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So wird es ein gutes Vorstellungsgespräch


Autor: Ramona Popp

Lichtenfels, Montag, 06. Juli 2015

Wie wird es ein gutes Vorstellungsgespräch? Welche Bewerbungsmappen werden gleich aussortiert? Personalchefs aus der Region betonen, dass Noten ihnen nicht das Wichtigste sind.
Vertrauen in das Urteil des anderen: Baur-Personalchefin Sabine Kratochwil überlässt das Sichten von Bewerbungsunterlagen für Ausbildungsplätze in der Regel dem für diesen Bereich Verantwortlichen Max-Josef Weismeier (links). Beiden ist die Authentizität der Bewerber wichtig. Foto: R. Popp


Um die 1000 Azubi-Bewerbungen für mehr als ein Dutzend verschiedener Berufe plus duale Studiengänge erreichen jedes Jahr die Baur-Personalabteilung. Bereichsleiterin Sabine Kratochwil sieht davon kaum eine. Die Chefin entscheidet zumeist nur über Einstellungen für besondere Positionen. Doch sie vertraut ihrem Team, allen voran Ausbildungsleiter Max-Josef Weismeier: "Er liegt mit seinem Urteil nicht daneben." So unterschiedlich die Anforderungen an die Bewerber in den verschiedensten Berufsfeldern beim größten Arbeitgeber im Landkreis auch sein mögen - das Wichtigste, was die beiden Personalverantwortlichen erwarten, gilt für alle. "Sie sollten offen und ehrlich sein, so authentisch wie möglich", betont Sabine Kratochwil. Weismeier bekräftigt, dass er es am wenigsten leiden könne, wenn jemand versuche, ihm die Antworten zu geben, die er vermutlich erwarte.

Mustergültige Zeugnisse oder Lebensläufe sind für beide nicht entscheidend, wie sie herausstellen. "Das Menschliche, ob die Persönlichkeit zu uns passt, ist für mich extrem wichtig", sagt die Personalchefin. Alles an Fachwissen könne man irgendwie lernen.

Inakzeptabel sind für sie allerdings Anzeichen dafür, dass jemand sich nicht mit dem Unternehmen auseinandergesetzt hat und die Situation nicht ernst nimmt. Das fängt bei Flecken oder einem falschen Namen auf dem Anschreiben an und reicht bis zu einem ungepflegten Erscheinungsbild beim Vorstellungsgespräch. Wer Baur mit einem "e" schreibt, für den wird es eher nicht so weit kommen...

Gute Erfahrungen hat das Unternehmen mit dem Kennenlernen von Bewerbern bei einer Art "Speed-Dating" gemacht. "Wir versuchen, so viele wie möglich dazu einzuladen", sagt Weismeier. Er ist überzeugt, dass beide Seiten davon profitieren. "Eintrittskarte" ist eine ansprechende Bewerbungsmappe. Wie die beschaffen sein sollte, vermittelt Berufspädagogin Ines Schwarz Schülern und Erwachsenen. Die Mitarbeiterin des Bildungsträgers P & S (Praxis und Seminare GmbH) in Lichtenfels bereitet sowohl junge Teilnehmer von Bildungsmaßnahmen als auch Ältere, die ihre Stelle verloren haben, in Gruppen und im Einzelcoaching auf Bewerbung und Vorstellungsgespräch vor. Wichtig sei es, eine individuelle Mappe anzufertigen, die neugierig macht. "Jung darf mehr", findet Ines Schwarz, "auch pfiffig daherkommen, wenn es zum Typ passt." Keine Standard-Formulierungen! Jeder sollte sich persönlich mit seiner Bewerbung identifizieren. Sich mit dem Hündchen auf dem Arm ablichten zu lassen, ist nur eine gute Idee für jemanden, der etwa in einer Tierarztpraxis arbeiten möchte. Der Zimmermann kann sich mit einem Foto in Zunftkleidung abheben. Schwarz empfiehlt, den ersten Kontakt telefonisch herzustellen und eine Bewerbung sogar persönlich abzugeben, wenn die Firma in der Nähe ist. Generell sollten sich Bewerber mit ihren Stärken und Schwächen auseinandersetzen. Eine Schwäche muss kein Nachteil sein. Wer sich um eine Stelle im Büro bewirbt, brauche beispielsweise nicht handwerklich begabt sein.

Wenn man nicht genommen wurde, darf die Motivation nicht auf der Strecke bleiben. Daran arbeitet die Pädagogin mit den Teilnehmern weiter und sagt ihnen: "Wenn Du 100 Prozent gegeben hast, ist es keine Niederlage!"


Tipps für Bewerber

1. Pünktlich zum Vorstellungsgespräch kommen (im Zeitfenster von 20 bis 10 Minuten vor dem vereinbarten Termin).

2. Auch Jugendliche sollten das Vorstellungsgespräch alleine bestreiten und nicht ein Elternteil für sich sprechen lassen.

3. Gepflegte Erscheinung: Man braucht sich weder neu einzukleiden noch zum Stylisten. Man sollte sauber und ordentlich erscheinen - und wie es zum Typ und zum Beruf passt.

4. Ehrlich und authentisch sein: Wenn dem Personalchef etwas vorgespielt werden muss, um den Job zu kriegen, werden beide Seiten nicht lange glücklich miteinander sein.

5. Nervosität nimmt einem keiner übel. Nicht über die Firma und den gewünschten Beruf informiert zu sein, aber schon.

6. Handy ausschalten, keinen Kaugummi kauen!


Handwerk hat goldenen Boden - und viele Chancen

Im September ist längst nicht Schluss für den Berufseinstieg. Bäcker- und Kreishandwerksmeister Mathias Söllner betont, dass er auch im Dezember jemanden einstellen würde. Im Bäckerberuf ist die Arbeitszeit eine besondere Hürde, die junge Leute oft abschreckt. Darüber müsse offen gesprochen werden, betont Söllner. Der Arbeitsbeginn sei in den vergangenen Jahren nach vorne gerückt, liege heute oftmals schon bei 23 Uhr oder spätestens 1 Uhr. Natürlich sei es machbar, es so einzurichten, dass einer pro Schicht etwas später kommt oder auch unter der Woche mal einen freien Tag hat, um auch mit diesem Beruf am Sozialleben teilnehmen zu können. Etwas genervt ist Söllner, wenn Elternteile - meistens die Mütter - das Vorstellungsgespräch führen. Er wolle schließlich nicht die Erziehungsberechtigten einstellen. Sehr gute Erfahrungen hat er mit Förderschülern gemacht. "Das werden keine Betriebsleiter, aber zuverlässige, fleißige Mitarbeiter, die dankbar und treu sind." Gute Betriebe bekämen auch Auszubildende, müssten heutzutage wohl aber Abstriche machen, meint der Bäckermeister, der sich in der Innung engagiert.

Auch in anderen Handwerksberufen tut es Not, das Bild in der Öffentlichkeit auf den aktuellen Stand zu bringen. Da rum ist Michael Limmer bemüht. Er ist Handwerkspate für Schulen im Landkreis und einer der Geschäftsführer der Haustechnik-Firma Limmer & Söllner in Altenkunstadt. Limmer sieht die Unternehmen gefordert, Nachwuchskräfte für sich zu gewinnen. "Diejenigen, die sich engagieren, haben da weniger Probleme."
Die Masse aber beschäftige sich zu wenig mit dem Thema und klage nur darüber, keine Bewerber zu haben. Für manche Firmen kann dies, wie er aufzeigt, in den kommenden Jahren zu einer existenziellen Frage werden. Man müsse etwas tun, investieren, im Internet präsent sein, sich im Betrieb entsprechend aufstellen, zum Beispiel durch einen Ausbildungsleiter, der sich explizit um die Auszubildenden kümmert, Weiterbildung anbieten.
"Wir sind auf Fachkräfte angewiesen und unser höchstes Gut ist das Wissen unserer Mitarbeiter." Auch bei der Entlohnung sieht Limmer Handwerksunternehmen gefordert. In seiner Branche werde längst nicht von allen nach Tarif bezahlt, wie es bei ihm der Fall sei. Zusätzlich werde ein betriebsinternes Gesundheitsmanagement angeboten, damit Mitarbeiter länger fit bleiben.

Duales Studium möglich

Besonders interessant findet Michael Limmer die Möglichkeiten, die ein Duales Studium in Verbindung mit einem Handwerksberuf bietet - "weil junge Menschen nach viereinhalb Jahren einen Ausbildungsabschluss, einen Meisterbrief und einen Bachelor haben können". Es gebe kaum einen schnelleren Weg, gutes Geld zu verdienen. Handwerk habe definitiv goldenen Boden. "Es gibt so viele Möglichkeiten, von denen viele nichts wissen", sagt der Handwerksmeister. Sein jüngstes Referat vor oberfränkischen Gymnasiallehrern zielt genau darauf ab, diese Möglichkeiten bekannter zu machen.