Regionalität hat Priorität
Autor: Cindy Dötschel
LKR Lichtenfels, Freitag, 26. Juni 2020
Weil sich in einem Schlachthof der Firma Tönnies in Nordrhein-Westfalen über 1500 Mitarbeiter mit Covid-19 angesteckt haben, geriet der Betrieb in den vergangenen Tagen in die Schlagzeilen. So schätzen regionale Metzger die Lage ein.
Über 1500 Mitarbeiter eines Schlachthofes der Firma Tönnies im Kreis Gütersloh in Nordrhein-Westfalen wurden positiv auf das Corona-Virus getestet. Alle 7000 Mitarbeiter und deren Familien befinden sich nun in Quarantäne, das öffentliche Leben im ganzen Landkreis wurde wieder heruntergefahren. Die Entwicklung ist eine Folge der dortigen Arbeitsbedingungen.
Dass jeden Tag 20 000 Schweine in besagtem Schlachthof in Rheda-Wiedenbrück geschlachtet und verarbeitet werden, hat einen Preis: Massen an Fleisch werden produziert, während Mindestabstände von eineinhalb Metern zwischen den Arbeitern, die häufig aus Südosteuropa kommen, nicht eingehalten werden können. Durch die Pandemie und den rasanten Anstieg der Corona-Fälle geriet der Betrieb in den vergangenen Tagen immer wieder in die Schlagzeilen.
Arbeiten mit ausreichend Abstand
"In so einem großen Stil könnte das hier nicht passieren - wir achten darauf, dass alle Mund- und Nasenmasken tragen und die Abstände eingehalten werden", sagt Harald Novotny, der in dritter Generation die gleichnamige Metzgerei in Schney betreibt. Einen Betrieb, in dem mehrere Tausend Schweine täglich geschlachtet werden, könne man mit einem kleinen Handwerksbetrieb, wie seinem, nicht vergleichen. In seinem Betrieb werde in Schichten gearbeitet, die Mindestabstände würden streng eingehalten.
"Bei mir arbeiten insgesamt 13 Personen in Verkauf und Produktion. In der Produktion kann jeder meiner Mitarbeiter an einem eigenen Tisch arbeiten", sagt Novotny. Durch angemessene Abstände und das Tragen von Mund-Nasen-Masken versucht er, das Risiko einer Ansteckung mit Corona möglichst gering zu halten.
Den Betrieb hat er 1994 von seinem Vater übernommen. Bereits vor dem derzeitigen Skandal ist das Interesse seiner Kunden für die Herkunft des Fleisches gestiegen. "Unsere Kunden haben vermehrt nachgefragt, woher die Tiere kommen und wo sie geschlachtet werden", berichtet der 44-Jährige aus seinem Alltag. Novotny legt viel Wert auf Regionalität. "Die Schweine und Rinder kommen von kleinen Bauern direkt aus Schney oder aus dem Kulmbacher Landkreis - aus Orten in Nähe des Schlachthofs", sagt der Metzgereimeister.
Hoffen auf Umdenken
Um die Zukunft seiner Metzgerei sorgt er sich, auch in Anbetracht des Skandals, weniger. "Meine Stammkunden kommen schon seit Jahren jeden Tag oder mehrmals die Woche", freut sich Novotny, er ist überzeugt, dass die Stammkunden weiterhin kommen werden, um Fleisch und Wurst bei ihm zu kaufen. Dennoch hofft der Metzgermeister auf ein Umdenken in der Gesellschaft. "Die Leute müssen ernährt werden und das Fleisch muss irgendwo her kommen", räumt er ein. Ihm ist bewusst, dass sich nicht jeder teures Fleisch leisten kann. "Vielleicht findet eines Tages ein Umdenken statt, so dass die Leute lieber mal einen Tag auf Fleisch verzichten und sich für den nächsten Tag etwas Besseres gönnen."
Der Preis kann entscheidend sein
Die Arbeitsweise bei größeren Schlachtbetrieben wie Tönnies ist auch für Doris Böhm unvorstellbar. "Was da am Fließband abgeht ist für mich eine andere Welt", sagt die Mitinhaberin der Bad Staffelsteiner Fleischerei Leicht und Finzel. Dennoch ist ihr bewusst, dass das abgepackte Fleisch beim Discounter günstiger und länger haltbar ist. "Manche können sich leider kein teureres Fleisch leisten", bedauert sie.