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Schüsse in der Nacht blieben in Trieb nicht unbemerkt


Autor: Markus Häggberg

Lichtenfels, Mittwoch, 11. Mai 2016

Drei junge Männer aus dem Landkreis Lichtenfels mussten sich vor Gericht verantworten, weil sie aus Jux und Tollerei in Trieb am Kieswerk geschossen haben.
Schreckschusswaffen sind echten Pistolen oder Revolvern optisch nachempfunden. Für das Führen in der Öffentlichkeit ist seit 2003 der sogenannte kleine Waffenschein notwendig.  Symbolfoto: Christopher Schulz


Als die Schüsse um 2 Uhr in der Nacht des 13. Juni 2015 fielen, sollte Trieb eigentlich nicht viel davon mitbekommen. Einer kam der Aktion allerdings auf die Schliche - ausgerechnet einem Polizeihauptmeister.
Aus diesem Grund fanden sich drei junge Männer in einem Verfahren wegen unerlaubtem Mitführen von Schusswaffen vor Gericht wieder. Zur Sprache kamen drei Biografien von Männern, die abseits unbescholten-bürgerlichen Lebens entstanden.

Eine Schreckschusspistole und ein Schreckschussrevolver - damit machten sich zwei Lichtenfelser und ein Redwitzer auf den Weg zum Trieber Kieswerk, getrieben von Langeweile und wohl auch einer mangelnden Vorstellungskraft dafür, dass man Schreckschusswaffen nicht einfach so mitführen darf.
Waffenrechtlich kann ein unsachgemäßer Umgang mit solchen eine dreijährige Haftstrafe nach sich ziehen. Kein dummer Jungenstreich also, der den zwischen 19 und 21 Jahren alten Angeklagten im vergangenen Sommer eingefallen ist.

Damit war der Sachverhalt an sich auch schon besprochen, denn dass jeder der Männer mehrere Schüsse abfeuerte, wurde von ihnen selbst auch umstandslos zugegeben. Was Zeit in Anspruch nahm, war die Beleuchtung der jeweiligen Lebenshintergründe. Besonders auf die des schon hafterfahrenen 21-jährigen Redwitzers wurde von Richterin Bianca Franke viel Zeit verwendet.
Die Aufzählung all der Verfehlungen, die in gewissen Zeiten gehäuft auftraten und von Graffitischmierereien, dem Bewerfen von Hausfassaden mit rohen Eiern, Einstiegen in Wochenendhäuschen und ähnlichem sprachen, dauerte eine gute dreiviertel Stunde.

Diese Taten waren, das sollte in der Urteilsbegründung genannt werden, von anderer Qualität als das Schießen im Wald. Staatsanwältin Ursula Andersch attestierte, dass das "Ballern" im Wald in diesem Fall von geringerer krimineller Qualität zeugen würde, als all die Vorgängertaten.
Gerade bei dem Redwitzer Angeschuldigten stand es in Bezug auf eine Haftstrafe Spitz auf Knopf. Letztlich rechnete auch sein Anwalt Jan Hofer nicht mit dem, was Richterin Bianca Franke auf dem Tisch liegen hatte. Die Ausführungen des Anwalts pro Mandant unterbrach sie mit: "Das klingt ja alles ganz gut, bis ich diese Akte auf den Tisch bekommen habe." "Diese Akte" sprach von dem Diebstahl eines Wurstbrötchens im Januar 2016. Was seine beiden Mitstreiter anbelangte, so beschäftigten auch sie die Jugendgerichtshilfe.


Männer ohne Lebenskonzept

Und die stellte für den Prozesstermin eine Einschätzung zu den beiden arbeitslosen Männern zusammen. So beantragte einer der beiden Männer - der Eigentümer der Waffen - trotz fehlender Einkünfte nicht einmal staatliche Sozialleistungen, lebt mit Schulden, besitzt drei Handyverträge und ließ sich von der Freundin aushalten. "Ich weiß ehrlich gesagt nicht, was wir mit Ihnen machen sollen - Geldstrafe oder Haft? Und Geld hat er ja nicht", sagte Andersch und ließ den Weg ins Gefängnis anklingen. Dem Kumpel neben ihm wurde gleichfalls bescheinigt, geistig und sittlich einem Jugendlichen näher als einem Erwachsenen zu stehen.

Und auch er sei schon viermal mit dem Gesetz in Konflikt geraten und verfüge laut Andersch "über kein Lebenskonzept". Einen leidlich guten Eindruck hinterließen die Beschuldigten bei dem in Zivilstreife unterwegs gewesenen Polizisten, dem das Trio damals ins Netz ging. "Um die Uhrzeit sind nicht so viel Menschen in Trieb unterwegs", begründete der Polizeihauptmeister den Verdacht, den er gleich gegen die jungen Männer hatte. Sie hatten murrend aber letztlich einsichtig die Waffen ausgehändigt. Dann zog sich das Gericht zur Urteilsfindung zurück.

Es sollte in keinem Fall eine Haftstrafe aussprechen, auch nicht gegen den am stärksten vorbelasteten Beschuldigten. "Soll man wegen ein paar Schüssen seine beginnende Existenz auf's Spiel setzen?", sagte Jan Hofer und plädierte für eine Geldstrafe. Die fiel mit 5400 Euro für den Redwitzer am höchsten aus. Der Eigentümer der Waffen wird 750 Euro zu zahlen haben, der dritte Verurteilte im Bunde hingegen 500 Euro.