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Krankenkassen um fast 20 000 Euro geprellt


Autor: Markus Häggberg

Lichtenfels, Donnerstag, 21. Dezember 2017

Vor dem Amtsgericht Lichtenfels musste sich ein 41-Jähriger wegen schweren Betrugs verantworten.
Am Amtsgericht Lichtenfels ging es um schweren Betrug. Archiv


Die Vorwürfe wogen schwer. Und sie kamen am Mittwoch doppelt auf. Im Saal 14 des Amtsgerichts hatte sich ein Pflegedienstleiter eines im Landkreis ansässigen Branchendienstleisters zu verantworten. Zwei Anklageschriften lagen vor, eine wegen Einbehaltens von Arbeitsentgelt und eine wegen Betrugs.

Der Aufwand würde groß werden. All das zu durchleuchten, was durch Zeugen an Belegen, Rechnungen und Erinnerungen Fragen aufwarf, sollte nach baldigem richterlichen Beschluss durch Ulrike Barausch noch eines zweiten Termins bedürfen. So kam es zur Verfahrensabtrennung und Neuansetzung des Themenkomplexes Arbeitsentgelt. Umso mehr Zeit also, sich des Betrugsvorwurfs anzunehmen, zu dem der 41-jährige Angeklagte Stellung beziehen sollte. Es ging um falsch abgerechnete Leistungen im Zeitraum zwischen November 2014 und Januar 2016, die zu mehreren Zeitpunkten an fünf erkrankten Personen nicht erbracht worden sein sollen. Allerdings wurden sie verrechnet und bei vier Krankenkassen wieder eingeholt. Der daraus entstandene Schaden resultierte laut Staatsanwalt Michael Koch auf insgesamt 19 762,68 Euro, um die die Kassen geprellt wurden.

Gleich zu Beginn der Verhandlung räumte der Beschuldigte ein, dass sämtliche "Rechnungen und Kontakte zu den Krankenkassen" über seinen Tisch liefen. Die Frage aber war, ob es der 41-Jährige selbst war, der Leistungen in die Formulare eintrug, die nie erbracht worden sind. Lange Zeit sollte es so aussehen, als bliebe alles reichlich undurchsichtig. Einmal gab der Beschuldigte an, die auf einem Formular hinterlassenen Initialen sollen nicht die seinen, sondern die einer Vertreterin gewesen sein, andermal erklärte er, er habe lediglich die ihm durch Mitarbeiter vorgelegten Leistungsnachweise unterschrieben. Sollten sie es also gewesen sein, die Manipulationen vorgenommen haben?

Auch der Anwalt des Angeklagten, Florian Donath, hielt diese Variante für möglich, was Staatsanwalt Michael Küch süffisant in Richtung des Angeklagten kommentieren ließ: "Zusammengefasst kann man sagen: Sie haben mit Abrechnungen nichts zu tun und die Vorwürfe stammen von Mitarbeitern, die sich gegen Sie verschworen haben?"

Echte Schlagschatten auf die Person des Pflegedienstleiters fielen dann aber in der sechsten Verhandlungsstunde, als eine ehemalige Mitarbeiterin von cholerischen Anfällen ihres einstigen Chefs sprach und als weitere ehemalige und aktuelle Mitarbeiter davon zu reden begannen, dass ihre Löhne und Gehälter nicht oder verspätet gezahlt worden seien. Eine Mitarbeiterin erzählte gar davon, derzeit "wegen all der Vorfälle in Therapie" zu sein. Schwer wiegen dürfte auch die Einlassung einer Frau, die für ein Familienmitglied Pflegeleistungen in Anspruch nahm und die sich dahingehend äußerte, der Angeklagte hätte sie veranlassen gesucht, ein Pflegeformular "blanko zu unterschreiben". Weder die erbrachten Leistungen noch die Uhrzeit seine auf dem Papier vermerkt gewesen.

Eine in den Zeugenstand getretene Sozialversicherungsangestellte wiederum konnte bestätigen, dass über eine Geschäftsstelle in Bayreuth die Information kam, Versicherte bzw. Mitarbeiter des Pflegedienstes hätten sich gemeldet und von falschen Signaturen bzw. abgezeichneten nicht erbrachten Leistungen gesprochen. "So haben wir den ganzen Fall an die Staatsanwaltschaft gegeben." Ein Urteil wurde am Mittwoch nicht gesprochen. Doch schon am 10. Januar wird die Angelegenheit in einem Fortsetzungstermin erneut verhandelt werden.