet hat. Wir können das auch nicht ändern, reden darüber auch nicht viel. Er ist nicht mehr dabei, Johannes Thiemann ist wieder dabei. Es beginnt ein neues Kapitel ohne Tibor, und wir müssen weitermachen.
Phasenweise agierte die Mannschaft gegen Dänemark richtig unclever, warf fast so viele Dreierversuche wie Zweier, obwohl die Dreierquote schwach war. War das gewollt oder war die Verunsicherung schon so groß?
Erstmal ist der Drei-Punkte-Wurf die Stärke von vielen Spielern. Teilweise sind freie Würfe nicht gefallen und freie Würfe weiterhin genommen wurden. Da kann man keinem einen Vorwurf machen. Die Dänen haben viel Zone gespielt, da haben wir es verpasst, den Ball nach innen zu passen, sondern die Lücken an der Dreier-Linie genutzt, aber die Würfe sind nicht reingefallen. Aber die Dreier waren, denke ich, nicht der entscheidende Punkt, dass wir nicht gewonnen haben, sondern, weil wir nicht gut genug gereboundet haben. Daran haben wir gearbeitet und auch daran, dass der Ball öfter unter den Korb muss und unsere großen Spieler mehr in die Verantwortung genommen werden. Dann wird es für die Schützen auch einfacher, wenn der Ball erst einmal reingeht.
Der Druck vor dem Österreich-Spiel heute Abend ist immens. Verliert die deutsche Mannschaft mit mehr als zwei Punkten, bedeutet das das endgültige Aus für die EuroBasket 2017. Die Medien schreiben von Tiefpunkt und Blamage. Lesen Sie das?
Man bekommt das natürlich mit. Es wird zum Teil auch richtig dargestellt. Man hat schon das Gefühl, dass die Medien nur darauf aus sind, dass eine Blamage passiert. Es wird immer nur das Negative gesehen und über die Spieler geredet, die nicht da sind. Das interessiert uns eigentlich nicht. Wir haben die Aufgabe, uns zu qualifizieren. Und wenn wir uns qualifiziert haben, und davon gehe ich huntertprozentig aus, redet am Samstagabend keiner mehr über Blamage und so weiter. Dann ist auch alles wieder in Ordnung.
Das Hinspiel in Österreich haben Sie knapp gewonnen. Warum gewinnt das Team in Bamberg?
Weil wir aus den Fehlern der letzten drei Spiele gelernt haben. Wir werden hochintensiv ins Spiel gehen, engagierter, als das teilweise vorher war. Rebounds und freie Bälle werden alles unsere Bälle sein. Vor heimischen Fans, die Stimmung in Bamberg ist ja immer gut, mache ich mir überhaupt keine Sorgen, dass wir ein gutes Spiel machen werden und jeder seinen Teil dazu beitragen wird.
Warum sollen die Fans aus Bayreuth, Nürnberg oder Würzburg nach Bamberg in die Halle kommen?
Weil es immer noch die Nationalmannschaft ist. Wir haben eine gute Truppe, in der es, wenn's läuft, richtig Spaß macht, zuzuschauen. Es ist das höchste Level, was wir in Deutschland haben, haben mit Paul Zipser einen künftigen NBA-Spieler. Wenn einer basketball-affin ist und im Umkreis von 100 km wohnt, sehe ich keinen Grund, warum er zu Hause bleiben sollte.
Kommt Ihre Verwandtschaft auch in die Halle?
Ja sicher. Meine Verlobte, Eltern und so weiter. kommen. Von daher wird die Unterstützung auf jeden Fall da sein.
Mittelfränkeln Sie eigentlich?
Ich bin echter Nürnberger. Dialekt rede ich mit Freunden und Familie noch.
Das Gespräch führte unser
Redaktionsmitglied Udo Schilling