Schwürbitz gegen "Berliner Mauer"
Autor: Gerda Völk
Schwürbitz, Freitag, 19. Sept. 2014
Unerwartet großes Interesse gab es an dem Ortstermin in Schwürbitz zum Hochwasserschutz am Festplatz. Die Anwohner befürchten von einer meterhohen Spundwand "eingeschlossen" zu werden.
Damit hatten die Verantwortlichen beim Wasserwirtschaftsamt in Kronach nicht gerechnet. Rund 40 zum Teil verärgerte und aufgebrachte Anwohner hatten sich am Donnerstagnachmittag zum Ortstermin am sogenannten "Kirchweihplatz" in Schwürbitz eingefunden. Hier soll im Zuge der Deichnachrüstung in der Kerngemeinde Michelau auch etwas für den Hochwasserschutz der Anwohner getan werden. Nach Plänen des Wasserwirtschaftsamts soll eine rund 300 Meter lange Spundwand entstehen, die von der Straßenkante aus gesehen zwischen 1,10 bis 1,40 Meter herausragen soll.
Das Gesamtvorhaben Deichnachrüstung wurde im Januar vom Wasserwirtschaftsamt Kronach im Verlauf einer Gemeinderatssitzung vorgestellt und von den heimischen Tageszeitungen entsprechend kommuniziert. Eine Fotomontage gab damals einen optischen Eindruck von der geplanten Maßnahme und zwar von der Wasserseite, vom Main aus. Das war im Januar.
Matthias Trau, vom Wasserwirtschaftsamt Kronach, der Verantwortliche für den Bereich Michelau, zeigte sich davon überzeugt, dass sein Amt eine gute und richtige Planung gemacht habe. Doch so ganz einverstanden schienen die Anwohner damit allerdings nicht zu sein. Sie wollen zwar einen Schutz vor künftigen Hochwässern, aber nicht in der vom Wasserwirtschaftsamt geplante Höhe und Ausführung. Ihnen schwebt eine "mobile Lösung" vor. Eine niedrigere Spundwand, die dann bei Bedarf durch ein mobiles Dammbalkensystem aufgestockt werden könnte, wie Gemeinderat Carlo Scheidt (CSU) verdeutlichte.
Ein mobiler Hochwasserschutz koste laut den Fachleuten des Wasserwirtschaftsamts etwa das Dreifache. Zudem brauche es für die Elemente Lagerflächen und sie müssten ab und zu aufgebaut werden. Aufgrund der hohen Kosten werden mobile Elemente nur in besonderen Fällen eingesetzt, beispielsweise beim Schutz von Denkmalen oder zum Schutz von Weltkulturerbe-Städten. Zudem werden Dammbalken nur bei Einfahrten eingesetzt. Eine Hochwasserschutzmaßnahme müsse nach Ansicht der Experten so erfolgen, dass im Ernstfall kein "Manneinsatz" erforderlich sei. Es soll schon Feuerwehren gegen haben, die im Ernstfall die mobile Aufstockung nicht gefunden haben.
Der Hochwasserschutz in Schwürbitz sei laut Lieb ein "Zusatzprodukt" zur Deichnachrüstung in Michelau. Im Fall eines Hundertjährigen Hochwassers würde zum aktuellen Zeitpunkt in der Kerngemeinde ein Schaden von rund 80 Millionen Euro entstehen, dagegen sei der Schaden in Schwürbitz vergleichsweise gering. "Gäbe es große Probleme, müsste Schwürbitz abgekoppelt werden", so Lieb. Nach Computerberechnungen hätte die Mauer 1,70 Meter (ab Straßenkante) sein müssen. Geplant sei aber eine landschaftsverträgliche Mauerhöhe von maximal 1,40 Meter. Doch die war, wie bereits erwähnt, den Anliegern immer noch zu hoch. Sie wollen keine "Berliner Mauer." Allerdings gibt der Freistaat Bayern in der Regel kein Geld für einen geringeren Hochwasserschutz aus.
Anwohner Georg Vogel jr. plädierte mehr als einmal leidenschaftlich für den Erhalt der Mainaue vor seiner Haustür. "Unser schönes Stück Erde wollen wir erhalten, so wie es ist. Wir wollen es nicht durch eine Mauer verschandeln lassen", sagte er.
Im Rahmen des Planfeststellungsverfahrens wollen die Bürger laut Gemeinderat Carlo Scheidt ihre "Wunschliste" gegenüber dem Landratsamt wie folgt formulieren:
Die Spundwand sollte möglichst nah an die Bäume heranreichen, ohne allerdings die Bäume zu gefährden oder gar zu schädigen. Die Höhe der Spundwand sollte maximal 90 Zentimeter ab oberkannte Straßenbelag auf einer Länge von 90 Meter von der Einfahrt vom Festplatz aus betragen mit mobiler Aufstockung im Hochwasserfall. Die gesamte Länge sollte als Absturzsicherung ein Geländer erhalten. Größer als ursprünglich geplant wird auch die Einfahrt zum Festplatz gewünscht. Statt sechs Meter sollen es 13 Meter mit mobiler Sicherung im Hochwasserfall werden. Eine breitere Einfahrt deshalb, damit die Feuerwehr und Bootsanhänger besser den Platz befahren können. Bürgermeister Fischer sieht die Sache pragmatisch. Falls der Hochwasserschutz in Schwürbitz nicht gebaut wird, spart der Staat 400 000 Euro und die Gemeinde 100 000 Euro, sagte er zu Beginn der mehr als zweistündigen Informationsveranstaltung. Geplant war eine halbe Stunde.