Mississippi-Sound im Kurpark
Autor: Markus Häggberg
Lichtenfels, Mittwoch, 05. August 2015
Rund 200 Besucher erlebten in Bad Staffelstein einen literarisch-musikalischen Abend der Extraklasse, bei dem vor allem Marc Breitfelder mit der Bluesharp melancholische Stimmung verbreitete.
Klartext: Wir reden nicht von Mundharmonika. Im Blues heißen die Dinger Harfen, Bluesharfen - Blues harp also. Sie sind der erdige Sound, sie tönen vom Mississippi und den Irrungen der Welt, der Liebe, dem Lachen. Ein solcher Bluesabend fand am Dienstag im Kurpark statt. Die Schirmherrschaft dazu war ungewöhnlich: Fränkischer Theatersommer.
So saß man da, bildete einen inneren Kreis im inneren Kreis. Nicht jenseits des Wassergrabens nämlich, sondern auf der Seebühne umringten die Zuschauer sitzend das Trio aus Georg Schroeter (Piano), Achim Erz (Schlagzeug) und Marc Breitfelder (Bluesharp). Aber wie passt der Fränkische Theatersommer da rein und was machte Jan Burdinski auf der Bühne?
Ein dichtender Bauer
Der eine Teil der Antwort liegt bei Matthias Stührwoldt aus Stolpe; ein Bauer, ein mit den Musikern befreundeter dichtender Bauer, ein urkomisch dichtender
Der andere Teil der Antwort liegt darin, dass der Theatersommer in aktueller Spielzeit Abende zur Blueslegende Billie Holiday ausrichtete. Es war eine im guten Sinne eigentümliche Melange aus kraftvollem Blues und einer Stimmung, heraufbeschworen durch wohlige Schnurren á la "Neues aus Büttenwarder". Gestandene Musiker, alle drei. Aber besonders Schroeter und Breitfelder haben sich in der Welt schon umgesehen: Kanada, USA, Island, Schweden, Estland, Griechenland und den Rest Europas - Profimusiker eben, Reisende.
Ihre Ausrüstung zeugt davon, so wie der herrlich abgegriffene alte Gibson-Verstärker, bei dem man sich unweigerlich fragt, ob es wohl noch Ersatzteile dazu gibt. Oder die über 40 Blues harps, die in einer schützenden Vorrichtung steckten.
Offene Münder
Was Breitfelder durch die Kanzellen seiner Harmonikas sog und stieß, blieb unglaublich. Er phrasierte typische Riffs weit aus, er nahm Anklänge anderer Songs auf. Kunstvoll bei dem Klassiker "I am a King Bee", der durch die Bluesharp ins Thema des Rolling-Stones-Songs "Miss you" mündete. Und wenn Breitfelder in die Knie und Hocke ging, um sich seinem Verstärker anzunähern und entstehende Kopplungseffekte zu Musik zu verarbeiten, blieben Münder offen.
Der Mann spielt, lebt und leidet Bluesharp. Aber er und Schroeter sind auch nicht irgendwer. Erstmalig in der 27-jährigen Geschichte der International Blues Challenge gewannen diese beiden Europäer den Wettbewerb in der Heimat des Blues: Memphis, USA.
Atmosphärisch dicht, erdig, authentisch und doch poetisch, gelang der Abend samt seiner thematischen Abweichungen in beste norddeutsche Kleinkunstliteratur, weitab von Memphis. Mit dem denkbar sachtesten aller möglichen Tastenanschläge unterspielte Schroeter "Kein schöner Land" zu einer anrührenden Stührwoldt-Erinnerung an dessen Großeltern. Auch Schroeter zeigte sich spiellaunig, energiegeladen, aufrichtig musizierend, so besinnlich wie fröhlich, mit erstaunlichen Eigenkompositionen (Driving down south) und so präzise und exakt wie Drummer Erz, der sich wiederum in den besten Kreis der Hamburger Szene trommelte.
Gut 200 Besucher kamen, lauschten, staunten, tanzten auch. Es entstand Nähe zwischen Musikern und Zuhörern, Verbindung bei Sonnenuntergang. Es war nicht Memphis, aber Bad Staffelstein. Vor allem aber war es satt und gut.
2541: Des Mundharmonikaspielers Auswahl.
2562: Jan Burdinski (r.) kurz vor dem Lachanfall: Gleich wird ihm das herrlich Groteske des Textes zusetzen.
2549: Band unter Dampf.
2587: Ein Abschied unter Händeschütteln und Danksagungen: Georg Schroeter dürfte den Kurpark in guter Erinnerung behalten.
2558: Kopplungseffekte suchend, um selbst diese musikalisch zu verarbeiten: Breitfelder nah am Verstärker.
2549: Eine Band unter Volldampf