Druckartikel: Martyrium einer Ehe vor dem Amtsrichter

Martyrium einer Ehe vor dem Amtsrichter


Autor: Markus Häggberg

Lichtenfels, Donnerstag, 10. März 2016

Ein Paar aus dem östlichen Landkreis hat sich das Leben zur Hölle gemacht. Gegenseitig soll man gewalttätig geworden sein. Auch gegen das eigene Kind.
Das Amtsgericht benötigt einen Fortsetzungstermin, um Licht in ein Beziehungsdrama zu bringen. Foto: Archiv


Ein mehrjähriges Ehemartyrium erlebte eine Frau aus dem östlichen Landkreis. Oder war es ihr Mann, der das erlebte? Beide Parteien führten am Mittwoch in einem Schöffengerichtsprozess Dinge gegen den jeweils anderen an, die von Gewalttätigkeiten und Erniedrigungen berichteten. Am Ende eines aufwühlenden Prozesstages folgte Richter Ortwin Jaunich der Anregung, einen Folgetermin anzuberaumen. Dann wird auch mit aller Wahrscheinlichkeit das Urteil fallen.


Mit Fleischklopfer vermöbelt?

Mit diesen Aussagen des 29-jährigen Angeklagten dürfte wohl kaum jemand im Saal 14 des Amtsgerichts gerechnet haben. Nicht nur, dass er sich von den massiven Vorwürfen der gefährlichen Körperverletzung gegen seine damalige Frau distanzierte, der derzeit arbeitslose Mann sprach vielmehr davon, selbst von ihr geschlagen und beleidigt worden zu sein. So sei er es auch gewesen, der die Scheidung eingereicht habe, weil man sich "auseinandergelebt" habe. Mit einem Fleischklopfer habe seine Frau ihm sogar einmal auf den Kopf geschlagen, zudem habe sie sich in Beleidigungen ergangen. Weil er sich seiner ehemaligen Freundin angenähert habe, hätte sie ihm die "Hölle auf Erden" bereitet. "Ich bin bestimmt 20 Mal von zu Hause weggelaufen."
Die Anklageschrift hingegen führte eine andere Sprache. So verlas Staatsanwältin Susanne Heppel sechs Punkte, die zwischen Sommer 2012 und Juni 2014 von massiver Gewaltausübung des Mannes, sogar gegen das eigene Kind, sprachen. So soll es immer wieder zu Faustschlägen des Mannes gegen das Gesicht der Frau gekommen sein, einmal mit Schädelprellung als Folge. Auch von Fußtritten gegen Bauch und Kopf war die Rede, von einem Würgen samt der Drohung, die Frau umbringen zu wollen, und davon, dass der Angeklagte absichtlich und im Zorn die Finger seiner Tochter in einem Türspalt quetschte.
In der Beweisaufnahme begegnete die Frau, die zwischenzeitlich auch Aufnahme in einem Frauenhaus fand, erstmalig seit langer Zeit wieder dem Angeklagten. Mit einem entschlossenen "Ja" zeigte sie an, aussagen zu wollen. Aber dann sollten ihr die Aussagen doch stockend über die Lippen kommen. Immer wieder sprach ihre Anwältin, Nebenklagevertreterin Petra Schuster, gut zu, immer wieder aber versagte der Frau die Stimme und wirkten ihre Erinnerungen verschwommen. Nicht immer vermochte sie die angeklagten Taten in einen exakten Zeitraum stellen. Um sich zu fangen, sollte ihr eine Verhandlungspause eingeräumt werden.
Besonders erbost zeigte sich die Frau bei dem Punkt, der von Gewalt gegen das Kind sprach: "Anstatt dass er sein Kind aus der Gefahrenzone bringt, bewegt er die Tür [...] und kickt mich weg wie ein Karatekämpfer." Auch, so die 30-Jährige, sei sie einst in den Unterleib getreten worden, alles vor den Augen des Kindes.
Die Skizzen, die sie von ihrem damaligen Partner entwarf, zeigten einen unbeherrschten Menschen, der aus nichtigen Anlässen unkontrollierbar in Rage geraten konnte.


Eltern werden vorgeladen

Konfrontiert mit der Aussage, sie habe ihrem Mann mit dem Fleischhammer zugesetzt, suchte sie erstmalig Blickkontakt zu diesem und fragte: "Ist das dein Ernst?" Eine Frage, die im Raum stand, lautete darauf, wieso sie bei alledem so lange bei ihrem Mann geblieben sei. "Ich habe ihn halt geliebt."
Ein weiterer Punkt könnte sein, dass die Frau vor ihren Eltern geheimhalten wollte, wie es tatsächlich um ihre Ehe stand. Aber gerade ihren Eltern wird sie - sollte sie am Fortsetzungstermin teilnehmen - begegnen. Von ihnen möchte Rechtsanwalt Wolfgang Bürckmann für seinen Mandanten in Erfahrung bringen, ob sie in all den Jahren etwas von den Schlägen ihres Schwiegersohnes mitbekommen oder blaue Flecken bemerkt haben.
Auch legt die Verteidigung Wert auf die Aussage einer Polizistin, die am Mittwoch krankheitsbedingt verhindert war.