Mit dem eigenen Bus von Festival zu Festival
Autor: Markus Häggberg
Lichtenfels, Dienstag, 16. Juli 2019
Wie fünf junge Menschen vom Obermain zu einer rollenden Behausung mit Küche und Schlafzimmer kamen.
Doch, an einem der Folgetag, so gibt David Hain gerne zu, habe er sich ungefähr das gedacht: "Mann, was hast du bloß gemacht - oh Mann!" Der junge Mann schüttelt den Kopf, lacht aber dabei. Denn was sich der 29-jährige Schneyer vor zwei Jahren durch einen Kauf aufgebürdet hat, ist aus seinem Freundeskreis nicht mehr wegzudenken. Jetzt hat man einen einstigen Stadtlinienbus, der als Behausung, Küche und Schlafzimmer von Festival zu Festival rollt. Es ist die Geschichte der nüchternen Folge einer herrlichen Schnapsidee und des süßen Vogels Jugend. Oder so ähnlich.
Auf Sizilien rumgekurvt
Man ist beisammen, hier in Michelau und auf dem großen Parkplatz. Hier steht er, Baujahr 1990, ein Mercedes Benz 0 405. Irgendwann ist mal herausgekommen, dass der Bus auch schon mal auf Sizilien rumkurvte. Jedenfalls wurde er 1990 von der SÜC angeschafft und fuhr brav im Stadtlinienverkehr. Dann wurde nach anderswo verkauft und fuhr wieder Linien. Doch weil das Ding dann auch weit mehr als 800 000 Kilometer auf dem Tacho hatte, war sein Verkaufspreis keine Unsumme mehr.
Was Hain mit dem Ding vorschwebte, war, es so umzugestalten, dass er mit Freunden und Freundinnen auf Rock-Festivals fahren kann und ein Zuhause hat. Darum haben er, die Lichtenfelserin Mareike Link (21), der Kulmbacher Fabian Rubert (20), die Mistelfelderin Annika Fischer (21) und der 22-jährige Redwitzer mit dem Endlosnamen Marius Detlef Espinoza Morales Cao Torres Wittmann eine Gemeinschaftskasse, darum zahlen sie ein, damit getankt werden kann, damit der TÜV bezahlt werden kann, damit anfallende Reparaturen gedeckt sind - damit das Ding eben läuft. Eine Charakterisierung der eigenen Truppe hat man auch gefunden: "Wir haben drei mit Abitur im Bus - der Rest hat Bauernschläue."
"Motörhaub" wie Motörhead
Vor allen Dingen aber haben die fünf jungen Leute einen Humor zwischen Subtilität und anarchischen Auswüchsen. Zwei Beispiele: Die Heavy-Metal-Band Motörhead schreibt sich in einem ganz bestimmten Schriftzug. Und in diesem steht vorne über dem Mercedesstern "Motörhaub". Hinten, dort wo der Motor sitzt, steht auf der Fensterscheibe "Motörhome". Logisch.
Auch tuckert der Bus manchmal mit seltsamen Botschaften durch die Lande. Denn oberhalb der Fahrerkabine, dort wo die Menschen bei Linienbussen nun mal ablesen können, wo die Fahrt hingeht, kann man ja Sätze schreiben. "Busfahrer ist Single" beispielsweise oder "Wir haben Bier". Oder: "Mutti, der Mann mit dem Bus ist da" bzw. die eine oder andere charmante Frivolität. Wenn man jung ist, hat man halt Flausen im Kopf und provoziert auch gerne. Nur einmal habe Bluetooth gestreikt und man habe eine darüber gesteuerte geschriebene Peinlichkeit nicht mehr wegbekommen. Peinlich, peinlich.
Alkohol und Übermut
Wie Hain, der beruflich "Trucker" ist, überhaupt zu dem Bus kam, ist schon wieder so eine Story. Er kannte den Busunternehmen und weil man von ihm wusste, dass er selbst einen VW-Bus fuhr, lag es für irgendwen auf der Hand, dass das doch so ziemlich dasselbe wie ein solcher zehn Tonnen schwerer Koloss sei. Und möglicherweise waren auch ein ganz klein wenig Alkohol und Übermut bei der Kaufentscheidung im Spiel. Aber Hain ist "Trucker", beherrscht diese PS und Tonnen und danach gefragt, ob er ansonsten noch irgendwelche Zusatzqualifikationen hat, gibt er launig wider: "Das Seepferdchen" (Schwimmabzeichen).
Von Mareike Link bis Marius Detlef Espinoza Morales Cao Torres Wittmann findet der Witz Anklang. So wie ein anderer Witz, der in Form eines riesigen Schraubenschlüssels nahe am Fahrer platziert liegt. Der diene dazu, die "Busregeln" durchzusetzen und wer nicht spurt ... Man lacht.