Protestsongs und Poesie
Autor: Birgit Kunig
Loffeld, Dienstag, 23. Mai 2017
Der Südtiroler Liedermacher Dominik Plangger und die Geigerin Claudia Fenzl berührten das Publikum in Loffeld mit ihrer Musik.
Seine Standpauken sind gut verpackt. Man muss sich durch die nette Verpackung durchkämpfen und wird getäuscht. Er ist ein Musikrebell der sanften Art mit irischen und amerikanischen Folk-Einflüssen, einstiger Straßenmusikant in Irland. Seine Kritik ist hinterhältig, nicht im negativen, sondern im wahrsten Sinne des Wortes - er hält sich zurück und doch dringt sie durch.
Was auffällt: Planggers Repertoire beinhaltet wesentlich mehr Liebeslieder als noch vor Jahren. Das hat wohl auch mit der Hochzeit mit seiner Claudia zu tun, die mit ihm die Bühne teilt. Die beiden Musiker haben sich auf der Bühne gefunden - und jetzt musizieren sie gemeinsam als Ehepaar weiter. Dominik, der Südtiroler, der sich mehr deutsch als italienisch fühlt, mit der sanften Tenorstimme, aber oft auch laut und fordernd. Und sie, die kecke, zartgliedrige Violonistin aus Wien, die streicht und zupft, dass es wahrlich ein Vergnügen ist. Ein sympathisches Paar, das sich oft neckt und die Bälle zuspielt, wie süß. Aber es ist nicht immer süß, was es singt. Es geht oft um die Bitternisse des Lebens.
Die beiden Musiker scheinen sich hier äußerst wohl zu fühlen: "Ich bin schon fast zu Hause hier, und in Kloster Banz habe ich mein Priesterseminar absolviert", frotzelt Plangger, als er sein Almlied anstimmt im schönsten Südtirolerisch. "Die Franken haben aber auch einen sehr speziellen Slang, das passt doch super", amüsiert er sich. "Und in zwei Wochen geht's wieder hinauf auf die Alm, auch wenn das meinem Geschäft nicht zuträglich ist, aber da machen wir halt dann Musik im Stall." Man könnte fast neidisch werden, im Winter Musik und im Sommer Natur. Seinen Hauptjob habe er schon längst gekündigt. Und sogar sein "Almlied" im schönsten Vinschgauerisch versteht man, wenn man nur lange genug zuhört. "Ich geh in d'Berge bis es wieder herbschden duad", so stimmungsvoll, dass man am liebsten mitgehen würde. Jubeln und Bravorufe.
"Sie lügen immer noch und halten uns dumm, so manche Heuchler, die uns verwalten, sie faseln von Podesten mit schüttergrauem Haar, es sind immer noch die Gleichen, die Alten", heißt es in dem Lied "Es rührt sich irgendwas in mir". Sein wohl größter Protestsong wirkt überhaupt nicht belehrend.
In "Heimatland" singt er: "Ich würde niemals für dich sterben, für deine Gier und Eitelkeit, ich will kein Heimatland der alten Werte, ich will ein Heimatland mit Tradition, du unbarmherzig stures Heimatland". Die Stimme sanft, die Melodie harmlos, aber der Text grausam, dass man ein mulmiges Gefühl bekommt. Man erschrickt ob des krassen Gegensatzes. "Auch dich haben sie schon genauso belogen, und du hast ihnen alles gegeben, deine Jugend dein Leben", "und hast du nach deiner Mutter geschrien, bist du auf deinen Beinstümpfen weitergerannt", singt er in "Es ist an der Zeit" über das Leid im Krieg. Sprachlos lässt er sein Publikum zurück - und er singt den Wader-Song als wäre es sein eigener.
Italienisch mit Grandezza
Plangger kann aber auch italienisch mit Grandezza. Piazza Grande singt er so großartig und schmachtend wie Lucio Dalla. Und Claudia zupft frech die Geige, als sei diese eine Mandoline. Ausgefeilt und vollkommen der Zusammenklang. Überhaupt sei er verliebt in Malcesine, und er besingt das Städtchen seiner Träume wie eine Frau. "Deine Kraft, deine überwältigende Gemütlichkeit" . Seit er dort bei einem Festival war, käme er nicht mehr davon los. "Dieses Fleckchen Erde hat mir ein Stück Leben zurückgegeben."In "Gestern noch" könnte man einen Mutter-Sohn-Konflikt hineininterpretieren: "Ich werd' dich mal besuchen gehen, um herauszufinden, ob du mich immer noch nicht verstehst." Wen er nun genau meint, lässt er offen, ja so ist er, und das macht seine Songs so interessant.
Das Publikum johlt und schmachtet mit, wenn er im Duett mit seiner Claudia "Ruf mi net an" von Georg Danzer interpretiert, grandios, weil absolut echt. Sie können aber auch lustig die beiden, beim russisch-jiddischen Tumbalaleika klingt Claudias fröhliches Zupfen wie ein Tänzchen, großartig ihr Streichsolo. Das Publikum dankt es mit lautstarkem Jauchzen.