Lichtenfels: Weißer Ring - wo Opfer Hilfe finden
Autor: Christoph Wiedemann
LKR Lichtenfels, Montag, 22. Oktober 2018
Der Weiße Ring in Lichtenfels hilft den Opfern von Straftaten. Was die Organisation leistet und welche Fälle besonders häufig vorkommen.
Vergewaltigung, Betrug, Mord, sexueller Missbrauch, häusliche Gewalt, Cyber Mobbing. Für den Weißen Ring sind diese Straftaten Alltag. Davon kann auch die Leiterin der Außenstelle in Lichtenfels, Irene Dicker, berichten. Sie hilft den Opfern von Straftaten.
Seit Anfang der 1990er-Jahre gibt es die Außenstelle des Weißen Rings in Lichtenfels. Neben einem Mitarbeiter ist dort Irene Dicker seit 2009 ehrenamtlich tätig. "Wir brauchen aber dringend weitere ehrenamtliche Mitarbeiter", sagt sie. Wer Interesse hat, müsse dann noch Fortbildungen machen und könne sich anschließend auf ein Fachgebiet spezialisieren.
"Nach zwei Jahren hatte ich mehr als einhundert Opfer, danach habe ich das Zählen aufgehört", sagt Dicker. An ihren ersten Fall kann sich sich heute noch erinnern.
Erster Fall ein Tötungsdelikt
Es war ein Tötungsdelikt. Sie hatte schon einen Bericht darüber im Fernsehen gesehen. Der Täter hatte sein Opfer wochenlang in einem Müllsack in seiner Wohnung aufbewahrt, bis er sich der Polizei gestellt hatte. Dann wandte sich eine Verwandte des Opfers an den Weißen Ring, da sie das Geschehen psychisch sehr belastete: "Sie hatte stark mit dem Urteil zu kämpfen", erinnert sich Irene Dicker, "fünf Jahre, und nach zweieinhalb ist er wieder frei gewesen."
Der Weiße Ring hilft nicht nur mit einer psychischen Beratung von Opfern. Vor allem die Vermittlung an die richtigen Stellen steht im Vordergrund, sei es für eine Rechtsberatung, Opferentschädigung oder psychologische Hilfe.
Verkürzte Wartezeit
Gerade bei Psychologen müsse man oft ein halbes Jahr auf einen Termin warten, wenn man diesen als Privatperson vereinbart, sagt Irene Dicker. "Wenn der Weiße Ring dort anruft, kann eine Erstberatung häufig schneller vereinbart werden."
"Der Weiße Ring ist für Opfer da, die mehr Hilfe suchen, als die Polizei leisten kann", erläutert Polizist Jochen Haischberger. Das merke die Polizei auch bei den Ermittlungen. "Wenn es dem Opfer gut geht, laufen die Ermittlungen leichter", sagt Haischberger. Denn der Fokus der Polizei liege auf der Aufklärung des Verbrechens. Für die Opfer stehe ihr eigenes Leben natürlich im Vordergrund. Der Polizist nennt als Beispiel einen Betrug, der so stattgefunden hatte: Mehrere ältere Menschen wurden um ihre Ersparnisse betrogen. "Für sie bricht dann eine Welt zusammen. Da interessiert zuerst: Wie überlebe ich ohne Geld."