Scheffel-Festakt in Bad Staffelstein - und kaum einer ging hin
Autor: Markus Häggberg
Bad Staffelstein, Freitag, 10. Juni 2016
Ein Vortrag beleuchtete das Leben des Dichterfürsten, den viele wohl nur wegen des Frankenliedes kennen.
Ein Festakt sollte es sein. War es auch. Aber vor lichten Reihen und vor somit bedauerlich ausgedünnter Aufmerksamkeit. Denn wo waren am Donnerstag in der Viktor-von-Scheffel-Schule all die, die Joseph Victor von Scheffel immer im Munde führen, sich zum Absingen des "Frankenlieds" gar von Plätzen erheben oder in Bezug auf dieses gar von einer "Frankenhymne" sprechen? Anlässlich des 190. Geburtstages und 130. Todestags jenes Scheffels wurde in der Schule für 240 Besucher bestuhlt. Gekommen waren 33. Zieht man Honoratioren und Lehrkörper ab, wirft die an sich schöne städtische Veranstaltung durchaus auch Fragen auf.
Das Frankenlied gesungen
Eins, zwei und vier. Diese Strophen des Frankenliedes singen die Franken am liebsten. So auch geschehen bald nach Beginn des Abends, der von der Nothelferkapelle eröffnet und sogar mit Festmusik von Richard Wagner eingerahmt werden sollte.
Doch zwei Dinge waren es, die in besonderem Maße Aufmerksamkeit erregten: der Festvortrag von Natalie Gutgesell, die über Scheffel promovierte und gewiss zu den größten Experten gezählt werden muss, sowie eine 60 Seiten starke neue Scheffelbroschüre, bei der die Schule selbst als Herausgeber auftritt und die unter Mitarbeit von Schülern entstand. Die Worte "Jetzt habe ich auch ein Gastgeschenk" von Schulleiter Heinz Zech berücksichtigend, ist klar, wofür das schön gestaltete Schrifttum in Erstauflage von 500 Stück auch Verwendung finden wird.
Eine launige Note besaß nebenbei auch das Grußwort von Bürgermeister Jürgen Kohmann, bei dem diesem eine eigenwillige und launige Verbeugung vor der Schule selbst gelang, hielt er doch fest, dass Scheffel "nicht nur bekannt durch die Realschule" sei. Und weiter launig schlug er vor, man solle, so lange die Abendsonne noch zu hell um das vom Beamer auf Leinwand projizierte Bild erkennen zu können in den Raum scheine, die Frankenhymne bis zu besseren Lichtverhältnissen "in Dauerschleife singen".
Doch neben poetischen Bildern enthält das "Frankenlied" noch mehr, vor allem dichterische Freiheiten, und auf diese ging Natalie Gutgesell in einem dreiviertelstündigen Vortrag besonders ein. Ein Grund, warum sie das so detailliert konnte, waren auch die 3966 Blätter eines von Scheffel nie beendeten und nie veröffentlichten Wartburg-Romans, in dem das Lied der Franken auftaucht. In einem Archiv habe sie "Blatt für Blatt eingesehen" und textliche Abweichungen festgestellt. Zum Beispiel diese: Wohlauf die Luft geht frisch und rein - und zieht an Arm und Beinen. Scheffels Briefe durchforstend, seine Zeichnungen aufspürend, all das hat Natalie Gutgesell hinter sich und einen Vortrag aus den Erkenntnissen erarbeitet.