Der Fall eines Obdachlosen in Lichtenfels stieß einer Leserin besonders sauer auf. Der Staat könnte eingreifen, hat aber nicht bei jedem Erfolg.
Empört wendete sich eine Leserin an die Redaktion. Seit Wochen hause ein Obdachloser in Lichtenfels unter der Laderampe eines Kaufhauses, sagte sie. Doch damit nicht genug. In der Nähe befinde sich eine Schule. Nach Schulschluss klettere er dort in die Mülltonnen, um sich weggeworfene Pausenbrote der Schüler zu sichern. Sie könne nicht verstehen, warum ein Mensch so leben muss.
Peter Zillig ist dieser Fall nicht bekannt. Dennoch hat der Leiter des Ordnungsamts Lichtenfels eine Vermutung, wer der Mann sein könnte. Schon im Winter gab es einen Obdachlosen, der wild campierte, sagt Zillig. Es könnte sich um den selben handeln.
Schon damals sei das Amt auf den Mann zugegangen, erklärt er. In der Krappenrother Straße stünden seit über 20 Jahren fünf Container. Zwölf Menschen könnten dort zeitweise wohnen, wenn sie keine Unterkunft hätten - jeder auf rund zehn Quadratmetern. Dazu komme ein gemeinschaftlicher Sanitär- und Aufenthaltsraum.
Container als letzte Möglichkeit
"Es muss niemand im Freien Leben", betont Zillig. "Wenn jemand obdachlos ist, wird er von uns untergebracht." Vorausgesetzt, er lebt im Stadtgebiet. Natürlich muss der Hilfesuchende auch in den Befragungen nachweisen, dass er weder bei Verwandten noch bei Bekannten unterkommen kann. "Sie müssen uns das schon glaubhaft machen", sagt Zillig.
Als die Mitarbeiter des Ordnungsamts im Winter dem campierenden Mann einen Platz in den Containern anboten, habe er sich geweigert, dorthin zu ziehen. Warum, das weiß Zillig nicht, denn der Obdachlose machte damals keine Angaben darüber, nur dass er lieber selbstständig bleiben wolle. "Es ist halt auch nicht immer die angenehmste Gesellschaft in den Containern", gibt der Beamte zu bedenken. "Da muss man mit Leuten zusammenleben, die man sich nicht aussuchen kann."
Fälle wie dieser seien eher selten, fährt Zillig fort. "Derjenige scheint eine Ausnahme zu sein." Ansonsten würden Obdachlose das Angebot sehr wohl annehmen. Fünf Menschen wohnen zurzeit in jenen vier Containern, die momentan in Betrieb sind. Die Auslastung sei immer konstant, weiß der Beamte. Zwei oder drei Zimmer seien immer frei.
Zusammenarbeit notwendig
Wie viele Menschen in der Stadt sonst kein Dach über dem Kopf haben, kann Zillig nicht sagen: Er wisse nur von den Fällen, die bekannt werden und von den Menschen, die sich beim Amt melden.
Die Handlungsmöglichkeiten der Stadt seien jedenfalls begrenzt. Die Stadtverwaltung könne nur eine Unterkunft anbieten. Die Betreuung und das Finanzielle regelten andere Ämter. Je nachdem, ob jemand erwerbsfähig im Sinne des Rentenversicherungsrechts ist oder nicht, seien Jobcenter oder Landratsamt zuständig (siehe Infokasten).
Die Arbeit des Landratsamts fängt schon vor der Obdachlosigkeit an. Gibt es eine Räumungsklage, informiere das Amtsgericht den Sozialhilfeträger, erklärt Andreas Grosch, Sprecher des Landratsamts Lichtenfels. Schon da kann das Amt eingreifen, um die Obdachlosigkeit zu verhindern.
Richtig schwierig werde es aber dann, wenn diese Notlage länger andauert, erklärt Grosch. Viele Vermieter würden sich scheuen, Obdachlosen eine Wohnung zu überlassen. Andererseits würden manchmal auch die Betroffenen Hilfe ablehnen. "Insbesondere weil sie den damit verbundenen Mitwirkungspflichten nicht nachkommen wollen oder können", so Grosch. Dies habe oft biografische oder sozialpsychiatrische Ursachen. Nur wenn jemand ernsthaft gefährdet sei, könne gegen den Willen der Betroffenen gehandelt werden.
Viele wurden arbeitslos oder abhängig
Warum jemand überhaupt obdachlos wird, dafür gibt es viele Gründe. "Man kann das nicht pauschal sagen. Jeder hat individuelle Gründe", sagt Peter Zillig. Laut einer
Umfrage des Statistik-Portals statista.com gaben rund die Hälfte aller befragten Obdachlosen in Deutschland an, dass sie ihre Arbeit verloren hätten oder unter einer Abhängigkeit leiden. Zudem seien rund 44 Prozent überschuldet und 40 Prozent könnten ihre Miete nicht zahlen.
Die Menschen, die in der Krappenrother Straße wohnen, dürfen erstmal sechs Monate bleiben. "Wir legen ihnen nahe, dass sie sich selbst wieder um eine neue Wohnung kümmern müssen", sagt Zillig. Sie müssen nachweisen, dass sie genau das tun. Sollten sie dabei keinen Erfolgt haben, dürfen sie über das halbe Jahr hinaus weiter in den Containern wohnen. Auch wenn deren Zustand nicht mehr der neueste ist, gibt Zillig zu. "Die Stadt ist aber jetzt bemüht, sie zu erneuern."
Diese Möglichkeiten hat der Staat, um bei Obdachlosigkeit zu helfen
Beratung Das zuständige Amt bietet den Betroffenen Beratung und Betreuung an, um ihre Notlage zu beenden. Dabei vermittelt es die Hilfesuchenden auch an andere Stellen - wie etwa an die Schuldnerberatung, die Suchtberatung oder Einrichtungen, die sozialpsychiatrische Beratung anbieten.
Mietschulden Über ein Darlehen übernimmt das Amt Mietschulden und gegebenenfalls Stromschulden.
Wohnungsbeschaffung Das Amt übernimmt die Kosten für Makler, Renovierung sowie über Darlehen auch die Mietkaution.
Ausstattung Zur Einrichtung einer Wohnung stellt das Amt Möbel, Hausrat und Kleidung.
Lebensunterhalt Es gibt Hilfen zum Lebensunterhalt (ALG II oder Sozialhilfe). Darin sind auch die Kosten der Unterkunft und der Heizung enthalten. Zudem gibt es Mietzuschuss (Wohngeld), auch für die Unterbringung in Notunterkünften.
Gesundheit Die medizinische Versorgung wird sichergestellt.
Erwerbstätigkeit Das Amt hilft bei der Eingliederung in den Arbeitsmarkt.
Anspruch Ob jemand rechtlichen Anspruch auf diese Leistungen hat, hängt vom Einkommen und Vermögen ab.