Schüler erinnern an das Schicksal der Jugend
Autor: Andreas Welz
Lichtenfels, Sonntag, 18. November 2012
Die Feierstunde zum Volkstrauertag in Lichtenfels wurde von vier Schülerinnen des Meranier-Gymnasiums mitgestaltet.
Die Feierstunde zum Volkstrauertag nahm am vergangenen Samstag auf dem Lichtenfelser Friedhof eine bemerkenswerte Wendung. Vier Schülerinnen der Meranier Gymnasium standen im Mittelpunkt der Mahnfeier vor dem Kriegerdenkmal. Sie schilderten, wie Schüler des Gymnasiums Krieg und Gewalt erlebten.
Zwar spielte wie immer die Blaskapelle den "Guten Kameraden", Fackelträger erhellten die Szene und Fahnenabordnungen senkte das historische Tuch vor dem Ehrenmal. Bürgermeisterin Bianca Fischer hielt eine Ansprache und Kränze wurden niedergelegt, aber dann kam plötzlich die Frage: "Was bedeutet der Jugend der Volkstrauertag"?
Die Antwort der Vier war beeindruckend: "Wir sind genau so jung wie diese Menschen damals. Wir sind an derselben Schule wie diese Menschen damals. Wir haben Hoffnungen, Wünsche, Träume wie diese Menschen damals. Wir haben Glück. Wir sind Nachgeborene. Wir haben Zukunft.
Auf einmal galt nicht mehr die von Jugendlichen oft geäußerte Meinung "Wen interessiert das noch? Was geht das uns an?" Die Geschichte sei auch die Geschichte der Schule, machten Susan Zander, Rebekka Gründel, Emma Maier und Jasmin Wölfel deutlich. "Hätten wir einige Jahrzehnte früher gelebt, wir wären als Schüler in die Geschehnisse hineingezogen worden", begann das Vierergespräch. Am Ersten Weltkrieg nahm die Schule lebhaften Anteil, zitierte das Quartett den Jahresbericht der Schule aus dem Kriegsjahr 1914/15. "Größere Waffenerfolge unsrer Truppen wurden durch Ansprachen an die Schüler und durch eine allgemeine Schulfeier mit Freigabe eines Unterrichtstages gefeiert", so ein Zitat.
Doch dann kamen die Auswirkungen. Immer mehr Lehrer mussten an die Front, der Unterricht mehr und mehr eingeschränkt, die Turnhalle wurde Lazarett, die ersten Schüler wurden eingezogen, vier von ihnen kehrten nicht zurück.
Beeindruckend riefen die vier Schülerinnen auch die Zeit des Nationalsozialismus in Erinnerung.
Kriegsbedingt mussten die Schüler klassenweise zum Ernteeinsatz, heiß es in der Schilderung. Im letzten Kriegsjahr lernte man nur noch wenig. Die auswärtigen Schüler verpassten manche Stunde, da der Bahnverkehr nicht funktionierte. Die Jungen der Jahrgänge 1926 bis 1928 wurden als Luftwaffenhelfer eingesetzt.
Max Steiger, einer der damaligen Schüler erinnerte sich in einem Interview: "Unsere Klasse wurde nach Schweinfurt verlegt zur Flakabwehr. Am 16. August 1943 kamen in einem Sonderzug 1000 Schüler an. Einen Tag später gab es einen schweren Luftangriff. Uns Lichtenfelsern passierte nichts, aber die Hälfte der Jungen aus einer Coburger Schule wurde getötet."
Die weiteren Mitwirkenden am Volkstrauertag in Lichtenfels: Die Fahnenabordnungen der Kolping-Familie, Zimmerstutzen-Schützengesellschaft, königlich privilegierte Scharfschützengesellschaft, Turnerschaft Lichtenfels, Athleten-Club Lichtenfels, Trachtenverein D'Werdenfelser. Fackelträger: Gefahrenschutzzug Lichtenfels/Main und die Freiwillige Feuerwehr Lichtenfels; Liedvortrag: Chorgemeinschaft Liturgischer Chor/Sängergilde; Trommler: Tino Bechmann; die Blechbläser aus Unterlangenstadt; Mahnwache: Soldatenkameradschaft Reundorf. Gebete und besinnliche Worte sprachen der katholische Stadtpfarrer Roland Neher und der evangelische Pfarrer Ralph-Peter Zettler.