Lichtenfelser Flechthaus ist wieder im Gespräch
Autor: Andreas Welz
Lichtenfels, Freitag, 24. Juli 2015
Lichtenfels möchte gerne europäische Flechthauptstadt reüssieren. Vorschläge, wie das geschehen könnte, gab es viele im Tourismus-Ausschuss. Manche klingen gut, nicht alle sind unbedingt neu.
Die Vision Lichtenfels als europäische Flechthauptstadt beherrschte die Sitzung des Ausschusses für Stadtentwicklung, Tourismus und Wirtschaft am Donnerstag. Bürgermeister Andreas Hügerich (SPD) sah in der Konzeption "Flechterlebniszentrum" oder des Projekts "Mobile Flechtwerkstatt" nur Gedanken, die sich erst durch die Mitwirkung aller, der Bevölkerung und der Fachleute, realisieren lasse.
Flechtkaufhaus
Die tragende Säulen eines "Flechterlebniszentrum" sei eigentlich das zentrale Projekt in der Flechterregion am Obermain, sagte Manfred Rauh, Geschäftsführer des Vereins Zentrum europäischer Flechtkultur. Es wird der Dreh- und Angelpunkt aller flechterischen Aktivitäten sein und die Vernetzung mit anderen Flechterregionen national und international ermöglichen.
Das Erlebniszentrum erzeuge zusätzlich eine spontane Nachfrage. Der Direktkauf mit Versandmöglichkeit für Rad- und Bustouristen und der Aufbau eines Online-Angebots im Online-Shop gehöre dazu. Ein gemeinsames Flechtatelier könne als Gründerzentrum für Jungflechter den Schritt in die Selbstständigkeit bedeuten. Drei bis vier Absolventen der Berufsfachschule für Flechtwerkgestaltung könnten sich für ein bis zwei Jahre eine eingerichtete Werkstatt teilen, das minimiere die Betriebskosten und Miete. Der Vorteil für die Region liege in der Bindung der ausgebildeten Fachkräfte an die Region, unterstrich Rauh. Ein geschlossener Flechterlebnisbereich bilde eine touristische Attraktion.
In einer Multimedia_Präsentation werden Kunst und Geheimnisse des Flechtens anhand von Kurzfilmen gezeigt. Hochwertige Ausstellungen "Geflecht als Kunst", "Geflecht als Mode", "Geflecht trifft Architektur", "Upcycling durch Geflecht", "cradle-to-cradle" könnten gezeigt werden.
Mitmachflechten für Familien
Es sollten Flechtvorführungen und Mitmachflechten insbesondere für Familien und Kinder angeboten werden, so die Vorstellung des Geschäftsführers. Weiter Themen seien internationale Flechtkulturen mit Schwerpunkt Europa, qualifizierte Führungen durch die Erlebniswelt, Workshops und Seminare als Angebot an Laien und professionelle Flechter, Ausbildung in speziellen Techniken wie zum Beispiel architektonisches Flechten, therapeutische Anwendungen von Flechten in Kliniken.
Manfred Rauh gab auch einen Sachstandsbericht "Mobile Flechtwerkstatt". Die Kosten schätzte er auf rund 240 000 Euro, die vom europäischen Leader-Projekt maßgeblich unterstützt werden könnte. "Eine mobile Flechtwerkstatt kann als Werbeträger unsere Region nach außen tragen", stellte der Bürgermeister fest. Ziel sei die Steigerung des Bekanntheitsgrades der Obermainregion. "Hinfahren, wo die Menschen sind", lautet das Motto.
Ein weiteres Projekt des Vereins für europäische Flechtkultur sei die Gestaltung von öffentlichen Plätzen und Straßen, berichtet Manfred Rauh. Sein Vorschlag, in der Inneren Bamberger Straßen an den Halteseilen für die Weihnachtsbeleuchtung Flechtwerk anzuhängen, wurde von allen Ausschussmitgliedern begrüßt.
Auch das Thema Flechthaus in Lichtenfels kam wieder zur Sprache. Schon in der Vergangenheit hatte man im Stadtrat darüber diskutiert, als das Gebäude Am Markt 10 von der Stadt erworben worden war. Es zeigte sich, dass dort der Standort für ein mögliches Flechthaus am günstigsten ist. Den oberen Stadtturm für Besucher zu öffnen, wurde erneut diskutiert. Hier müsse der Brandschutz und die Sicherheit gewährleistet werden.
Citymanager Steffen Hofmann berichtete über laufende Projekte. 4500 Lichtenfelser Einkaufsgutscheine "Lif-Card" seien bisher verkauft worden, das entspreche einem Umsatz von über 45 000 Euro. Weitere Veranstaltungen und Aktionen im Jahre 2015 sind der Lichtenfelser Kinosommer vom 21. bis 23. August auf dem Marktplatz bei freiem Eintritt. Das Flechtkulturfestival findet am 18. bis 20. September im Rahmen des Korbmarktes statt. Die "Lichtenfelser Herbstnacht", eine Einkaufsnacht in Verbindung mit dem Herbstmarkt, ist am 10. Oktober geplant. Sie stehe unter dem Motto "Einkaufen und genießen bis 22 Uhr".
Außerdem schlug der Citymanager ein Konzept "Kunst und Kultur im Leerstand" vor. Dabei sollten leerstehende Geschäftsflächen inszeniert und bespielt werden mit Theater- und Kabarettvorführungen sowie Konzerte und Ausstellungen. Erstmals zur Einkaufsnacht am 10. Oktober könnten so Leerstände kaschiert werden. Dabei sind Ausstellungen in leerstehenden Schaufenstern zum Thema "Flechtkultur" in Zusammenarbeit mit dem Verein Zentrum europäischer Flechtkultur geplant. Darüber hinaus sollen Anreize für Existenzgründer im Bereich Handel und Dienstleistung geschaffen werden, mit dem Ziel, die Handels- und Dienstleistungsfunktion der Lichtenfelser Innenstadt zu stärken und Leerstände zu beseitigen.
Durch eine "Existenzgründer-Initiative" sollen Existenzgründer bei der Planung und Umsetzung Ihrer Ideen unterstützt und begleitet werden. Mit Mietzuschüssen bei Neuvermietungen oder Wiederbelebung von Leerständen sollen auch finanzielle Anreize geschaffen werden. Das Konzept befinde sich noch in der Planung und werde mit der Regierung von Oberfranken abgestimmt, sagte Hofmann.
Schon 700 000 Euro investiert
Von der Bayern Grund erläuterte Rita von Franzky die Projekte der Innenstadtsanierung. Im vergangenen Jahr wurden rund eine Million Euro investiert bei einer Förderleistung von 60 Prozent. Im laufenden Jahr seien es bereits 700 000 Euro. Sie lobte Hauseigentümer, die sich intensiv mit der Sanierung ihre Gebäude befassten.
In der Diskussion brachten die Ausschussmitglieder viele Vorschläge ein, wie die Stadt attraktiver werden könnte. Arnt Schille (SPD) schlug vor, einen Förderverein für die Entwicklung der Innenstadt zu gründen. Bürgermeister Hügerich fand das eine gute Idee. Dagegen gab Roland Lowig (WLJ) zu bedenken, dass in der Innenstadt nur die Hälfte der Einwohner von Lichtenfels wohne. Man müsse auch hier die Stadtteile berücksichtigen. Mathias Söllner (Die Grünen) lobte die Arbeit des Citymanagers, dafür gab es von allen Seiten Applaus.