Prozess wegen sexuellen Missbrauchs an Stiefenkelin
Autor: Matthias Einwag
Bad Staffelstein, Montag, 17. Februar 2014
Am Landgericht Bamberg muss sich ein 59-Jähriger aus dem Kreis Lichtenfels wegen sexuellen Missbrauchs seiner Stiefenkelin verantworten. Das Gericht hörte am Montag etliche Zeugen, fällte aber kein Urteil. Der Prozess wird fortgesetzt.
Sieben Zeugen befragte die Strafkammer unter Vorsitz von Richter Manfred Schmidt am Montag, um Licht in den Missbrauchsfall zu bringen.
Dem 59-jährigen Angeklagten wird vorgeworfen, seine jetzt 23-jährige Stiefenkelin sexuell missbraucht zu haben, als sie zwischen fünf und acht Jahre alt war. Der Mann - das ergaben bisherige Zeugenaussagen - habe dem Kind vornehmlich beim abendlichen Fernsehen mit der Hand zwischen die Beine gegriffen. Das Landgericht Coburg hatte den Mann im vergangenen Jahr bereits zu drei Jahren und sechs Monaten Haft verurteilt. Dieses Urteil wurde jedoch vom Bundesgerichtshof wegen einer Formsache aufgehoben und ans Landgericht Bamberg zurückverwiesen.
Unter den Zeugen, die am Montag in Bamberg aussagten waren die Ehefrau des Angeklagten, der betreuende Psychiater, die betreuende Psychologin sowie der Freund und die beste Freundin des Opfers.
Die Ehefrau des Angeklagten sagte aus, ihr zweiter Mann sei immer für sie und ihre drei Kinder aus erster Ehe da gewesen. Anhand einer Skizze des Wohnzimmers, in dem sich die Missbrauchsfälle abgespielt haben sollen, wurde die Situation der Fernsehabende rekonstruiert. Richter Schmidt fragte die Ehefrau dezidiert, ob das Kind beim den gemeinsamen Fernsehabenden eine Decke über dem Leib hatte und ihr Mann darunter griff. Die Oma widersprach den Auskünften ihrer Enkelin: Beim Fernsehen seien die Kinder nie zugedeckt gewesen: "Ich mach' nicht die Augen zu vor sowas, ich bin auch Mutter, da hätt' ich was unternommen."
Als die Enkelin ihren Mann und sie mit den Vorwürfen konfrontiert habe, sei sie "fix und fertig" gewesen, ihr Mann "völlig perplex". Beide seien "wie vom Schlag getroffen" gewesen und hätten sich in Kutzenberg stationär in Behandlung begeben.
Richter Schmidt suchte nach dem Motiv dafür, warum die Enkelin und ihre Mutter diese Vorwürfe erheben sollten, wenn sie nicht wahr wären. Bis dahin habe es sich schließlich um eine Familie gehandelt, die sich gegenseitig geholfen hat. "Die haben sich zusammen verschworen", antwortete die Großmutter. Sie hätten auf ihr Haus spekuliert. Deshalb habe sie inzwischen auch ihr Testament geändert, denn sie hätten ihr, der Mutter und Oma, viel angetan.
Eher ein neutrales Verhältnis
Der Freund der 23-Jährigen, mit dem sie in einer Wohnung zusammenlebt, sagte aus, dass die junge Frau ihm nicht viel über die Taten erzählt habe. Sie sei in sich gekehrt und zurückgezogen; das Verhältnis zu ihrem Stiefopa sei unauffällig, eher neutral gewesen. Die behandelnde Psychologin vom Bezirksklinikum erklärte, die 23-Jährige habe, als sie in Kutzenberg in Behandlung war, eine depressive Störung gehabt sowie unter Überlastung und Konzentrationsstörungen gelitten.
Die 23-Jährige habe gesagt, ihre Oma sei ohne ihren Mann kaum lebensfähig. Die Psychologin sagte, die junge Frau sei neuen Beziehungen gegenüber misstrauisch und habe Schwierigkeiten, Gefühle auszudrücken. Über ihren Stiefopa habe sie sich erstaunlich sachlich geäußert.
Die beste Freundin der 23-Jährigen sagte aus, dass das Opfer ihr von den Vorfällen erzählt habe: Der Stiefopa habe sie angefasst, ihr zwischen die Beine gegriffen, aber als Kind habe sie gemeint, das sei normal. Ihr selbst, sagte die Freundin, habe die 23-Jährige den Schwur abgenommen, niemandem etwas davon zu sagen.
Rechtsanwalt Till Wagler, der den Angeklagten vertritt, stellte schließlich einen Beweisantrag. Er forderte, dass ein psychiatrisches Sachverständigengutachten eingeholt werden soll, das die Aussagen des Opfers neu bewertet, denn ein psychologisches Gutachten sei dafür ungeeignet. Der Prozess wird am kommenden Montag fortgesetzt.