Kreis Lichtenfels: Krankenpfleger macht pornografische Bilder von Stieftochter - während sie schläft
Autor: Markus Häggberg
Lichtenfels, Freitag, 25. Sept. 2020
Ein 30 Jahre alter Mann steht in Lichtenfels wegen Besitz von kinderpornografischem Material und sexuellem Missbrauch vor Gericht. Das Urteil war noch härter als die Forderung des Staatsanwalts.
Zu 18 Monaten Haft auf Bewährung wurde auf dem Amtsgericht ein 30-jähriger Krankenpfleger aus dem westlichen Landkreis verurteilt, weil er im Besitz kinderpornografischer Schriften war und sexuellen Missbrauch seiner Ziehtochter betrieben haben soll. Während der Verhandlung präsentierte sich der Angeklagte nervös.
Von seinem einst bürgerlichen Lebensmodell ist nicht mehr viel übrig. Von Frau und Kindern getrennt, des Jobs verlustig gegangen und nun wieder bei Mutter wohnend, hat der Mann die privaten Folgen seines Tuns zu tragen. Die juristischen ergingen gegen ihn am Mittwoch.
30-Jähriger fotografierte heimlich Stieftochter
Mit Beistand durch Rechtsanwalt Roland-Stephan Lehnert saß er Staatsanwalt Matthias Jakob gegenüber. Der trug in der Anklageschrift schwere Anwürfe vor. So hat der Angeklagte von seinen Handy aus Bilddateien mit kinderpornografischem Inhalt versendet. Erstmalig geschehen am 17. September 2018, dann im Folgenden noch weitere Male. Mit Chatpartnern soll er übereingekommen sein, pornografische Bilddateien mit Kindern zwischen fünf und zehn Jahren zu tauschen. Er sei damit sogar erpressbar geworden, schilderte der Mann gegenüber Jakob und Richter Matthias Huber.
Einen traurigen Höhepunkt erhielt das Treiben am 4. Juli 2019, als sich der 30-Jährige in der Nacht ins Zimmer seiner elfjährigen Stieftochter begab, um sie im Schlaf zu filmen. Mit verrutschtem Slip, wobei Jakob sich davon überzeugt zeigte, dass der Mann für das Verrutschen des Slips auch selbst gesorgt habe. Zu alledem suchte der 30-Jährige Erklärungen zu liefern.
Eine bestand darin, dass sich seine Ehe in "einer Schieflage" befand. So habe er sich im Internet umgeschaut, aber "eher volljährige Frauen gesucht". Geraten sei er in Chats an Menschen mit Interesse an Kindern, wobei ihm nie ganz klar war, ob es sich um Männer oder Frauen gehandelt habe. Diese hätten ihn damit erpresst, dass er sich in ihre Nähe begab und hätten dadurch auch Bilder von ihm eingefordert. "Aber ich habe die Bilder meiner Stieftochter nie versandt", erklärte der Angeklagte in diesem Zusammenhang.
Angeklagter wollte Kinderpornos mit Chatpartnern tauschen
Als Beleg dafür, dass er Bilder machte, die man von ihm einforderte, benannte er einen Umstand, der sich auf manchen Aufnahmen zeigte. Zu sehen war sein Finger und der 30-Jährige bemerkte dazu, dass man von ihm verlangt habe, dass dieser quasi zum Beleg der Echtheit der Bilder auf den Fotos habe erscheinen müssen. "Es tut mir alles so leid", sprach der Angeklagte, während er sich Tränen aus den Augen wischte.
Für Staatsanwalt Jakob war das alles wenig nachvollziehbar und in der Argumentation kaum schlüssig. Entgegen der Aussage des Angeklagten, wonach er an seiner Ziehtochter den von selbst verrutschten Slip fotografierte, setzte Jakob auseinander, dass der Ziehvater den Slip im Schlaf des Kindes selbst verrutscht habe.
Auch Richter Matthias Huber nahm Anstoß an manchen Angaben des Angeklagten. Er verlas einen Chatverlauf und stutzte: "Ihre passive Rolle verstehe ich nicht so ganz", hielt er dem 30-Jährigen vor. Vor allem wies der Richter ihm nach, dass er es war, der Videos von den anderen Chat-Partnern einforderte.
Härtere Strafe als gefordert
An dieser Stelle rollte das Gericht auch den Lebenslauf des Mannes auf. Er hatte keine Einträge im Bundeszentralregister, ließ sich nie etwas zuschulden kommen, hat eine höhere Schule absolviert und seine Berufsausbildung abgeschlossen. Ein Leben ohne Auffälligkeiten also. Für Jakob stand nach der Beweisaufnahme, die ohne Zeugen auskam, allerdings fest, dass der Angeklagte den Slip "aktiv zur Seite" geschoben hat. Denn was Jakob auf den Aufnahmen zu erkennen meinte, war, dass da "keine natürliche Haltung des Slips" vorlag.
Elf Monate auf Bewährung bei Zahlung von 5000 Euro an eine gemeinnützige Einrichtung und Bewährungshelfer forderte Jakob, wobei er dem Angeklagten zugute hielt, dass dieser "ja noch nicht auffällig" geworden war. Für Lehnert wären "sechs Monate tat- und schuldangemessen" gewesen. Der Anwalt betonte dabei, dass das Familienidyll für seinen Mandanten vorüber ist, und auch sein Mandant zeigte sich von alledem nicht unbeeindruckt. Wieder kamen Tränen zum Vorschein. Sein letztes Wort brachte er mit tränenerstickter Stimme hervor und sprach davon, wie leid ihm alles tue.
Dann folgte das Urteil von eineinhalb Jahren Haft. Es habe nach Huber bei dem Verurteilten sehr wohl "ein eigenes sexuelles Interesse" bestanden, ansonsten hätten die entschuldigenden Einlassungen wenig entlastenden Sinn ergeben. Zu den eineinhalb Jahren Haft auf Bewährung sollte noch eine Geldauflage in Höhe von 2500 Euro kommen, überdies eine auf zwei Jahre währende Begleitung durch einen Bewährungshelfer nebst der Auflage, sich einer psychotherapeutischen Behandlung zu unterziehen.