Ränke, Täuschung und Liebe in der Stadthalle Lichtenfels
Autor: Markus Häggberg
Lichtenfels, Dienstag, 17. November 2015
Das Theater Schloss Massbach erntete in der Stadthalle Lichtenfels viel Beifall für das Stück "Ein Mond für die Beladenen".
Das war er also, der Mond der Beladenen; ein modernes amerikanisches Drama, ein Schelmenstück und eines, das am Montagabend auf reichlich Interesse bei einem Lichtenfelser Publikum stieß. Es sollte in der Pause ein Lob durch Schauspieler Georg Schmiechen erfahren.
Von Eugene O'Neill geschrieben, vom Ensemble des Theaters Schloss Massbach unter Inszenierung Rolf Heiermanns aufgeführt und in Zusammenarbeit mit dem Kulturring Lichtenfels e.V. in die Stadthalle gebracht, kam "Ein Mond für die Beladenen" wenige Aufführungen nach der Premiere beim Ensemble nach Lichtenfels.
Das Bühnenbild perspektivisch und angenehm reduziert, die Handlung zwischen Feld und Tenne stattfinden lassend, kargen Boden und karge Einkünfte andeutend und bedeutende Gesten unterstreichend. Dass die Stadthalle ein an sich schmuckloses und eigentlich wenig auf Theater einstimmendes Innenleben hat, machte es vergessen.
Farmer Phil Hogan (Eike Domroes) und seine Tochter Josie (Inka Weinand) leben in Existenzängsten und pflegen einen rustikalen Umgang miteinander, die Schwächen des jeweils anderen offen benennend, geradeso, als sei man nicht miteinander verwandt. Nicht gesellschaftsfähig im üblichen Sinne. Der Vater legt der Tochter das Verführen des Verpächters zum Zwecke der Entschuldung nahe und ein wendungsreiches Stück nimmt seinen Beginn.
Das Lichtenfelser Publikum erschien dreistellig, so um die 130 Zuschauer, wenngleich auch der Altersschnitt um die 60 gelegen haben dürfte. Eine Theaterwahrheit in der Korbstadt, die Georg Schmiechen nicht störte. Man gastiere gerne in Lichtenfels und in der Stadthalle, bei "einem dankbaren Publikum", so der Mann, die doppelbödige Variante des Wortes "dankbar" nicht meinend.
1943 schuf O'Neill seinen mit viel unverbrauchtem Witz geschriebenen Zweiakter, in dem sich zwischen Josie und Verpächter James Tyrone jr. (Markus Schmädicke) eine ungewöhnliche Liebesgeschichte entwickelt. Auch an der Figur des Tyrone zeigt sich in diesem Stück O'Neills Absicht, Tragik mit Skurrilität zu verbinden, denn Tyrone ist ein Trinker, der trinkt, weil der letzte Eindruck, den seine Mutter kurz vor ihrem Tod von ihm hatte, der von einem Trinker war. Es war die facettenreichste Rolle des Abends, die Schmädicke mit Bravour bewältigte, die Stimmungslaunenhaftigkeiten eines Säufers und Hurenfreunds zwischen Bedauern, Zweifel und Erkenntnis gebend.
Ideale Typbesetzung war auch Inka Weinand, hatte sie doch Koketterie und Sprödigkeit in einer Person unterzubringen. Und auch Domroes und Schmiechen gestalteten ihre Rollen als Vater bzw. schwerreicher Nachbar mit Sinn für Konkurrenzbeseitigung glaubhaft aus, wenngleich Domroes als zeterndes Ekel mit goldenem Herzen und intriganter Stirn mehr Gelegenheit dazu hatte.
Doch es gibt eine Merkmalsbesonderheit an diesem Stück: das Scheitern einer Liebe im Zeichen echten Respekts. Denn es findet ein Rendezvous zwischen Josie und James statt, bei dem das Mondlicht nicht die Romanze, sondern Geständnisse der beiden bescheint - ein bereinigender Mond, unter dem man nicht billig wird, sondern schläft und wacht und erkennt, dass es keine Zukunft hätte. Der Applaus nach bald zwei Stunden Aufführungsdauer war groß und jenseits des Pflichtbeifalls.