Die Förderperiode für die Mehrgenerationenhäuser läuft bald aus, aber das Rote Kreuz im Landkreis Lichtenfels schmiedet Pläne. Es hat in Michelau in direkter Nachbarschaft zu der von ihm betriebenen Einrichtung in der Schneyer Straße zwei Grundstücke erworben.
In der Schneyer Straße fallen die drei Herren vom Roten Kreuz an diesem Nachmittag auf, als sie einmal um die Grundstücke mit den Hausnummern 25 und 27 herumgehen. Dass der BRK-Kreisverband die unmittelbar an das von ihm betriebene Mehrgenerationenhaus (MGH) angrenzende Fläche samt der Gebäude darauf gekauft hat, scheint sich hier schon herumgesprochen zu haben. "Wenn die mehr Platz brauchen...", meint eine Nachbarin verständnisvoll. Eine weitere Frau, die gerade mit dem Fahrrad vorbeikommt, hat einen sehr persönlichen Bezug zum Mehrgenerationenhaus und kennt daher dessen Leiter Frank Gerstner: Ihr Mann verbringt den Nachmittag in der Demenz-Betreuungsgruppe. Dieses Angebot, das sowohl Betroffenen als auch ihren Angehörigen gut tut, könne sie nur empfehlen.
Mit dem Zukauf von Fläche verfolgt das Rote Kreuz konkrete Pläne.
Seit einigen Jahren schon habe man ein Auge auf das Nachbargrundstück geworfen, bestätigen Kreisvorsitzender Jürgen Zürbig und Kreisgeschäftsführer Thomas Petrak. Als die eine Doppelhaushälfte zur Versteigerung anstand, griff man zu, und erwarb im Januar auch den daran hängenden Gebäudeteil samt Grundstück, insgesamt 615 Quadratmeter, direkt an der Schneyer Straße. Die Investition beziffert Zürbig auf rund 50.000 Euro, die Kosten für den Abriss von Haus und Scheune schon eingerechnet, denn der sei aufgrund der schlechten Bausubstanz unumgänglich.
"Wir werden dort nicht nur Parkplätze bauen", hatte Zürbig in einer ersten Stellungnahme verkündet, auch die Wasserwacht solle von den neuen Möglichkeiten profitieren.
Auf Nachfrage wird er konkret: Geplant sei der Neubau eines Katastrophenschutzzentrums für Wasserwacht und BRK-Bereitschaften, mit Büros und Unterstellmöglichkeiten für Fahrzeuge und Boote. Die sind jetzt auf verschiedene Standorte verteilt, in angemieteten Garagen.
Angebote für Groß und Klein Die 2008 durch die damalige Familienministerin Ursula von der Leyen eröffnete Einrichtung ist gut ausgelastet. "Manchmal muss ich arg jonglieren, dass ich Räume nicht doppelt belege", sagt ihr Leiter Frank Gerstner. Eine Fachstelle für pflegende Angehörige ist hier angesiedelt, die schon erwähnte Betreuungsgruppe, eine Hausaufgabenunterstützung für Kinder aus sozial schwachen Familien oder solchen mit Migrationshintergrund, es gibt Sprachkurse für Asylbewerber. Eine Großtagespflege ermöglicht flexible Kinderbetreuung.
Die barrierefreien Räume werden gerne von Selbsthilfegruppen, aber auch von Vereinen genutzt. Es gibt ein breit gefächertes Kursangebot für Groß und Klein, eine Cafeteria, in der auch ein Mittagessen angeboten wird. Konkurrenz zu Cafés und Gaststätten sei man nicht, meint Gerstner. Das preisgünstige Angebot ziele nicht auf Gewinn ab; es richte sich an diejenigen, die sonst eher nicht woanders hingehen würden.
Etwa die Hälfte der Nutzer kommt aus der Gemeinde selbst, die andere Hälfte aus dem Landkreis Lichtenfels oder an ihn angrenzenden Orten. Jugendliche sind im Vergleich zu den Anfangsjahren nicht mehr so viele darunter, aber das liegt nach Gerstners Einschätzung daran, dass seither der Ganztagsunterricht an den Schulen deutlich zugenommen hat.
Gefragt sind Angebote der Einrichtung bei 14- bis 18-Jährigen immer noch: Für den nächsten Babysitterkurs haben sich schon 20 angemeldet.
Obwohl es gut läuft, ist die Zukunft des Mehrgenerationenhauses nicht gesichert, denn zum Jahresende endet der zweite Förderzeitraum. Seit 2012 hatte die Einrichtung jährlich 30.000 Euro vom Bund bzw. aus dem Europäischen Sozialfonds sowie jeweils 5000 Euro von der Gemeinde und vom Landkreis erhalten. Trotz des aus Raummieten und Angeboten erwirtschafteten Eigenkapitals könnte man ohne Zuwendungen die Personalkosten nicht decken. Keines der 450 Mehrgenerationenhäuser in ganz Deutschland kann das. Und es darf angezweifelt werden, dass eine solche Einrichtung das schaffen wird. "Vielleicht irgendwann", meint Frank Gerstner. Vielleicht könne man die Demenzbetreuung ausbauen und dann auch Gelder aus der Pflegekasse erhalten.
Das niedrigschwellige (Betreuungs-)Angebot soll auf alle Fälle erhalten bleiben.
Eine Unterstützung durch den Landkreis wurde schon beim letzten Antrag nur zögerlich bewilligt. Einen permanenten Zuschussbetrieb wollten die Kreisräte nicht. BRK-Kreisgeschäftsführer Petrak merkt an, dass man die Problematik auch aus anderen Bereichen kenne, wenn der Bund etwas initiiert, aber nicht klar ist, wie die Finanzierung anschließend geschultert werden kann.
Dennoch blickt die BRK-Führung im Landkreis "vorsichtig optimistisch" in die Zukunft, wenn es um den Fortbestand des MGHs geht. Hätten doch die Regierungsparteien im Koalitionsvertrag festgehalten: "(...) werden wir die Voraussetzungen schaffen, um eine dauerhafte Zukunft der Mehrgenerationenhäuser zu sichern (...)". Man wisse zwar nicht, wie die Regierung diesen Passus umsetzen wird, aber das Zitierte "geht über eine Absichtserklärung hinaus". Petrak stellt
auch heraus, dass das Haus ein wichtiger Baustein im seniorenpolitischen Konzept des Landkreises ist. Noch in diesem Monat werden sich die Leiter der bayerischen MGHs mit der Sozialministerin in München treffen. Trotz aller offenen Fragen ist BRK-Kreisvorsitzender Zürbig sicher, mit dem Ankauf des Grundstückes eine wichtige Chance ergriffen zu haben. "Wir hoffen ja nicht nur, dass das Mehrgenerationenhaus weiterbesteht, sondern dass es sogar ausgebaut werden kann." Davon würden sowohl die Michelauer als auch die Landkreisbevölkerung profitieren.