Vier Lichtenfelser Firmen präsentieren sich auf der größten internationalen Messe für Kunststoffe, der "K" in Düsseldorf. Die Produkte, mit deren Herstellung sie zu tun haben, sind aus unserem Alltag nicht wegzudenken.
Dass das Korkfußbett in meinen Hausschuhen etwas gemeinsam hat mit den Nordic-Walking-Stöcken meiner Nachbarin, mit einem Rasierpinsel, einem Playmobil-Bagger und einem Paar Gummistiefeln, das war mir bis gestern nicht klar. Ist aber so.
All die genannten Dinge enthalten Kunststoff-Granulat, das seinen Ursprung in einer Lichtenfelser Firma hat. 15 000 Rezepturen gelangen bei der Müller Kunststoffe GmbH in die Produktion, das 1965 von Horst Müller gegründete Unternehmen nimmt heute eine bedeutende Stellung innerhalb der Weich-Thermoplast-Hersteller ein. Seit 2012 gehört es zur schwedischen Firmengruppe Hexpol mit Schwesterfirmen in England und China. Am Standort Lichtenfels sind 110 Mitarbeiter beschäftigt.
"Unsere Branche wächst", sagt Geschäftsführer Georg Ender, der seit 25 Jahren im Unternehmen ist. Rechnung getragen hat man diesem Wachstum nicht nur mit der Inbetriebnahme des neuen, zweiten Werkes in Lichtenfels im Jahr 2000, sondern auch mit regelmäßiger Präsenz auf internationalen Messen der Kunststoffbranche. Als die weltweit größte und wichtigste dieser Art gilt die alle drei Jahre stattfindende "K" in Düsseldorf, die aktuell und noch bis zum 23. Oktober läuft.
Für Müller Kunststoffe ist der Auftritt dort ein Einsatz von hoher Effizienz: "Wir treffen viele Kunden, auch aus dem Ausland, und sparen uns dadurch einige Reisen zu ihnen", erklärt Georg Ender. Außerdem sei dies eine gute Gelegenheit, neue Kunden zu generieren. Deshalb ist das Unternehmen auch mit mehreren Technikern in Düsseldorf vertreten, die sich mit den Ideen möglicher neuer Geschäftspartner direkt auseinandersetzen und beraten können. Die Hauptarbeit kommt nach der Messe; dann müssen die neuen Kontakte gefestigt werden.
Weniger relevant ist laut Ender für die Firma die Eigendarstellung in Düsseldorf, um Nachwuchs und Fachkräfte zu gewinnen. Denn daran mangelt es Müller Kunststoffe offenbar nicht. Vielleicht liegt das an einer besonderen Unternehmenskultur, die er so formuliert: "Wir können aus einem Hauptschüler genauso viel machen wie aus einem Doktor der Chemie." Letzterer habe zwar mehr Hintergrundwissen, müssen aber die gleiche rund zweijährige Anlernphase durchlaufen. Beide könnten schließlich als Mitarbeiter in der Produktsicherheit auf Augenhöhe tätig sein. Hie rarchische Strukturen wolle man nicht.
Abgesehen von der personellen Besetzung in Düsseldorf hält sich der Messe-Aufwand für den Granulat-Hersteller in Grenzen. Welche Qualitäten man liefern kann, lässt sich am ehesten durch die Produkte, die Kunden schon heute daraus herstellen, zeigen. So kommt man mit Vitrinen und Plakaten aus, in und auf denen dann eben die Bodenmatten für den Bäder bereich, hochwertige Spielzeuge oder Schuheinlagen präsentiert werden.
"Kunststoff bewegt" lautet der Titel einer Sonderschau auf der Messe. Und Kunststoff ist in der Tat ein Werkstoff, der die Welt bewegt. Nicht nur im positiven Sinn. Es geht um den Schutz von Ressourcen, um Energiebedarf und Klimawandel und auch um Plastikmüll in den Meeren. Vom "Wunder der Kunststoffe" - so der Titel der "K" in ihrem Anfangsjahr 1952 - ist heute trotz des nach wie vor enormen Innovationspotenzials weniger die Rede als von kritischen Berichten zu nicht unbedenklichen Inhaltsstoffen.
Kritische Auseinandersetzung Aufklärung und Verantwortungsbewusstsein fordert Georg Ender hier ein. Beim Thema nachwachsende Rohstoffe sei es wichtig, abzuwägen und nicht durch Monokulturen und lange Transportwege mehr Schaden anzurichten. Er sagt, nur acht Prozent des Erdölverbrauchs flössen in Kunststoffe. Energetische Prozesse in der Industrie zu verbessern mache da mehr Sinn.
"Kunststoff selber ist erstmal nichts Schädliches", fährt er in seinem Plädoyer für einen sachlichen Umgang mit der Materie fort. In der Nahrung habe er freilich nichts verloren, ebensowenig wie Holz oder Unmengen an Salz oder Zucker. Wer Abfall ins Meer kippt, gehöre bestraft. Wer Textilien oder Spielzeug von Billigst herstellern kauft, die sich nicht um Umweltvorschriften scheren und Chemiekalien einsetzen, die in Deutschland verboten sind, müsse sich nicht über Rückstände wundern. Die Kunststoffbranche hierzulande unterliege richtig strengen Auflagen, betont der Geschäftsführer. Er dreht sich um und zeigt auf einen der hinter ihm im Regal stehenden Gummistiefel. "In einem Fisch, den Sie kaufen und essen, darf mehr Quecksilber drin sein, als in dem Stiefel."
Weltleitmesse Rund 3200 Aussteller aus 60 Ländern präsentieren seit 16. und noch bis zum 23. Oktober in Düsseldorf ihre Produkte und Lösungen aus den Bereichen Maschinen und Ausrüstung, Roh- und Hilfsstoffe. Darunter 157 Firmen aus Bayern und vier aus Lichtenfels: die Hofmann Innovation Group mit Concept Laser, Lifocolor Farben und Müller Kunststoffe. 200.000 Fachbesucher werden erwartet.
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