Druckartikel: Kutzenberg verliert zwei Kliniken - Bamberg und Scheßlitz gewinnen

Kutzenberg verliert zwei Kliniken - Bamberg und Scheßlitz gewinnen


Autor: Matthias Einwag

Kutzenberg, Montag, 13. März 2017

Der Verwaltungsrat der Gesundheitseinrichtungen des Bezirks Oberfranken votierte für eine Neustrukturierung des Bezirksklinikums Obermain.
Das Bezirksklinikum Obermain muss zwei seiner Kliniken abgeben nach Scheßlitz und nach Bamberg.  Archivbild: Ronald Rinklef


Eigentlich hatte der Entschluss schon am 2. März fallen sollen. Aufgrund massiver Proteste von Mitarbeitern des Bezirksklinikum hatte Bezirkstagspräsident Günther Denzler kurzfristig am 6. März eine Personalversammlung einberufen. Am gestrigen Montag fiel in Bayreuth der Entschluss, zwei Kutzenberger Kliniken zu verlagern - nach Bamberg und nach Scheßlitz. Dafür stimmten sechs Mitglieder des Verwaltungsrates - dagegen votierten Christian Meißner und Siegfried Stengel (beide CSU) und Ulrike Heucken (B 90/Grüne).

Der Beschluss sieht nach den Angaben von Bezirks-Pressesprecher Christian Porsch folgendes vor: Die bei weitem größte Klinik am Standort Kutzenberg, die Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik, soll vergrößert werden. Fest stehe auch, dass die Kliniken für Rheumatologie und Erkrankungen der Atmungsorgane in Kutzenberg ausgebaut werden sollen.


"Lungenkrebszentrum" geplant

Der Verwaltungsrat strebe eine enge Kooperation mit der Sozialstiftung Bamberg an. An den Standorten Klinikum Bamberg und Bezirksklinikum Obermain soll ein gemeinsames "Lungenkrebszentrum Oberfranken" entstehen. Dafür werde die Thoraxchirurgie, die derzeit am Bezirksklinikum Obermain angesiedelt ist, nach Bamberg verlagert und dort als einziger thoraxchirurgischer Standort des gemeinsamen Lungenkrebszentrums ausgebaut.


Orthopädie kommt nach Scheßlitz

Eine enge Zusammenarbeit soll es zudem mit der Juraklinik in Scheßlitz geben, deren Träger die Gemeinnützige Krankenhausgesellschaft des Landkreises Bamberg mbH ist. Es sei geplant, die Orthopädische Abteilung des Bezirksklinikums Obermain nach Scheßlitz zu verlegen. Im Gegenzug habe man vor, den Bereich der stationären psychosomatischen Versorgung aus Burgebrach dem Bezirksklinikum in Kutzenberg anzugliedern.

Den betroffenen Mitarbeitern in den Fachbereichen Orthopädie und Thoraxchirurgie des Bezirksklinikum werde von den Kooperationspartnern ein Arbeitsplatz in Bamberg oder Scheßlitz angeboten, verspricht die Pressemitteilung des Bezirks.

Bedarfsgerecht erweitert werde die Klinik für Internistische Rheumatologie in Kutzenberg. Betten, die nicht an andere Standorte verlagert werden, sollen demnach in psychiatrische Akutbetten umgewandelt werden. Die Berufsfachschule für Krankenpflege sei von den Beschlüssen nicht betroffen und werde weiter Gesundheits- und Krankenpfleger ausbilden.

Nach Auskunft von Pressesprecher Christian Porsch habe sich Katja Bitter, Vorstand der Gesundheitseinrichtungen des Bezirks, bereits seit Herbst 2016 Gedanken gemacht, wie man Krankenhausleistungen mit Rücksicht auf die regionale Struktur in Oberfranken bündeln, die Leistungserbringung qualitativ verbessern und zugleich wirtschaftlich gestalten könnte.


Neubaupläne bekäftigt

Bezirkstagspräsident Günther Denzler wird in einer Pressemitteilung des Bezirks folgendermßen zitiert: "Wir stehen zum Standort Kutzenberg und zum Bezirksklinikum Obermain. Wir werden dort in den kommenden Jahren unsere Neubaupläne verwirklichen und über 100 Millionen Euro investieren. Außerdem werden mit dem heutigen Beschluss die Arbeitsplätze wohnortnah erhalten. Klinik-Verlagerung statt Klinik-Schließung war von Anfang an unser Ziel."

Die drei Fachdisziplinen Psychiatrie/Psychosomatik sowie Rheumatologie und Pneumologie würden somit die künftige Standortentwicklung und das Profil des Bezirksklinikums Obermain bilden.

Wie Christian Porsch weiter mitteilte werde den Mitarbeitern durch die angestrebte enge Zusammenarbeit mit der Gemeinnützigen Krankenhausgesellschaft des Landkreises Bamberg mbH und der Sozialstiftung Bamberg die Chance geboten, mit den Fachbereichen Orthopädie und Thoraxchirurgie an andere Kliniken in der Region zu wechseln. "Jeder interessierte Mitarbeiter aus den Bereichen Orthopädie und Thoraxchirurgie erhält von der Sozialstiftung Bamberg bzw. der Gemeinnützigen Krankenhausgesellschaft des Landkreises Bamberg mbH ein Arbeitsplatzangebot. Dafür werden wir am Bezirksklinikum Obermain für unsere Mitarbeiter eine mehrtägige Arbeitsplatzbörse durchführen", wird Katja Bittner zitiert. Zudem werde den Mitarbeitern angeboten, sich auf offene Stellen innerhalb der Gesundheitseinrichtungen des Bezirks Oberfranken zu bewerben.


Gespräche mit anderen Trägern

Im Vorfeld der Entscheidung, so die Presseerklärung, habe es zahlreiche Gespräche mit den Klinikträgern in der Region gegeben. Neben der Sozialstiftung Bamberg und der Gemeinnützigen Krankenhausgesellschaft des Landkreises Bamberg sei auch mit dem Klinikverbund Regiomed gesprochen worden.




Landrat Christian Meißner kritisiert, dass Planung nicht beschlussreif war

Über den Beschluss des Verwaltungsrates der Gesundheitseinrichtungen des Bezirks Oberfranken (GeBO) vom Montag ist Landrat Christian Meißner (CSU) "traurig und sprachlos". Als Bezirksrat gehört er selbst dem beschließenden Gremium an. Seine Forderung, die Entscheidung wegen ihrer weitgreifenden Auswirkungen auf eine breitere Basis zu stellen und den Bezirkstag entscheiden zu lassen, habe keinen Widerhall gefunden.
Zur Verlagerung von zwei Abteilungen des Bezirksklinikums Obermain nach Scheßlitz und Bamberg merkt Meißner in einer Presseerklärung an: "Ich bin traurig und auch niedergeschlagen, denn dieser Beschluss heute wird Folgen haben. Mit Stimmenmehrheit und gegen meine Stimme hat der Verwaltungsrat des Bezirks Oberfranken heute in Bayreuth über die Verlagerung von zwei Abteilungen des Bezirksklinikums Obermain beschlossen."


Vertagung abgelehnt

Mit allen ihm zur Verfügung stehenden Mitteln habe er gegen diese Entscheidung gekämpft, schreibt Meißner weiter. Der Verwaltungsrat, dem neun Bezirksrätinnen und Bezirksräte angehören, habe sich seinen Argumenten, die für eine erneute Vertagung des Beschlusses gesprochen hätten, nicht angeschlossen. "Ich bin immer noch der festen Überzeugung, dass heute keine Beschlussreife gegeben war. Viele offene Fragen, insbesondere zu ausführlichen Gesprächen mit den Nachbarkliniken und wie die Zukunft der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aussieht, wurden in meinen Augen nur unzureichend beantwortet."
Daraus folgert Christian Meißner: "Der Verwaltungsrat hat heute dem Bezirksklinikum Kutzenberg die von mir geforderte zweite Chance, die es mehr als verdient hat, nicht gegeben."


Ministerium muss entscheiden

Das letzte Wort habe nun das Bayerische Staatsministerium für Gesundheit und Pflege mit der Festlegung im Bayerischen Krankenhausplan, schreibt Meißner. Denn ohne diese Änderung werde eine Verlagerung nicht möglich sein. "In dieses Verfahren werde ich mich erneut einbringen und fordere schon heute die Landespolitiker aller Parteien auf, hier im Sinne von Kutzenberg auch tätig zu werden", kündigt er an.


Was der Plan vorschreibt

Im Bayerischen Krankenhausplan (Stand 1. Januar 2016) ist das Bezirksklinikum Obermain mit 337 Betten gelistet. Festgehalten sind hier ferner die Fachrichtungen Innere Medizin, Orthopädie, Psychosomatik und Psychiatrie sowie Lungen- und Bronchialheilkunde, einschließlich der damit verbundenen Thoraxchirurgie und der Rheumatologie.



Meinung

Holprige Art im Umgang miteinander

Die Würfel sind gefallen. Dass eine neue Struktur Arbeitsplätze sichert, leuchtet ein - nichts ist so beständig wie der Wandel.

Doch dass den Betroffenen die Pläne scheibchenweise und höchst zögerlich serviert wurden, ist beschämend. Gegen das Vorhaben waren in kürzester Zeit 11 132 Unterschriften gesammelt worden - das spricht für sich.

Die Mitarbeiter des Klinikums Obermain haben auch davor Angst, dass eine Erosion eintreten könnte und bald weitere Kliniken in Kutzenberg als unrentabel eingestuft werden. Ihr Vertrauen in die Neubaupläne ist erschüttert, nachdem beim Umstrukturieren eine so große Geheimniskrämerei betrieben wurde.

Schade ist auch, dass den Mitarbeitern unter Verweis aufs Hausrecht verboten wurde, in Bayreuth zu protestieren. Matthias Einwag