Druckartikel: Sonneberger löst beim Stärkeantrinken Tumulte aus

Sonneberger löst beim Stärkeantrinken Tumulte aus


Autor: Markus Häggberg

Lichtenfels, Donnerstag, 15. März 2018

Für einen 35-jähriger Selbstständiger kommt u. a. ein Nazi-Bart-Vergleich mit einem Polizisten teuer zu stehen.
Ein aus dem Ruder gelaufenes Stärkeantrinken wurde vor dem Lichtenfelser Amtsrichter verhandelt. Foto: Ferdinand Merzbach


An einem 6. Januar trinkt man sich traditionell Stärke an. Doch sollte das 2017 bei einem Sonneberger dazu geführt haben, dass er sich erst mit einem Lokalbesucher und hinterher mit Security und Polizei anlegte? Die Hintergründe des Strafbefehls, der aus dem Raum Altenkunstadt rührt, suchte man am Dienstag im Amtsgericht zu ergründen.
Es lag Zorn und jede Menge Unverständnis auf der Seite des Angeklagten. Der 35-jährige Selbstständige aus Sonneberg war zeitweilig aufgebracht über die Anklage, jedoch war er es in ruhigem Ton. Am 6. Januar 2017 soll er gegen 18.15 Uhr einem Mann in einem Lokal mit der flachen Hand ins Gesicht geschlagen haben, so der von Staatsanwalt Michael Koch verlesene Anklagepunkt.
Doch ein zweiter Anklagepunkt sprach zudem davon, dass der Beschuldigte sich gegen einen Security-Mitarbeiter wehrte, als dieser ihn aus dem Gebäude hinausbringen wollte. Zudem habe er sich auch loszureißen versucht, als Polizisten ihm Handschellen anlegten. Mehr noch: Einem Polizisten habe er gesagt, dass dieser ihn mit seinem rötlichen Bart an einen Nazi erinnere.
Was den Mittdreißiger vor Gericht kontrolliert aufbrachte, lag in einer Geschichte begründet, die der Mann als Vorgeschichte seiner Handlung schilderte. Er selbst und seine Mutter seien in dem Lokal von einem Mann mit den Worten "Ich bring dich um, Du Hurensohn, und dei Mutter a" beleidigt worden. Darauf habe er ihm eine Ohrfeige gegeben. "Früher hat's vom Lehrer Ohrfeigen für weniger gegeben ", so der Angeschuldigte. "Was erwartet so ein Mensch, der so was sagt, was dann passiert?", so der Sonneberger an Richter Stefan Jäger und Staatsanwalt Koch gewandt. Zudem lieferte der Mann ein ausführlicheres Bild der Vorgänge an diesem Tag.


Tumulte im Lokal

Zunächst einmal seien mehrere Polizisten vor Ort gewesen, weil es in dem Lokal Tumulte gegeben habe, an denen er nicht beteiligt war. Und dann sei er von einem Security-Mann "rausgebracht und in einen Schneehaufen gedrückt" worden. So habe er bei fünf Grad minus in einem Schneehaufen gelegen. Was den Vorwurf der Beleidigung anbelangte, so "hab' ich zu dem Herren gesagt, dass ich jemanden mit fuchsigem Bart kenne, der aber ein Nazi ist", erklärte der Angeklagte.
Manche Äußerungen wertete Staatsanwalt Koch als "schlaumeierisches Auftreten". Gerade dass der über den Bart gezogene Vergleich mit einem Nazi nicht in verletzender Absicht geschehen sein soll, hielt Koch für abwegig. Wie sich an dem 6. Januar erwies, lag die angetrunkene Stärke bei dem Angeschuldigten in einem Bereich von annähernd zwei Promille. Erklärt wurde dieser Umstand von dem Sonneberger damit, dass er ab 11 Uhr ausschließlich Biere und Weißwürste zu sich genommen habe, zudem noch einen Cocktail.
Sowohl der Security-Mitarbeiter wie auch der Mann, dem ins Gesicht geschlagen worden war, wurden als Zeugen vernommen. Doch während der 27-jährige Geschlagene festhielt, dass er nie beleidigt habe, selbst blau gewesen zu sein, den Angeklagten nur vom Vorfall her kenne, ihn aber nicht wiedererkannt hätte und zudem für ihn der Vorfall "nicht die dramatische Situation" bedeutet habe, sah der Security-Mitarbeiter sehr wohl eine Dramatik. Die Hand, die zur Ohrfeige ausfuhr, habe er wohl als Faustschlag gewertet und darum eingegriffen.
Bald signalisierte Staatsanwalt Koch Bereitschaft, den Vorfall des Schlagens aus der Anklage fallen lassen zu wollen, eben auch aufgrund mangelnder Erinnerung des Belastungszeugen. Doch bei der Frage der Strafzumessung sollte es zu einem Streit zwischen dessen Rechtsanwalt Robert Sesselmann und Koch selbst kommen. Kochs Vorstellungen von Buße lag in der Zahlung eines Geldbetrags im niedrigen vierstelligen Bereich. Eben auch darum, weil Polizisten nicht angegangen werden dürften, wenn ein Angeschuldigter Selbstjustiz übe.
"Ich bin hier, um ein ordentliches Ergebnis zu haben - was Sie anbieten, ist Murks", so Sesselmann zu Kochs Vorschlag. Dabei hielt Sesselmann fest, dass sein Mandant nicht vorbestraft und nicht viel verdienend selbstständig tätig sei, der zu zahlende Betrag darum überdies zu hoch. Doch auch Sesselmann durfte sich rügende Worte anhören. "Lassen Sie Ihren Unterton weg", riet ihm Richter Stefan Jäger.
Letztlich sollte es zu einer Einigung kommen. Das Strafmaß wurde auf 800 Euro festgelegt. Einen Eintrag in ein Führungszeugnis soll es aus Rücksicht auf eine dann nicht mehr mögliche Vereinstätigkeit des Sonnebergers nicht geben.