Redwitzer Strom-Protest: "Wir wurden scheibchenweise zerteilt"
Autor: Andreas Welz
Redwitz, Dienstag, 01. Dezember 2015
Die oberfränkischen SPD-Politiker stehen unter Strom, wenn es um zusätzliche Trassen geht. Mit zwei Hochspannungsleitungen wäre die Region über Gebühr belastet, meinen sie.
Eine zusätzliche neue 380-kV-Leitung, die mit der "Thüringer Strombrücke" gebündelt werden soll, ist nach Ansicht der oberfränkischen SPD-Abgeordneten für die nachhaltige Sicherstellung der Energieversorgung nicht notwendig. Das bekräftigten am Montag Klaus Adelt, Susann Biedefeld und Christoph Rabenstein bei einem Gespräch im Awo-Seniorenheim in Redwitz.
Adelt unterstrich: "Die Politiker sind sich einig, dass die Planungen und Gedankenspiele das Vertrauen der Bevölkerung verspielen und die Energiewende torpedieren." Mit gleich zwei Hochspanungsleitungen wären der Landkreis Coburg und der nördliche Landkreis Lichtenfels über Gebühr belastet. Die Abgeordneten versicherten, ihren Handlungsspielraum auszuschöpfen, um die so P 44 mod. zu verhindern. Susann Biedefeld bezeichnete eine Erdverkabelung als ökologischen und ökonomischen Unsinn. "Hier setzen wir uns klar von der CSU ab", sagte sie. Gerne könnten sie andere Trassen verkabeln, aber nicht in unserer mit Infrastrukturprojekten überlasteten Region. "Es reicht, wir werden alles nur Menschenmögliche ausschöpfen, um weitere Trassen zu verhindern", sagte sie.
Die im Bau befindliche "Thüringer Strombrücke" sei Belastung genug. Da brauche keiner mit Bündelung kommen. Man habe hier bereits genug gebündelt. "Auch bei der Bündelung ist einmal Schluss mit lustig", erboste sich die Altenkunstadterin. Wenn die Aufnahme von Flüchtlingen Obergrenzen erreichten, so stießen die Belastungen der Menschen hier vor Ort an Obergrenzen. In der Bayerischen Verfassung sei festgeschrieben, dass gleichwertige Lebensverhältnisse in ganz Bayern herrschen sollten, so Biedefeld. Betrachte man den Netzentwicklungsplan 2025, so werde deutlich, dass durch den zusätzlichen Leitungsbau wieder einmal mehr die nördlichen und östlichen Regionen belastet würden. Darauf habe sie Ministerpräsident Horst Seehofer in einem Brief vom 13. November hingewiesen. Darin habe sie festgestellt, dass die Planungen völlig abstrus seien und die Lebensqualität der Bevölkerung vor Ort und die Entwicklung der Kommunen noch weiter einschränken. In einem weiteren Brief an Siegmar Gabriel vom 24. November hätte sie den Bundesminister um Unterstützung gebeten. "Bitte setze Dich dafür ein, dass eine derart sinnfreie und total unverständliche Umsetzung der P 44 mod. nicht zustande kommt", heißt es in dem Schreiben, das unserer Zeitung vorliegt.
Masterplan gefordert
Auch die örtliche SPD wandte sich gegen eine zusätzliche Trasse. "Gerade Redwitz ist durch die vorhandenen Stromleitungen stark belastet", stellte Ortsvereinsvorsitzender Jochen Körner fest. "Wir wurden scheibchenweise zerteilt. Sieben Stromtrassen von und nach Redwitz - mehr geht nicht", sagte er. Gemeinderat Günter Friedlein forderte einen Masterplan und ein Konzept der geplanten Stromtrassen. Eher könne er dem Raumordnungsverfahren des Ostbayernrings nicht zustimmen. Auch das Thema Energieeinsparung stand zur Debatte. Effiziente Einsparungen machten neue Stromleitungen überflüssig, betonte Susann Biedefeld. Sie bedauerte, dass ein Gesamtkonzept zur Energiewende der SPD im Landtag abgelehnt worden sei.
Die Einsparungspotenziale durch Energieeffizienz in den Bereichen Wärmeerzeugung, Kälteerzeugung seien weit höher als im Stromsektor. Der Bereich der Energieeffizienz bilde eine Schnittstelle zwischen erneuerbaren Energien und Klimaschutz. Es sei deshalb doppelt wichtig, hier anzupacken.