Druckartikel: Sonores Brummen ist Musik in seinen Ohren

Sonores Brummen ist Musik in seinen Ohren


Autor: Matthias Einwag

Eggenbach, Montag, 23. Juni 2014

Heinz Quinger aus Eggenbach hat einen ganz besonderen Boliden in der Garage stehen: Den BMW 2002, Baujahr 1971, hat der Kfz-Mechaniker selbst umgebaut, um damit Rennen zu fahren. An dem Auto haben er und seine Frau Anita ihre Freude - nur Enkelin Milena bleibt skeptisch.
Auf den originalgetreuen Umbau seines BMW 2002 legte Heinz Quinger großen Wert. Kotflügel und Motorhaube sind aus Kunststoff nachgefertigt - aus Gründen der Gewichtsersparnis. Fotos: Matthias Einwag


Heinz Quinger drückt den Starterknopf. Der Motor reagiert sofort und lässt einen kernigen Sound vernehmen. Heinz Quinger legt die Hosenträgergurte an. Sein leises Lächeln deutet Vorfreude an. Er legt einen Gang ein und gibt Gas. Das sonore Brummen schwillt an, der BMW 2002 drängt ungestüm vorwärts. Aber noch muss Heinz Quinger die 220 Pferdestärken zügeln, noch befindet sich der weiße Bolide mit den BMW Rennstreifen auf einer Eggenbacher Dorfstraße. Doch kaum ist das Ortsschild erreicht, gibt es kein Halten mehr. Heinz Quinger tritt das Gaspedal durch - und der BMW schießt mit lautem Dröhnen davon.

Nun ist Heinz Quinger in seinem Element. Das kurvige, übersichtliche Sträßlein nach Draisdorf ist ideal für eine kleine Demonstration dessen, was sein weißes Kraftpaket kann.

"Man lenkt so ein Auto auch mit der Hinterachse, mit dem Gasfuß - also mit dem Popometer, wie Schumi mal sagte", kommentiert er das Dahinschießen des Wagens. Wie ein Brett liegt der BMW auf der Straße, die minimalen Federwege lassen tatsächlich jede Unebenheit des Asphalts aufs Popometer einwirken. Heinz Quinger fixiert konzentriert die Piste. Er lächelt in sich hinein. Mit kaum verminderter Geschwindigkeit nimmt er eine scharfe Kurve. Er kennt sein Fahrzeug und weiß, wie es reagiert. Die Veränderung der Gesichtsfarbe seines Copiloten kann ihm nicht entgangen sein.

Heinz Quinger nimmt das Gas weg. Der Motor brüllt nun nicht mehr so. Normalerweise wäre der BMW viel lauter, erklärt der Pilot, aber für den Betrieb auf der Straße müsse er die Auspuffanlage wechseln. Die "Sidepipe" ohne Schalldämpfung sei leider nur für die Rennpiste zulässig.

1976 begann die Leidenschaft

Der gelernte Kfz-Mechaniker ist mit seinem BMW am liebsten auf Rennstrecken unterwegs. Den Einstieg in den Rennsport fand er 1976. Damals fuhr er in einem Formel V erstmals die Deutsche Bergmeisterschaft in Stadtsteinach mit. Seitdem hat ihn die Begeisterung für schnelle Autos nicht mehr losgelassen.

Unzählige Stunden steckte er ins Renovieren und Umbauen des BMW 2002. Der Wagen aus dem Jahr 1971 war schon immer ein Rallye-Fahrzeug - aber der Vorbesitzer hatte dem Wagen 20 Jahre Stehzeit verordnet. Als Heinz Quinger sein Werk begann, musste er ganz von vorne anfangen: "An der Karosserie war keine Schraube mehr dran."

Nach und nach baute er das Auto neu auf. Fertig werde er nie, merkt er an, immer gebe es etwas zu feilen, zu verbessern. Fast alle Karosserieteile sind Nachfertigungen aus Kunststoff. Die Heckscheibe aus Plastik in den Rahmen hineinzubiegen, war allein schon ein Kunststück. "Ziel ist es, das Auto so leicht wie möglich zu machen", sagt Heinz Quinger. Deshalb kauert im Kofferraum auch nur ein winziger 20-Liter-Tank. Das reicht für ein Bergrennen aus. 800 bis 850 Kilogramm wiegt der Wagen: "Die Gewichtsersparnis bringt die Wendigkeit, das Agile." Kein Wunder, dass der Wagen mit seinem auf 220 PS aufgemotzten Motor derart beschleunigt.

Heinz Quingers Frau Anita scherzt übers Hobby ihres Mannes. In den BMW würde sie sich nicht hineinsetzen - geht auch schlecht, denn normalerweise hat der Wagen nur einen einzigen Sitz. Allein für Überführungsfahrten baut Heinz Quinger einen zweiten Notsitz ein.

Anita Quinger begleitet ihren Mann aber gern zu Rennsportveranstaltungen und Meisterschaften. Ganz gemütlich reisen die Quingers an - im Wohnmobil. Den BMW haben sie auf einem Anhänger dabei. So wird aus dem Hobby des Mannes eine Freizeitbeschäftigung für beide. Anita Quinger beobachtet dann stets erheitert, dass die Männer stundenlang vor einer geöffneten Motorhaube stehen und fachsimpeln.

Frauen beurteilen Autos eben anders. Dass ihr Opa nicht wie andere Großväter über die Landstraße zockelt, fand Milena im Alter von sieben Jahren heraus. Als Heinz Quinger seine Enkelin auf einer Überführungsfahrt im BMW mitnahm, fiel deren Urteil über seinen Fahrstil vernichtend aus: "Mit dem Opa fahr' ich nimmer!"