Mit Bier, Schnaps und einer Fahne
Autor: Matthias Einwag
Bad Staffelstein, Mittwoch, 15. Mai 2019
In den vergangenen Jahren kam es am Vatertag immer wieder zu Alkohol-Exzessen. Die Menschen am Obermain halten von der Unsitte öffentlicher Besäufnisse nichts.
Was gibt es Schöneres, als im Mai mit Freunden durch die grüne Natur zu wandern? Doch dabei wird man(n) durstig. Aus diesem Grund hat es sich seit Jahren eingebürgert, Bier und Hochprozentiges auf einem Bollerwagen mitzuführen. Das hat regelmäßig zur Folge, dass die Maienwanderer schon vorgeglüht hatten, bevor sie das Ziel - meist einen Festplatz - erreichten. Dahinter steckt vielleicht ein gewisser Fatalismus. Einem Schlager zufolge droht schließlich eine kosmische Katastrophe die Menschheit auszulöschen: "Am 30. Mai ist der Weltuntergang - wir leben nicht mehr lang..."
Besonders das Dorffest in Wiesen ist am "Herrentag" ein Zielpunkt von Bollerwagenkonvois. Inzwischen sind die Wiesener jedoch vorbereitet auf die torkelnden Besucher. Die Veranstalter haben auch in diesem Jahr wieder eine professionelle Security-Agentur beauftragt, die Suffköpfe aufzuspüren und sie aus dem Verkehr zu ziehen.
Engelbert Lieb, der Vorsitzende des Gartenbauvereins: "Seit wir die Security haben, ist nichts mehr vorgekommen. Die haben das gut im Griff." Vor einigen Jahren, ergänzt er, seien 300 bis 400 alkoholisierte junge Menschen in Wiesen eingefallen. Im vergangenen Jahr waren's hingegen nur noch rund 100 Bollerwagenlenker - aber zu diesem Zeitpunkt sorgte auch die Security schon für Recht und Ordnung. Die schwarzen Sheriffs kontrollierten nämlich ankommende Gruppen schon am Ortseingang und ließen Trunkenbolde gar nicht erst zum Dorfplatz vordringen.
Vom Staffelberg nach Stublang
"Das war früher nicht ganz so arg wie heute", sagt der Stublanger Brauer Thomas Hennemann, "und seit ich Vater bin, mach' ich eh nicht mehr mit". Am Vatertag stehe er ohnehin hinter seiner Theke am Zapfhahn, denn erfahrungsgemäß sei an diesem Tag viel los in der Gastwirtschaft - egal, ob's regnet oder sonnig ist. "Die kommen dann vom Staffelberg runter und geh'n beim Hennemann 'nei", kommentiert er das. Vor allem junge Männer im Alter zwischen 18 und 25 beteiligten sich an diesen feuchtfröhlichen Ausflügen.
Über die "Bollerwagen-Connection" ist Staffelberg-Klausenwirt Gottfried Schmitt sehr verärgert. Dutzende Gruppen nähmen sich alljährlich den Staffelberg als Ziel. Diese 16- bis 25-jährigen Männer und Frauen hinterlassen vor allem Schmutz, das hat er in den Vorjahren oft feststellen müssen. Solche Staffelberg-Besucher kämen inzwischen am 1. Mai häufiger als am Karfreitag, weil in Nedensdorf seit einigen Jahren kein Dorffest mehr stattfindet.
"Der Vatertag ist zweigeteilt", stellt der Nedensdorfer Braumeister und Gastwirt Reinhold Reblitz fest. Vereins- und Dorffeste wie jenes in Wiesen seien Anlaufpunkt für die Bollerwagen-Gruppen. Familienväter hingegen kehrten mit Frauen und Kindern lieber in Gasthäusern ein - dort "geht's traditionell und gemütlich zu". "Schwierigkeiten mit Fußgruppen hatten wir in der Gastwirtschaft noch nie", fügt er an. Ausgeartet seien deren Visiten beim Fest am 1. Mai, das nicht mehr stattfindet.
Vorzeitiger Zapfenstreich
"Teilweise ist es schlimmer als es gezeigt wird", klagt der Brauer Andreas Trunk aus Vierzehnheiligen. Aus leidvoller Erfahrung der Vorjahre weiß er, dass Karfreitag und 1. Mai die beiden Tage sind, an denen in der Öffentlichkeit am meisten gesoffen wird. Aus diesem Grund schließt er seine Gaststätte und den Biergarten an diesen beiden Tagen einige Stunden früher als gewöhnlich. Zur Problemgruppe seien in Vierzehnheiligen nicht nur 16- bis 25-jährige Männer und Frauen zu rechnen, sondern auch Wanderer, die unterwegs den Flachmann zücken: "Es sind nicht nur Bollerwagenfahrer, sondern auch Leute mit Rucksäcken. Die Mittelaltergeneration ist auch dabei, die sich ein verlängertes Wochenende gönnt und den Bierweg abwandert." Ob er den Ausschank am Vatertag vorzeitig schließt, weiß er jetzt noch nicht. Er will abwarten, wie sich die Leute benehmen und behält sich vor, das Rollo vor dem Tresen herunterzulassen, wenn der Alkoholpegel der Besucher allzu hoch werden sollte.