Für die nächsten 30 bis 45 Minuten lauschen die Kinder nun den Stimmen der Lese-Omas, die mit dem klassischen "Es war einmal ..." beginnen.
"Ich finde es schön, dass extern jemand kommt und sich die Zeit dafür nimmt, einfach vorzulesen und zuzuhören", verrät Kathy Wendler. Der Kindergartenalltag sei ohnehin schon sehr prall gefüllt, da nehme sie dieses Angebot gerne an - vor allem, weil Bücher an sich einen großen Stellenwert in der Kindergartenphilosophie haben.
Die Vorschulkinder etwa erleben traditionell eine Lesenacht, in der sie im Kindergarten basteln, übernachten und ein Buch von zu Hause mitbringen können. Und dann wird natürlich gelesen. Die Vorschulkinder seien es auch, bei denen man durch regelmäßiges Vorlesen besonders Erfolge sieht, was eine längere Aufmerksamkeitsspanne oder größere Empathie betrifft. Dabei merke man an der Konzentration, dem Aufpassen und dem eine Zeit lang Ruhigsitzen oftmals, welche Kinder zu Hause oft vorgelesen bekommen und welche nicht. "Lesen ist wichtig fürs Leben, für die Schule und überhaupt für alles", findet Kathy Wendler. "Wer gut liest, kann sich sprachlich auch gut ausdrücken. Das ist gerade heute in unserer schnelllebigen Zeit sehr wichtig."
Lesepaten werden "Lese-Omas"
Schon lange sind sie ein festes Team, die drei "Lese-Omas" für den Kindergarten Marktzeuln: Sabine Sünkel aus Lettenreuth wollte vor zwei Jahren, als die eigenen Kinder aus dem Haus waren, etwas Neues ausprobieren und sich gleichzeitig ehrenamtlich engagieren. Sie liest selbst sehr viel und kann sich ein Leben ohne Bücher gar nicht vorstellen. "Jeder sollte einen Zugang zur Welt der Bücher bekommen. Oft steckt vielleicht viel mehr in einem Menschen drin, das aber nicht raus kann, weil er gar nicht oder nicht gut genug lesen kann."
"Eine Bereicherung für mich"
Helga Friedrich und Irma Pülz, beide aus Marktzeuln, sind seit Beginn des Projekts 2011 aktiv dabei. Erstere ist damals in Rente gegangen und hat ihren eigenen Kindern schon immer gerne vorgelesen. Das führt sie mit Begeisterung und Herzblut weiter.
Dies treibt auch die Dritte im Bunde an: "Es ist eine Bereicherung für mich, wenn die Kinder mich anschauen, fragen und lernen. Man bleibt jung und up-to-date. Vieles würde ich zu Hause von meinem Sofa aus gar nicht bekommen", sagt Irma Pülz. Beide lesen an anderen Wochentagen auch in der benachbarten Grundschule oder vielmehr: lassen sich vorlesen. Und tauchen dabei in so manche Kinderwelt ein. Bewusst verknüpfen sie eigene Bilder oder Erfahrungen mit der aktuellen Geschichte, fragen die Kinder, was sie schon alles kennen, was sie empfinden, wie anders manches bei ihnen ist.
Auch traurige Erfahrungen
"Da erfährt man leider auch traurige Sachen", erinnert sich Helga Friedrich. "In einer Geschichte ging es einmal um einen Papa. Ein Kind erzählte, dass sie sich auch immer freut, wenn ihr Papa kurz vor dem Zubettgehen heimkommt. Ein anderes hat leise geflüstert, es habe nur eine Mama ...".
Bei jedem Märchen möchten die "Lese-Omas" zudem ein aktuelles Fazit ziehen. Die Frage "Was lernst du denn aus der Geschichte?" sei daher ein wichtiger Bestandteil der Lesezeit. Vom "Rotkäppchen" könne man beispielsweise ableiten, auf dem Schulweg zu bleiben und nicht vom Weg abzukommen.
Diesmal haben sich alle zwischen Turnmatten und Bällen zusammengefunden, da zur Vorstellung alle Lesepaten eingeladen waren. Viel zu schnell ist die Zeit vorbei, doch die "Lese-Omas" schwatzen noch lange mit dem ein oder anderem Kind im Gang, bis der Kindergartenalltag wieder ruft. Bis zum nächsten Mal!
Das Projekt der Lesepatenschaften in Kindergärten war eines der ersten Projekte der "Aktiven Bürger", der Bürgerstiftung für Jugend und Familie im Landkreis Lichtenfels. Edith Güthlein koordiniert die derzeit rund 60 Lesepaten an Kindergärten und 40 Leselernhelfer an Schulen im Landkreis. "Die Lesepatenschaften werden überall positiv und dankbar aufgenommen", resümiert sie. Eigentlich wollte sie vor vielen Jahren selbst Lesepatin werden, habe sich dann aber für die Organisation und Planung der vielen Projekte der Aktiven Bürger entschieden.
"Weil sie das so gut kann", sagt Josef Breunlein lachend. Er ist ebenfalls Mitglied im Organisationsteam der Stiftung, die rund 400 Aktive im Landkreis vereint, die wiederum circa 20 000 Stunden ehrenamtlichen Einsatz im Jahr leisten.
So wird man Lesepate
Wer gerne Lesepate werden möchte, wendet sich an die Bürgerstiftung für Jugend und Familie im Landkreis Lichtenfels "Aktive Bürger" Lichtenfels, Judengasse 14, E-Mail info@aktive-buerger-lichtenfels.de, oder per Internet an www.buergerstiftung-lichtenfels.de.