Kröten über die Straße helfen
Autor: Ramona Popp
Neuensee, Montag, 23. März 2015
Es ist wieder Krötenwanderung. In Neuensee wurden vergangenes Jahr landkreisweit die meisten Amphibien gerettet. Der Einsatz ehrenamtlicher Helfer am Zaun soll heuer noch ausgeweitet werden.
Jeden Freitagmorgen macht sich Siegmar Beier auf den Weg zum Krötenzaun. Am Ortsende von Neuensee in Richtung Neuensorg wird er Kröten, Fröschen und Molchen über die Straße helfen. Der Michelauer ist einer von etlichen ehrenamtlichen Helfern in Sachen Amphibienschutz im Landkreis. In Neuensee, entlang der dortigen Kreisstraße, wurde heuer zum vierten Mal ein Schutzzaun aus Sperrholzplatten errichtet. Der bremst die Tiere aus auf ihrer nächtlichen Wanderung zum Neuenseer Weiher als Laichgewässer. Am Morgen werden sie dann von den eingeteilten Männern und Frauen in Eimern weitertransportiert. 2749 Tiere waren es im vergangenen Jahr an dieser Stelle.
Auch Rückweg wird gesichert
Viele von ihnen dürften dennoch auf der Strecke geblieben sein, denn auf ihrem Weg vom Weiher zurück in den Wald waren die Amphibien sich selbst überlassen.
Siegmar Beier trägt diesmal ein wärmendes Stirnband. Im Schatten ist es kaum über null Grad, aber die Morgensonne schickt schon wärmende Strahlen. In rund einem Dutzend Eimern, die neben dem etwa 350 Meter langen und 30 Zentimeter hohen Schutzzaun im Boden eingegraben sind, regt sich etwas. Nur wenige Erdkröten befinden sich da rin. Es ist nicht die von Amphibien bevorzugte Witterung, sie mögen es mild und feucht, gehen abends ab zirka plus fünf Grad auf Wanderschaft.
Zwischenstopp im Eimer
Den in den Boden gesteckten Schutzzaun können die meisten Arten nicht überwinden. Sie laufen dann daran entlang und fallen in die Eimer. Darin müssen sie dann ausharren, bis am Morgen die Helfer kommen und sie über die Straße bringen. Es gab schon Tage, da waren die Eimer halbvoll. An die 400 Tiere hätten sie da gezählt, erinnert sich Beiers Frau Gabriele, die den ehrenamtlichen Einsatz mit ihm teilt. Es ist immer eine kleine Überraschung, was sich in der Früh in den Eimern befindet. An kühlen Tagen wie diesem finden sich nur wenige Tiere darin. Siegmar und Gabriele Beier laufen mit der schützenswerten Fracht den Fußweg hinunter zum Weiher, wo sie sie aussetzen. Dabei fassen sie die Amphibien vorsichtig mit Handschuhen an.
Vorsicht ist auch an der Straße geboten. Die Autofahrer werden zwar mittels Schildern auf die Krötenwanderung aufmerksam gemacht und um Rücksicht gebeten. Trotzdem gehen die Helfer auf Nummer sicher und tragen Jacken in Leuchtfarben oder ziehen sich Warnwesten über.
In einigen Wochen werden Arbeiter des Kreisbauhofes dann erstmals den Krötenschutzzaun in Neuensee auf die andere Straßenseite versetzen. Der Transport erfolgt dann in umgekehrte Richtung. Für die Helfer bedeutet das doppelten Einsatz. Sie machen es gerne. Wie sich der geschützte Rückweg auf die Zahlen an Erdkröten, Teichmolchen und Fröschen auswirken wird, wird sich nach der Auswertung zeigen. "Das ist spannend", sagt Siegmar Beier.
Schützenswerte Amphibien
Auch wenn viele Amphibienarten an Land leben, müssen sie zur Fortpflanzung ein Gewässer aufsuchen, wo sie den Laich, Eier in einer Gallerthülle, ablegen. Der Weg zur Laichstelle ist im Gehirn der Tiere gespeichert; sie gehen in der Regel dorthin, wo sie selbst geschlüpft sind. Dabei legen sie bis zu fünf Kilometer zurück, etwa 600 Meter am Tag.
Wenn der Weg zum Laichgewässer über stark befahrene Straßen führt, wird die Krötenwanderung für die Tiere zum tödlichen Risiko. Die Methode, bei Gefahr regungslos zu verharren, hat hier verhängnisvolle Folgen. Zudem sind die Tiere bei entsprechender Witterung zu Hunderten unterwegs, so dass man ihnen kaum ausweichen könnte.
Besonders gefährdet sind Amphibien auch durch Pestizide. Nach entsprechenden wissenschaftlichen Erkenntnissen empfiehlt das Umweltbundesamt eine neue Risikobewertung dieser Chemikalien. Die Ausweitung des ökologischen Landbaus mit Verzicht auf den Einsatz chemisch-synthetischer Pestizide würde sich günstig auswirken. Amphibien vertilgen selbst schädliche Insekten - dass sie überleben ist also mit Sicherheit auch im Interesse der Landwirtschaft.
Im Landkreis Lichtenfels wurden 2014 an 17 Amphibienschutzvorrichtungen über 12 000 Tiere registriert, die meisten in Neuensee. Weitere Standorte: Altenbanz, Baiersdorf, Buckendorf, Gärtenroth, Hainweiher, Kirchlein, Kleukheim-Schweißdorf, Klosterlangheim-Roth, Lettenreuth, Messenfeld, Niesten, Peusenhof, Prächting, Siedamsdorf und Wiesen.
Die Zäune wurden teilweise mit staatlichen Zuschüssen angeschafft. Die Untere Naturschutzbehörde (Landratsamt) übernimmt die Koordinierung, Ehrenamtliche vor Ort die Betreuung.
Kontakt
Weitere Informationen gibt es im Umweltbüro des Bundes Naturschutz in Lichtenfels unter Tel. 09571/2586.