Mit Herzblut auf der Seebühne
Autor: Markus Häggberg
Bad Staffelstein, Sonntag, 12. Juli 2015
Die Theatergruppe Schwürbitz zeigte in ihrem "Weißen Rössl" am Bad Staffelsteiner Kurparksee dramaturgische Perlen. Der fränkische Dialekt störte unseren Kritiker an manchen Stellen. Eine Aufführung mit Licht und Schatten.
Ausverkauft - gut. Tolles Bühnenbild - auch gut. Häufig fränkische Mundart in österreichischer Handlung - weniger gut. Die Inszenierung von "Im weißen Rössl" durch die Theatergruppe Schwürbitz auf der Seebühne im Kurpark bot am Wochenende einen Singspielklassiker, nette Regieeinfälle und großes Statistenaufgebot. Und Licht und Schatten.
In der vordersten Reihe saß am Freitag ein Mann, der sehr wahrscheinlich noch am besten sagen konnte, ob das "Weiße Rössl" gut getroffen war. Thomas Selinger ist nicht einfach nur ein Künstler, der derzeit eine Ausstellung im Kurpark laufen hat. Der Mann ist ein Insider, Kenner der Materie und das ganz besonders aus der Sicht des Zahlkellners Leopold, jener heiter-tragischen Bühnenfigur, die singen muss und leiden kann.
Die Herren kennen einander, denn Selinger hat das Plakat für die Aufführung entworfen. "Da ist Herzblut drin", befindet der einstige Kellner und heutige Maler Selinger zur Aufführung. "Seit Monaten verfolge ich das über Facebook", sagt er und erinnert sich an die Phasen der Entstehung, in denen er in Salzburg mitgefiebert habe.
Mal ein Ohr zudrücken
Das typische Gelb des Hauses wurde im Bühnenbild eingefangen, die Hektik und der schnelle Gast im Haus auch. Darüber hinaus erlebten nahezu 1000 Gäste im Halbrund des Kurparks bei bestem Wetter eine Aufführung, bei der sich gelegentlich die Frage stellte, wie man zu ihr stehen soll. Einerseits sind Herzblut und zeitaufwendiges Engagement einer Laienschauspielgruppe wertzuschätzen. Andererseits hat man auch zehn Euro Eintritt gezahlt. Und dann darf man sich eben doch daran stören, wenn Wirtin Josepha Vogelhuber (gespielt von Andrea Appel) in aller fränkischer Breite bei ihrer Anweisung an einen Bediensteten von "Gebäck" spricht, aber Gepäck meint. Selbst dem ansonsten recht passabel berlinernden Trikotagenfabrikanten Giesecke (Stefan Motschenhuber) entfuhr bei der Essensbestellung ein "Kartoffelbuffer mit Breiselbeeren". Arbeit für Regisseurin Gabi Freitag. In den Gesangseinlagen überzeugte der von der Liebe zur Rössl-Wirtin geschundene Zahlkellner, dessen Tonlage auf halbem Wege zwischen Tenor und Bariton lag. Ansonsten musste das Publikum auch mal ein Ohr zudrücken. Aber die berühmten Melodien von Ralph Benatzkys (1884-1957) Singspiel sind berühmt genug, um doch zu erfreuen: Im weißen Rössl am Wolfgangsee, Im Salzkammergut, da kann man gut lustig sein und viele mehr.
Highlights? Die gab es, Perlen sogar, echte dramaturgische Kühnheiten mitunter. Dann, als sich zwei Darsteller über vier Meter Entfernung einen Hut zuwarfen. Das kann man proben - gewährleisten und wiederholen kann man das Fangen auf der Bühne nicht. Vabanque, Risiko, Theater.
Der Kaiser im Schelch
Spätestens beim Auftritt von Kaiser Franz Joseph II (Flori Hofmann) war klar, warum der Kurpark samt See die passende Kulisse war. In einem Schelch vorangestakt, mit zwei Schützen als Wache und huldvoll winkend betrat der Monarch die Bühne vom Eingang kommend, durch sein Statistenvolk schreitend. Gütig hat er zu sein, der Monarch, lebensklug und menschelnd. Seine Einsichten sollten es sein, die der Wirtin Anstoß gaben, sich bei all den Liebesirrungen und Ränken um sie herum ihrem Zahlkellner doch noch zuzuwenden. Dafür musste Flori Hofmann singen, rührend gar sein "´s ist einmal im Leben so".
Was bleibt unterm Strich? Gute Regieeinfällen, Wertschätzung für sechsmonatige Proben, Massenaufgebot mit Schelch und Böllerschützen, ein tolles Kostüm- und Bühnenbild und die Erinnerung an einen bunten Sommerabend. Herzblut, würde Thomas Selinger zusammenfassend sagen.