Mahnwache in Wiesen prangert Zerstörung durch ICE-Trasse an
Autor: red
Wiesen, Montag, 06. Oktober 2014
Begriffe wie Größenwahn, Gier und Profitstreben fallen den Gegnern der ICE-Trasse zwischen Ebensfeld und Erfurt ein, als sie sich auf Initiative des Bund Naturschutz an einem der vielen Tunnel treffen.
Am diesjährigen Franziskustag trafen sich Bürger aus der Umgebung auf Einladung des Bund Naturschutz und der Bürgerinitiative "Verantwortungsvolle Bürger im Banzgau" an der Franziskusmarter nahe dem Tunneleingang Eierberge der ICE-Neubaustrecke Ebensfeld - Erfurt, um gemeinsam für den Erhalt der Schöpfung zu beten und zu singen.
Anton Reinhardt spielte zur Einstimmung ein Querflötenstück von François Devienne. Der BN-Kreisvorsitzende vergegenwärtigte zu Beginn der Mahnandacht das Ausmaß der Umweltzerstörungen durch die ICE-Trasse: "Wir stehen hier an einem bedeutsamen Punkt des VDE Nr. 8.1 (Verkehrsprojekt Deutsche Einheit), wo ein gewaltiges Gewerk dem anderen folgt: Maintalquerung - Tunnel Eierberge - Brücke - Tunnel Kulch - Brücke - Tunnel Lichtenholz - Brücke - ... 22 Tunnel und 29 Talbrücken wurden zwischen Ebensfeld und Erfurt aus dem Boden gestampft.
Sonnengesang zu Ehren des Heiligen Franziskus
Nachdem Klaus Stürmer von der Bürgerinitiative den Sonnengesang zu Ehren des Heiligen Franziskus vorgetragen hatte, wurde zum Lobe und Schutz der Schöpfung der Kanon "Jeder Teil dieser Erde ist meinem Volk heilig" gemeinsam gesungen. Pfarrer Matthias Hagen von der evangelischen Kirchengemeinde Bad Staffelstein gab seinem Bedauern über die gewaltigen Eingriffe in die Natur Ausdruck: "Wir stehen hier an einem Mahnmal inmitten eines Gottesgartens, eines Stücks vorweggenommenen Paradieses sozusagen. Zerstörung, Größenwahn, Gier und Profitstreben haben unbarmherzig ihre Spuren in diesem Teil der Schöpfung hinterlassen." In Anlehnung an den 145. Psalm versuchte Pfarrer Hagen aber auch Trost und Zuversicht zu spenden: "Richten Sie die Augen auf Gott, suchen Sie seine liebenden und sprechenden Augen - von ihnen können wir Vertrauen, Trost in Zeiten scheinbarer Niederlagen und Hoffnung erwarten. Deshalb ist es gut, dass wir uns weiterhin hier alljährlich treffen, als Menschen mit wachsamen Augen und achtsamem Mitgefühl."
Matthias Hagen macht diese Andacht an der Franziskusmater in diesem Jahr schon zum achtzehnten Mal mit. In dieser langen Zeit erlebte er ein ständiges Wechselbad der Gefühle bei den Teilnehmern. Projekte wie der Bau der ICE-Trasse fielen mit einer riesigen Massivität und Wucht in das Leben der Bewohner ein, sodass diese fast dazu genötigt würden, sich mit dem Naturschutz auseinanderzusetzen, sagt Hagen.
Baugeräusche schränken ein
Das Bewusstsein für den Naturschutz werde immer größer, wenn man die Bedrohung direkt vor Ort erlebe. Die Schöpfungsverbindung des evangelischen Pfarrers kommt ehrlich und geerdet herüber. Er möchte das Obermaintal weiterhin für lange Spaziergänge mit seinem Hund nutzen und dabei seine gestresste Seele regenerieren, so wie viele andere Menschen in der Umgebung. Geräusche von Baumaschinen und Baustellen schränken jedoch dabei ein.
Auch in den nächsten Jahren soll es mit der Andacht an der Franziskusmater weitergehen. "Ein hoffender Christ resigniert nicht vor Siemens oder anderen großen Firmen", sagte Matthias Hagen. "Wir sagen nicht zu allem Ja und Amen, sondern kämpfen weiter".
Nach dem Lied "Menschenkinder auf Gottes Erde" und gemeinsamen Gebeten brachten auch einige Bürger spontan ihre persönlichen Fürbitten vor. BN-Kreisvorsitzender Reinhardt bedankte sich bei allen und im besonderen bei Harry Göckel aus Herreth für das ausdauernde, friedliche Engagement zum Erhalt der Schöpfung. are/red