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Millioneninvestition in Michelauer Kläranlage


Autor: Ramona Popp

Michelau, Dienstag, 17. Februar 2015

Obwohl die Reinigungsleistung einwandfrei ist, bereitet der Abwasserzweckverband Marktzeuln-Michelau umfassende Erneuerungen für die Kläranlage vor. Daran führt nach dem Wasserrecht kein Weg vorbei. Die Bürger müssen sich darauf einstellen, zur Kasse gebeten zu werden.
Norbert Eiser, Geschäftsführer des Abwasserzweckverbandes Michelau-Marktzeuln, im Gespräch mit Robert Kober, stellv. Betriebsleiter der Kläranlage, vor dem Belebungsbecken mit einem Durchmesser von 42 Metern und einem Fassungsvermögen von 5800 Kubikmetern. Es ist aus Beton, 30 Jahre alt und nie leer. "Wir wissen nicht, wie's unten aussieht", sagt Kober. Foto: Ramona Popp


Der Bürgermeister wollte die Bevölkerung schon mal vorgewarnt haben. In den nächsten Jahren kommt was auf sie zu - entweder höhere Abwassergebühren, oder Beitragsrechnungen oder beides. In der Kläranlage des Abwasserzweckverbandes Marktzeuln-Michelau steht der Neubau eines Beckens an, und das ist nur ein Punkt einer umfangreichen Sanierung, die für die nächsten Jahre vorgesehen ist. In seiner Eigenschaft als Verbandsvorsitzender sprach Helmut Fischer (CSU) in der Jahresschlusssitzung also von erheblichen Investitionen, die man noch nicht näher beziffern könne, für man aber schon Haushaltsmittel einplanen werde.


Auf die Bürger kommen Kosten zu

Das Zeitfenster für diese Aufgabe scheint groß: Bis 2017 müssen die Planungen abgeschlossen, 2022 die neuen Anlagen betriebsbereit sein. Doch der Eindruck relativiert sich. Der Umbau muss bei laufendem Betrieb und garantierter Reinigungsleistung vonstatten gehen. Noch weiß niemand über Art und Umfang dieses Vorhabens genau Bescheid. Fünf verschiedene Planungsbüros - es gibt nicht so viele, die sich auf dieses Gebiet spezialisiert haben - sind aufgefordert, anhand der ausgehändigten Unterlagen Vorschläge zu machen, wie man die Vorgaben am besten umsetzen kann. Und zwar bis Anfang April.

Derweil arbeitet die Kläranlage im Südwesten Michelaus einwandfrei. Das geklärte Abwasser, das von dort in den Main geleitet wird, hält alle gesetzlichen Grenzwerte ein, wie das Wasserwirtschaftsamt bestätigt. Das Problem der Anlage liegt in der Schlammbehandlung; es könnten bessere Ergebnisse erzielt werden. Der Schlamm sollte nach heutigen Vorgaben einige Tage länger im Reinigungskreislauf bleiben und von Mikroorganismen bearbeitet werden, als es in Michelau der Fall ist. Was spielt das für eine Rolle, wo dieser am Ende doch im Müllheizkraftwerk landet, könnte man fragen. Ein - wie der Fachmann es nennt - ausstabilisierter Klärschlamm riecht nicht, fault bei der Lagerung nicht mehr nach und sondert damit auch keine klimaschädlichen Gase ab.


Die Anlage wird größer

Eine längere Verweildauer des Schlammes im Belebungsbecken kann die Anlage aber ohne Umbau nicht leisten. Sie kommt mit 13.500 Einwohnergleichwerten zudem an ihre Kapazitätsgrenze, wie stellvertretender Betriebsleiter Roland Kober erklärt. Zwar zählen die Gemeinden Michelau und Marktzeuln zusammen nur rund 8100 Einwohner, da wäre also noch Luft nach oben. Dem ist aber nicht so, weil bei der Berechnung auch die im Ort ansässigen Betriebe mit berücksichtigt werden müssen. In dem Millionenprojekt, das nun ansteht, geht es um eine Erweiterung und Modernisierung. Ein neues Becken soll gebaut, manch in die Jahre gekommenes Bauteil ersetzt werden. Norbert Eiser, Geschäftsführer des Abwasserzweckverbandes, geht davon aus, dass der Platz des Areals an der Rosengartenstraße noch ausreichend ist. Details werden sich erst aus den Vorschlägen der Ingenieure ergeben, über die dann die Verbandsräte entscheiden müssen.

Natürlich erhofft man sich von der Investition auch Vorteile im Betriebsablauf. Seltenere Abtransporte des Klärschlamms zum Beispiel, weil das Volumen geringer ist; eventuell auch die Nutzung des Biogases zur Stromerzeugung. Die Michelauer Kläranlage, Baujahr 1984, war einmal Vorreiter - die erste im Landkreis, in der die sogenannte dritte Reinigungsstufe (zur Entfernung von Phosphor) eingebaut wurde. 1993 war das, wie sich Robert Kober erinnert. Jetzt gehört sie zu den älteren Anlagen und muss technisch aufrüsten. Aber, da ist sich Kober ziemlich sicher, das wird jüngere Anlagen reihum in den nächsten Jahren auch treffen.


Medikamenten-Rückstände wirken sich auf Fische aus

So modern die kommunalen Kläranlagen auch arbeiten mögen: Arzneimittelrückstände können mit den bisher üblichen Reinigungstechnologien nicht oder nur bedingt zurückgehalten werden. Sie sind zudem häufig schlecht biologisch abbaubar. Schon vor 14 Jahren warnte das Anglermagazin Esox, dass Fische durch eine Belastung von Gewässern mit weiblichen Hormonen impotent würden. Wer mit Abwasserbehandlung zu tun hat weiß, dass sich in der Vergangenheit immer wieder Vorschriften geändert haben. In der jüngsten Sitzung des Lichtenfelser Stadtrates war das ein Thema - Investitionen in Kanalsystem und Regenüberlaufbecken stehen an. Auch wenn damit das Netz für die nächsten 20 Jahre ertüchtigt werden soll, könnten künftige neue Vorgaben wieder zu Herausforderungen werden. "Wenn es noch kommt, dass man Medikamentenrückstände rausfiltern muss, dann wird es teuer", prophezeite Stadtbaumeister Jürgen Graßinger.

Für die gezielte Reduzierung von Arzneimitteln und anderen anthropogenen Spurenstoffen müssten die kommunalen Abwasserbehandlungsanlagen mit zusätzlichen Reinigungsstufen ("4. Reinigungsstufe") nachgerüstet werden. Dazu kommen Verfahren wie eine Ozonierung oder eine Aktivkohlezugabe in Frage. Aktuell läuft zur Erprobung in der Stadt Weißenburg ein vom Umweltministerium gefördertes Pilotprojekt.

Studien des Landesamtes für Umwelt in Augsburg wiesen bereits Organveränderungen an Nieren und Kiemen von Fischen durch den Arzneimittelwirkstoff Diclofenac nach. Die Daten gaben aber keinen Anhaltspunkt für eine akute Umweltgefährdung, wie eine Sprecherin des Landesamtes mitteilte. In welchen Konzentrationen Spurenstoffe in Gewässern nachgewiesen werden, hängt maßgeblich von der Verdünnung des eingeleiteten Abwassers ab. In der Regel liegen die Konzentrationen von Arzneimitteln in den Gewässern aufgrund der starken Verdünnung unterhalb relevanter Wirkschwellen. Gesetzliche Grenzwerte für Arzneimittel oder anthropogene Spurenstoffen gibt es derzeit nicht.


Umweltforscher thematisiern Mikroplastik

Drei Arzneimittelwirkstoffe (Diclofenac und die weiblichen Sexualhormone 17-Östradiol, 17ß-Östradiol) wurden auf europäischer Ebene in eine Beobachtungsliste aufgenommen, das heißt, sie werden in Zukunft europaweit verstärkt überwacht. Inwieweit sich aus den gewonnenen Erkenntnissen eine Änderung der gesetzlichen Vorgaben ergibt, bleibt abzuwarten. Daneben ist auch Mikroplastik ein Thema der Umweltforscher. Plastikmüll kann im Lauf der Zeit in winzige Partikel zersetzt und in Gewässer eingetragen werden.

Kunststofffasern aus der Kleidung können sich beim Waschen lösen, Kosmetika wie Duschgels, Peelings oder Zahnpasta können Mikroplastik-Teilchen enthalten. Da diese Partikel in den Kläranlagen nicht abgebaut werden, gelangen sie entweder in den Klärschlamm oder in die Gewässer. Das Landesamt für Umwelt untersucht gemeinsam mit der Universität Bayreuth mögliche Auswirkungen von Mikroplastik auf bayerische Flüsse und Seen. Laborstudien zu möglichen Auswirkungen von Mikroplastikpartikeln auf Fische und Muscheln sollen sich anschließen.