Publikum folgte bis an den Ural
Autor: Markus Häggberg
Lichtenfels, Sonntag, 11. Juni 2017
Der Fotograf Sepp Martin begeisterte in der Galerie der KuKI seine Zuschauer mit atemberaubenden Bildern von seinen mehrmonatigen Reisen.
Lust auf "Extremes" und Russland, wollte am Samstagabend der Fotograf Sepp Martin in der Galerie der KuKI (Kunst und Kultur Initiative) machen. Ob die Zuschauer dadurch das Eisbaden für sich entdecken, darf sicher fraglich bleiben. Fest steht hingegen, dass der leidenschaftliche Fotograf auf ein Publikum traf, welches ihm in seiner Multivisionsschau gerne bis an den Ural folgte.
Eigentlich sind Martins alte Bekannte in der Galerie der Spitalpassage, dort schon oft bei Ausstellungen zu Besuch gewesen. Und eigentlich ist Sepp Martin die halbe Miete bei seinen Vorträgen. Im Hintergrund und im Publikum ist auch immer Ehefrau Anneliese, eine Art Quartiermeisterin und Reiseroutenplanerin. Gemeinsam begibt sich das pensionierte Paar aus Forchheim seit einigen Jahren auf mehrwöchige und sogar mehrmonatige Reisen, um Geschichten und Eindrücke einzusammeln, mitzubringen und aufzubereiten.
Wer nicht aus allgemeinem Interesse zu ihnen kommt, der kommt aus fotografischer Neugierde und Schaulust. Immerhin genießen die Martins einen exzellenten Ruf in der regionalen Fotografenszene. Kein Wunder also, dass die Zweite Vorsitzende der KuKI, Helga Blomeier, zu Beginn des Abends auch "Fotofreunde" aus Michelau begrüßte.
Doch worum ging es? "Rossyia - Bilder aus Russland", so der Name des beinahe zweistündigen Programms, zeigte Verfall und Schönheit, das Neben- bzw. Hintereinander von Erhabenem, Kuriosem und Alltäglichem zwischen Wladimir, Perm oder Jekaterinburg. Im Winter und schon beinahe am Polarkreis.
Man wollte "Russland mal im Winter erleben", so das Paar. Was es er- und miterlebte, waren gastfreundschaftliche Momente, Mütter, die Kinderwagen auf Kufen schoben, Eisskulpturen, deren Anfertigung auf öffentlichen Plätzen bildhauerisch und zweistöckig hoch gelang. Und immer wieder Begegnungen mit Menschen, die an Orte und zu Begebenheiten führen, die sich in die Erinnerung graben. So wie an den Platz, an dem die Zarenfamilie 1918 ermordet wurde, so wie an den Ort, an dem die tektonischen Platten Europas und Asiens aufeinanderstoßen, so wie die Picknicke, die von Russen gerne bei spärlichen Temperaturen, aber mit üppigen Beilagen gehalten werden. "Am Ende des Picknicks war der Salat knackig", kommentierte Martin launig ein solch mitgemachtes Picknick.
Acht Vorträge pro Jahr
Mehrere Monate kann es dauern, bis ein Vortrag wie dieser ausgearbeitet ist. Sichtung der Fotografien, dramaturgische Aufbereitung, musikalische Untermalung - das alles macht eine Multivisions-Schau aus. Acht solcher Vorträge geben die einstigen EDV-Entwickler pro Jahr. Nicht jedes Foto kann dabei ein Kunstwerk sein, denn es gilt, in solche Schauen auch dokumentarische und erklärende Bilder einzupflegen. Aber die Zahl der anspruchsvollen Fotos, bei denen Bildaufbau und Ausleuchtung vorbildhaft sind, ist sehr hoch. Insofern kamen die Galeriebesucher auf ihre Kosten. Das Präsent, welches das Ehepaar Martin zum Dank für ihre Schau von Helga Blomeier erhielt, war von besonders launiger Art. Trockenfutter für die Schlittenhunde, welche das Paar demnächst durch kalte entlegene Gegenden ziehen könnten.