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So viel Feuerwehr brauchen wir im Landkreis Lichtenfels


Autor: Ramona Popp

LKR Lichtenfels, Dienstag, 03. Mai 2016

Bald ist ein wichtiges Etappenziel im Landkreis erreicht. Die Feuerwehrbedarfsplanung ist nötig, um auch in Zukunft schnelle Hilfe gewährleisten zu können.
Kommandant Daniel Domes am 46 Jahre alten Tragkraftspritzenanhänger der Strössendorfer Feuerwehr. In der Bedarfsplanung in seiner Gemeinde wurde unter anderem festgelegt, dass Anhänger wie dieser durch ein Fahrzeug ersetzt werden.  Foto: Popp


Bis Jahresmitte wird ein erster Haken unter die Feuerwehrbedarfsplanung gesetzt. Die letzten Städte und Gemeinden werden in den Mai- und Juni-Sitzungen jeweils den sie betreffenden Part verabschieden - ein entscheidender Schritt für die künftige Material- und Einsatzplanung im ganzen Landkreis. "Es war wichtig, neue Wege zu gehen", sagt Daniel Domes. Der 37-Jährige ist Kommandant der Strössendorfer Feuerwehr. Diese ist mit 23 Aktiven inklusive der Jugend eine der kleineren und damit auch eine derjenigen, die von der Bildung sogenannter Alarmierungseinheiten betroffen ist.
Der Manpower galt ein besonderes Augenmerk in der Bedarfsplanung. Ein Manko tut sich vor allem tagsüber auf, weil die meisten Aktiven ihren Arbeitsplatz außerhalb des Wohnortes haben. So kommt es, dass beispielsweise von 19 Feuerwehrleuten im 156-Einwohner-Dorf Prügel tagsüber nur zwei da sind. Und insgesamt in der Gemeinde Altenkunstadt von 250 nur 41. Keine ihrer Ortsfeuerwehren kann dauerhaft sichere Einsatzbereitschaft gewährleisten.


Gemeinsam ausrücken

Die Lösung wird vorerst in der Bildung von Alarmierungseinheiten gesehen. Das bedeutet, künftig werden die Wehren Theisau, Mainklein und Maineck tagsüber immer zusammen alarmiert, oder Strössendorf mit Zeublitz und Weidnitz (Stadt Burgkunstadt), also sogar eine gemeindeübergreifende Lösung. Die Feuerwehren bleiben eigenständig. "Die Frage, was das soll, hat sich bei uns nicht gestellt", betont der Strössendorfer Kommandant, Leistungsprüfungen und Übungen zusammen mit der Weidnitzer Wehr habe es schon vorher gegeben. Er selbst wirkte in einer Kommission an der Bedarfsplanung für seine Gemeinde mit.
Landkreisweit ist alles untersucht worden: Wie schnell ist man von welchem Feuerwehrstandort im Gemeindegebiet wo? Welche Fahrzeuge stehen zur Verfügung? Wie sind die Anfahrtswege beschaffen - gibt es Höhenlagen, vermehrte Glatteisgefahr im Winter, überschwemmungsgefährdete Bereiche?. Wie ist es um die Löschwasserversorgung bestellt? Wie ist die Bebauung beschaffen, wo halten sich viele Menschen auf? Gibt es Betreuungsstätten für Pflegebedürftige, Senioren, Kinder oder Menschen mit Behinderungen, die sich nicht selbst in Sicherheit bringen können oder eventuell Gefahren falsch einschätzen? Wo befinden sich Gewerbebetriebe, was wird dort hergestellt oder verarbeitet und birgt möglicherweise ein Gefahrenpotenzial? Ist eine Eisenbahnverbindung vor Ort, ein Autobahnanschluss oder eine Bundesstraße? Auch besondere Objekte wie Kirchen, Kapellen, Gemeinde- und Kulturzentren werden aufgelistet.
Ein wichtiger Aspekt, der in allen Gemeinden angesprochen wurde, sind regelmäßige Feuerbeschauen. Darunter versteht man Überprüfungen von Gebäuden und Anlagen, um Gefahren , die dort durch Brände entstehen können, zu beseitigen oder zu begrenzen. Bei Industriebetrieben aber auch Altenheimen und anderen Einrichtungen, wo ein Brand erhebliche Gefahren für Menschen oder außergewöhnliche Sach- und Umweltschäden zur Folge haben könnte, sind solche Kontrollen keine freiwillige vorbeugende Maßnahme mehr, sondern Pflicht nach dem Feuerwehrgesetz.
Zentraler Punkt der Betrachtungen war die Einhaltung der Hilfsfristen. Die häufigste Todesursache bei Bränden ist die Rauchgasvergiftung. Je länger ein Mensch in einem Gebäude dem Kohlenmonoxid ausgesetzt ist, desto geringer ist die Chance, ihn lebend bergen zu können. Die Reanimationsgrenze liegt bei nur 17 Minuten. Das heißt: Die Feuerwehr muss schnell vor Ort sein.


In zehn Minuten vor Ort

In Bayern gilt die Vorgabe, dass in höchstens zehn Minuten nach Alarmierung jede an einer Straße gelegene Einsatzstelle erreicht sein muss. Bedenkt man die notwendigen Abfragen in der Notrufzentrale, die Anfahrt der Feuerwehrleute zum Gerätehaus, das Anlegen der Schutzausrüstung und die Weiterfahrt zum Einsatzort wird klar, wie knapp hier gerechnet wurde. Gerade bei entlegenen Orten kann die Vorgabe nicht immer eingehalten werden. Für den Landkreis Lichtenfels haben sich die Verantwortlichen darauf geeinigt, dass bei mindestens 85 Prozent der kritischen Wohnungsbrände die Zehn-Minuten-Frist eingehalten werden muss, wie Kreisbrandrat Timm Vogler wissen lässt.
Genau beleuchtet wurde natürlich auch die Ausrüstung der Feuerwehren in den jeweiligen Gemeindegebieten. Welches Fahrzeug steht wo? Wie ist es ausgestattet? Wie alt ist es? Die Antwort auf diese Frage brachte in manchen Orten einen wunden Punkt in Erinnerung. Bei den Altenkunstadter Ortsteilfeuerwehren etwa müssen sämtliche Tragkraftspritzenanhänger ersetzt werden. Der "jüngste" in Strössendorf ist 46 Jahre alt, der älteste in Spiesberg 55 Jahre. Solche Anhänger werden von Traktoren gezogen. Weil es - auch vor allem tagsüber - weniger (Hobby-)Landwirte gibt, die für so einen Einsatz zur Verfügung stehen, sollen die Anhänger durch Fahrzeuge in der Größe eines Kleintransporters ersetzt werden. Nicht jedes Dorf wird eines bekommen, sondern jede Alarmierungseinheit.
Eine Konsequenz aus der personellen Situation: Kommunen sind angehalten, bei künftigen Einstellungen für Rathaus und Bauhof solche Bewerber zu bevorzugen, die bereit sind, Dienst bei der Feuerwehr zu tun. Empfohlen wird auch, in den Verwaltungen (Teilzeit-)Stellen zu schaffen, von denen die Aufgabe eines Gerätewartes übernommen wird, um die Aktiven zu entlasten. Es wird in Zukunft größerer Anstrengungen bedürfen, genügend Männer und Frauen für den freiwilligen Dienst bei der Feuerwehr zu gewinnen.


"Einzigartig in Bayern"

Um den Ist-Zustand zu dokumentieren, wurde viel Zeit investiert. "Wir haben aufgedeckt, wo Hilfsfristen nicht eingehalten werden können und für Abhilfe gesorgt", fasst Kreisbrandrat Vogler zusammen, der den Prozess initiiert und intensiv begleitet hat. Nun bestehe für die beteiligten Kommunen Planungssicherheit für nächsten Jahre. Vom Mitarbeitereinsatz abgesehen sind dafür keine Kosten angefallen. Darauf ist der Kreisbrandrat stolz. Diese Vorgehensweise sei bislang einzigartig in Bayern.