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Pfarrer Martin: Sein Zimmer bleibt frei


Autor: Ramona Popp

Lichtenfels, Freitag, 09. Juni 2017

Martin Ninaparampil hat seinen Urlaub am Obermain verbracht - aber nicht nur. Mit drei Priesterkollegen unternahm er eine Pilgerreise quer durch Europa.
Große Runde im Wohnzimmer der Donaths in Weismain: von links Rudolf Donath, Pfarrer Josef aus Geiselwind, Pfarrer Martin, Schwester Plessy vom Seniorenzentrum St. Josef in Gaustadt, Schwester Thelma, Heimleitung des Seniorenzentrums Gaustadt, Schwester Vincy aus Erlangen, das Ehepaar Michael und Roma Pohl aus Bamberg und Sieglinde Donath. Foto: Tobias Donath


Martin am Montmartre in Paris, Martin vor dem Petersdom, in Assisi, Fátima, Lourdes und Amsterdam. Familie Donath in Weismain hat schon viele Urlaubsbilder ihres Gastes gesehen. In den vergangenen rund sechs Wochen war es eine Herausforderung, den Überblick über dessen Reisestationen zu behalten. Denn Martin Ninaparampil, Pfarrer aus Indien, nutzte seinen Urlaub nicht bloß für einen Besuch bei der ihm freundschaftlich verbundenen Familie in Oberfranken, sondern reiste mit drei Priesterkollegen quer durch Europa. Vielleicht weil er von seiner Heimat große Distanzen gewohnt ist, schien dem 43-Jährigen das straff getaktete Programm mit Flugzeug, Bus und Bahn nichts auszumachen. "A bissle Stress ist es schon", räumte er gegenüber unserer Zeitung ein - wie man ihn kennt mit einem Lächeln. Zwischendurch zurück in Weismain hielt er Gottesdienste eben da, wo er als Kaplan vor 14 Jahren seinen seelsorgerischen Auslandseinsatz begonnen hatte. Und auch in Neuensee und Schwürbitz, wo er während seines Erwachsenenlebens die längste Zeit am Stück an einem Ort verbrachte. Nach den Gottesdienstfeiern gab es hier und dort einen Stehempfang, denn viele Gemeindemitglieder freuten sich über das Wiedersehen mit ihrem ehemaligen Geistlichen.


Noch drei Gottesdienste

Dieses Wochenende hält er noch drei Gottesdienste, heute Abend in Großziegenfeld und am Sonntag in Arnstein (8.30 Uhr) und Weismain (10 Uhr). Am Montag fliegt er von Frankfurt aus zurück in den heißen indischen Sommer mit Temperaturen von über 40 Grad. Das Klima im Norden des Landes, wo Pfarrer Martin nun Missionsarbeit leistet, ist auch für ihn oftmals belastend. Es entspricht nämlich nicht dem, was er von seiner Heimat in Südindien gewohnt ist, und schon gar nicht dem, an das er sich in den Jahren in Deutschland gewöhnt hat. Im Winter sinken die Temperaturen in dem Missionsgebiet um die Stadt Agra bis knapp über dem Gefrierpunkt - und das ohne Heizung!

Doch Martin Ninaparampil wandelt mit dem ihm ureigenen Gottvertrauen zwischen den Welten und verschiedenen Kulturen. "Der Deutsche kommt", hatten sie gesagt, wenn er im Urlaub mal zu Besuch in Indien war. Und nun ist das Urlaubsziel in entgegengesetzter Richtung. In Indien ist der Geistliche seit zwei Jahren für die Leitung einer Schule verantwortlich, außerdem ist er seit 2016 Regens, also Leiter eines Priesterseminars. In seinem Heimatstaat Kerala versucht er Priesterkandidaten zu gewinnen, da es im Norden nur wenige Christen gibt. Für das Priesterseminar wurde im Missionsgebiet ein neues Gebäude errichtet, das fast fertig ist. Im Juli soll es eingeweiht werden.

Nach der letzten Urlaubswoche, in der Pfarrer Martin mit seinen drei Mitbrüdern noch die Schweiz besucht hatte, warten die Aufgaben in der Mission wieder auf ihn und es heißt Abschied nehmen. Groß Koffer packen muss er nicht, denn im Haus der Donaths in Weismain gibt es ein Zimmer unterm Dach, in dem er einen Schrank mit etlichen Sachen hat. Für Sieglinde Donath und ihren Mann Rudolf war es eine Selbstverständlichkeit, dem jungen Kaplan damals die Eingewöhnung zu erleichtern. Sie ließen ihn bei sich E-Mails schreiben, als es im Pfarrhaus noch keinen Internetzugang gab, luden ihn zum Essen ein und unterhielten sich mit ihm, weil er rasch sein Deutsch verbessern wollte. Keine Frage, dass auch die Texte für die Sonntagspredigten vorab gelesen und gegebenenfalls verbessert wurden. "Und unsere Kinder haben ihn auch gleich gemocht", erzählt Sieglinde Donath rückblickend. Heute sind die drei Söhne erwachsen - aber die Freundschaft hat die Jahre und Entfernungen überdauert. "Er gehört wirklich zur Familie."

Das freut auch Pfarrer Martin. Er ist gerne in Franken, und er ist gerne unter Menschen. Er habe immer versucht, auch durch sein Wesen Jesu Liebe weiterzutragen, sagte er einmal. Die Begegnungen, die er suchte, beschränkten sich nicht nur auf den kirchlichen Bereich. Er spielte zum Beispiel Volleyball am Obermain und bedauert es ein wenig, dass er trotz des sechswöchigen Urlaubs nicht so viele private Kontakte aufleben lassen konnte. "Viele Grüße an alle, die ich nicht mehr persönlich treffen kann", lässt er ausrichten.