Noch sind viele Fragen zu klären
Autor: Tobias Kindermann
Kutzenberg, Mittwoch, 10. Mai 2017
Die Auflösung der Orthopädie und der Thoraxchirurgie in Kutzenberg ist ein durchaus komplexes Thema
Am Tag 1 nach der Sitzung des Krankenhausplanungsausschusses (KPA) in München ist vor allem eines klar: Es wird doch eine einigermaßen komplexe Aktion, die Übernahme der Orthopädie und der Thoraxchirurgie durch andere Kliniken in der Umgebung zu regeln. Zumindest, das ist nun klar, dürfen alle ernsthaft mitreden, die mitreden wollen - und das ist in dem Fall der bisher ausgeklammerte Klinikverbund Regiomed, der unter anderen die Kliniken in Lichtenfels und Coburg betreibt. Der Bezirk ist nicht dazu verpflichtet, diese Abteilungen zu betreiben - und macht aktuell Verluste dort.
Bisher hatte der Bezirk Oberfranken als Träger der Klinik in Kutzenberg nur mit Bamberger Einrichtungen, dem Klinikum Bamberg und der Jura-Klinik in Scheßlitz ernsthaft gesprochen - und sogar schon eine Berufsbörse für betroffene Mitarbeiter angeboten, bei der der Bezirk freie Stellen in eigenen Einrichtungen anbot, und die Bamberger Kliniken ebenfalls.
Das Ganze wurde begleitet von viel Kritik aus der Lichtenfelser Politik, parteiübergreifend von den im Kreistag vertretenen Parteien - und vor allem Landrat Christian Meißner (CSU), der zudem auch noch nicht einmal vorab informell von seinem Parteikollegen Günther Denzler einbezogen wurde. Und Denzler ist als Bezirkstagspräsident die initiierende politische Kraft hinter dem Beschluss. Meißner ist zudem auch noch Bezirksrat und Mitglied in dem Ausschuss, der die Entscheidung zur Schließung treffen sollte. Erst seit Ende Februar sind die Pläne des Bezirks einem größeren Kreis bekannt und öffentlich geworden.
Das Ganze sorgte natürlich für viel Unsicherheit unter den Mitarbeitern, die in Kutzenberg gehen müssen - 115 Vollzeitstellen sind betroffen. Denzler gab ihnen die Zusage, dass es ihnen vertraglich gesehen an den neuen Arbeitsplätzen nicht schlechter gehen werde. Das heißt Besitzstandsgarantie.
Nun wird im Prinzip neu verhandelt, eine Runde aus Politik und Fachvertretern soll in München im bayerischen Gesundheitsministerium zusammenkommen, es wird bereits intensiv nach einem Termin gesucht.
Erleben wir dort nun - um in die Sprache des Sports zu wechseln - ein Spitzenspiel zweier Mannschaften mit Mitgliedern Bamberger Provenienz contra nördlich gelegener Teilnehmer, entsendet von Regiomed? Nicht direkt, denn das Ministerium hat eigentlich schon ein Spielergebnis vorgegeben - ein einvernehmliches Unentschieden. Sozusagen ein 1:1.
Zunächst sollte man aber eines wissen. Bisher war bei den Anträgen der Klinikträger immer davon die Rede, man wolle soundsoviel Betten aus Kutzenberg übernehmen. Das ist eher in einem übertragenen Sinne zu verstehen: In Lichtenfels entsteht gerade ein Klinikbau. "Wir werden im neuen Haus etwas weniger Betten haben als im alten", sagt Regiomed-Hauptgeschäftsführer Joachim Bovelet. Etwas kürzere Verweilzeiten sowie eine bessere Auslastung sollen dafür sorgen, dass man trotzdem mehr Patienten behandeln kann. 30 Betten aus Kutzenberg würde man in der Orthopädie gerne übernehmen - da sie ohnehin mit Patienten aus dem Raum Lichtenfels belegt seien. Doch deshalb würde das neue Klinikum nicht plötzlich 30 Betten mehr haben. Anders sieht das beim Personal aus. Da ziehen mehr Patienten auch mehr Arbeitsplätze nach: "Deshalb können wir auch eine Garantie geben, entsprechend Personal zu übernehmen."
Auch in Bamberg sieht das am Klinikum so aus. Zum Oktober soll dort die Thoraxchirurgie als eigener Bereich in Betrieb gehen, mit einem Spezialisten an der Spitze, der zuvor in Kutzenberg arbeitete: Dr. Steffen Gerlach. "Die Abteilung ist noch im Aufbau", sagt Brigitte Dippold, Sprecherin am Bamberger Klinikum. Sie könne noch nicht sagen, wieviele Betten sie umfassen werde. "Aber wir werden natürlich Personal aus Kutzenberg übernehmen."
Ärzte sind also die Schlüsselfiguren im Spiel - und da bringt sich Regiomed auch in Stellung. Dort gibt es bereits ein solches Zentrum - in Sonneberg. Es soll nun auf das Klinikum Coburg ausgeweitet werden. "Wir werden einen neuen Mann haben mit sicher vergleichbarer medizinischer Qualifikation", sagt Bovelet.
Es gibt auch Gemeinsamkeiten
Es gibt auch Punkte, wo man die Kooperation sucht. Gemeinsam mit dem Bezirksklinikum Kutzenberg will das Bamberger Klinikum ein Lungenkrebszentrum aufbauen. Dafür könnte man zusammen auf die notwendige Fallzahl kommen. "Hier könnten wir uns vorstellen dabei zu sein. Es gibt je Bereiche, in denen wir viele Gemeinsamkeiten mit Bamberg haben." Im Bereich der Labormedizin gibt es schon eine Zusammenarbeit. Und die Orthopädie? Die Juraklink Scheßlitz möchte die Orthopädie als dritten Bereich ihrer Chirurgie einrichten, sagt Sprecherin Christiane Schlereth. Dazu würde man dann ein drittes Ärzteteam aufbauen - für die im übertragene Sinne Kapazität von 30 Betten aus Kutzenberg.
Wobei man unweigerlich zu einer weiteren Personalie kommt. In Kutzenberg ist Dr. Alexandra Barthmann als Spezialistin für orthopädische Chirurgie tätig. Wo wird sie künftig arbeiten? In Lichtenfels? "Sie würde sich fachlich wunderbar mit Dr. Jörg Harrer ergänzen", sagt Bovelet. Harrer kam kürzlich vom Klinikum Bamberg, seit 2014 leitete er dort das Endoprothetikzentrum. Wenn 2018 das neue Haus in Lichtenfels bezogen wird, soll Harrer die Leitung der Gesamtklinik Orthopädie und Unfallchirurgie übernehmen.
Bekommt am Ende jeder etwas? Denkbar. Alle Beteiligten treten zwar selbstbewusst auf, aber man gibt sich moderat. Vom Bezirk Oberfranken etwa kommt im Nachgang zur gestrigen Sitzung des KPA folgende Stellungnahme: "Das Gesundheitsministerium hat weitere Gespräche mit dem Klinikverbund Regiomed zur Frage der Bettenverlagerung angeregt. Wir werden uns an diesen Gesprächen konstruktiv und zielorientiert beteiligen und unterstützen weiterhin den Antrag von Regiomed, die nicht verplanten Betten des Bezirksklinikums Obermain in der Gesundheitsregion Oberfranken zu halten."
Alle hoffen auf zügige Entscheidungen - vor allem die Mitarbeiter. Die spielen zwar nicht mit - sind aber vom Ergebnis direkt betroffen.