Gerd Glätzer ist einer von neun Männern, die im Landkreis Lichtenfels zur Unterstützung der Naturschutzbehörde unterwegs sind. Nicht immer ist die Lage dabei ganz entspannt.
Die Spitze eines Nordic-Walking-Stockes war auf die Brust des Rentners gerichtet. Durchbohren würde er ihn, so die Drohung des Mannes mit der Hand am Stock, beschimpft und beleidigt hatte er ihn schon. Hintergrund sei vermutlich die Aktivität des 68-Jährigen als Naturschutzwächter, schrieb die Polizei zu diesem schon länger zurückliegenden Vorfall.
So etwas ist Gerd Glätzer aus Hochstadt noch nicht widerfahren, wenn er in selbiger Funktion unterwegs war. Aber nicht immer stoßen seine Hinweise auf Einsicht. Im vergangenen Jahr sei eine Frau einmal völlig ausgeflippt, als er sie da rauf hingewiesen habe, dass einer ihrer freilaufenden Hunde gerade wildere. Letztlich schienen ihm in dieser Situation weder der amtliche Ausweis noch ein Zeuge (er war mit einem Kollegen unterwegs) wirklich hilfreich.
Er habe sich nur gedacht: "Hoffentlich sieht uns keiner - sonst könnte man womöglich denken, wir tun der Frau was!" Er habe sich dann darauf beschränkt, dem Jagdpächter vor Ort einen Hinweis zu geben, er weiß nicht, was daraus geworden ist.
Frei laufende Hunde Hundebesitzern, die ihre Hunde beim Spaziergang frei laufen lassen, aber im Zweifelsfall keinen Einfluss auf deren Verhalten haben, begegnet Glätzer häufig. Gerade zur Brutzeit von April bis Juli sollten Hunde in der Nähe von Weihern und Baggerseen an die Leine, betont er. Nicht in jeder Gemeinde gibt es eine entsprechende Verordnung für Hundehalter. "Ich versuch's immer mit gutem Zureden", sagt Gerd Glätzer. Ob er damit ein Umdenken erreichen kann, da ist er sich nicht so sicher.
Trotzdem geht er immer wieder auf Menschen zu, die sich in Wald und Flur nicht so verhalten, wie sie sollten - weil er die Natur liebt und es für wichtig erachtet, dass sie geschützt wird.
Ein Naturschutzwächter hat per Baye rischem Naturschutzgesetz die Befugnis, jemanden vorläufig festzunehmen. Aber so will der 52-Jährige eigentlich nicht auftreten, er hält lieber den Ball flach. "Wir sollen ja nicht Polizisten spielen, sondern aufklärend wirken." Das bedeutet für ihn: freundlich sein und möglichst vor Ort nach einer Lösung suchen.
Die Persönlichkeit ist wichtig, wenn man als Naturschutzwächter unterwegs sein und akzeptiert werden will. Ein sicheres Auftreten und etwas Diplomatie gehören dazu. "Das Wichtigste ist die Verhältnismäßigkeit der Mittel", meint Glätzer.
Mit einem kleinen Mädchen auf einer Orchideenwiese müsse man anders umgehen als mit einem Erwachsenen, der im Wald Müll ablagert. Zu Strafanzeigen sei es noch nicht oft gekommen, obwohl er den Job schon seit über 20 Jahren macht.
Umweltsündern auf der Spur Wie wird man überhaupt Naturschutzwächter? Im Landkreis Lichtenfels waren damals, als das Landratsamt diesen ehrenamtlichen Dienst einrichtete, die hier tätigen Naturschutzvereinigungen angeschrieben und gebeten worden, fachkundige Personen vorzuschlagen. Ein Team von zehn Personen ist seither zur Unterstützung der Unteren Naturschutzbehörde vorgesehen. Seit dem Tod eines Naturschutz wächters im vergangenen Jahr fehlt jemand, für den in den nächsten Monaten ein Nachfolger ernannt werden soll.
Zwischen 50 und 75 Jahre alt sind die neun Männer, die regelmäßig in ihren Gebieten vom Maintal über den Staffelberg bis hin zur Weismain-Alb unterwegs sind. Fünf von ihnen stehen - wie auch der Werkzeugmacher Gerd Glätzer - noch im Berufsleben, die anderen sind Rentner. Vor kurzem gab es nach langer Zeit wieder ein gemeinsames Treffen. Künftig will man sich mindestens einmal im Jahr austauschen.
Die Naturschutzwächter müssen Buch führen über die Stunden, in denen sie unterwegs waren und die Beobachtungen, die sie dabei gemacht haben - vom Biber-Bau bis zum möglicherweise ertappten Umweltsünder. Dann bekommen sie dafür eine Aufwandsentschädigung. Es gibt kein Stunden-Soll, nur einen Richtwert.
Jemand, der so gern in der Natur unterwegs ist wie Gerd Glätzer, braucht dafür keinen behördlichen Anstoß.
Seit ihn als Jugendlicher ein anderer Hochstadter mit seiner Begeisterung für die Vogelwelt ansteckte, mag er von seinem Hobby nicht mehr lassen. Er hat sich viel Wissen angeeignet, ist ehrenamtlich beispielsweise für das Max-Planck-Institut für Ornithologie tätig. Er weiß, wann und wo man im Landkreis einen Uhu erleben kann, bemerkt, wenn die Krähen an seinem Wohnzimmerfenster vorbei zu ihrem Schlafplatz fliegen.
Er hat einfach ein Auge für die Natur, besonders für ihre gefiederten Bewohner, und ist mit Freude dabei. Seine Aufgabe in der Naturschutzwacht kann er mit seinem Hobby gut verbinden. Und wenn es dann doch einmal zu unerfreulichen Begegnungen kommt, ficht ihn das nicht an. Über jene Hundehalterin spricht er ganz gelassen. Ja, er würde sie wiedererkennen.
Nein, persönlich nehme er das nicht. Vielleicht liegt der Grund dafür in einem anderen Hobby: Gerd Glätzer ist Fußball-Trainer. Und am Spielfeldrand kann sich ja auch nicht jeder benehmen...
Die Naturschutzwächter in Kürze Kreis Lichtenfels Wilhelm Ebitsch (zuständig für den Bereich Ebensfeld), Paul Krauß (Staffelstein-Nord), Ulrich Völker und Hans-Werner Herold (Staffelstein-Süd), Rudolf Krapp (Lichtenfels-Nord), Benedikt Reuther (Lichtenfels-Süd), Gerd Glätzer (Michelau, Marktgraitz, Marktzeuln, Redwitz, Hochstadt), Dieter Weberpals (Burgkunstadt, Altenkunstadt), Hans Knorr (Weismain).
Aufgaben Kontrollen in Schutzgebieten, Überwachung von Betretungs- bzw.
Kletterverboten (von wertvollen Lebensräumen); Meldung von Gesetzesverstößen (Müllablagerungen, wildes Zelten etc.); Beteiligung an Artenschutzmaßnahmen
Ausbildung In zwei jeweils einwöchigen Lehrgängen vermittelt die Akademie für Naturschutz und Landschaftspflege in Laufen (Berchtesgadener Land) rechtliche und fachliche Kenntnisse, die in einer Eignungsprüfung nachgewiesen werden müssen.
ich sprach auch mal ne hundehalterin in einem ausgewiesenen landschaftsschutzgebiet auf ihren freilaufenden hund an, absolut im höflichen tonfall. ihre antwort: kümmern sie sich um ihren eigenen dreck.