Kopfschütteln nach Pkw-Sturz vom Staffelberg
Autor: Christian Pack
Bad Staffelstein, Freitag, 18. Juli 2014
Der spektakuläre Pkw-Absturz ist in Bad Staffelstein immer noch Gesprächsthema Nummer eins. Es wird getuschelt, Gerüchte machen die Runde. Für die Polizei ist die Spurenlage eindeutig.
Ungläubig steht eine vierköpfige Reisegruppe aus Hessen an der Stelle, wo vor acht Tagen ein roter VW Caddy in die Tiefe gestürzt ist. Die Wanderer nähern sich vorsichtig der Felskante und begutachten die entwurzelte Kiefer in zwölf Metern Tiefe, auf die das Auto gefallen ist. Handys und Kameras werden gezückt, wie viele andere Touristen knipsen sie Fotos. Für die traumhafte Staffelberg-Aussicht über das Maintal haben die Ehepaare kein Auge. "Uns wurde die Geschichte in unserer Staffelsteiner Pension erzählt. Das jetzt hier zu sehen, ist wirklich unglaublich", sagen die Vier kopfschüttelnd.
Auch anderthalb Wochen danach ist der spektakuläre Unfall in der beschaulichen Kurstadt im Landkreis Lichtenfels das Gesprächsthema Nummer eins. Am Abend des 8. Juli stürzt eine 40-jährige Gastwirtin mit ihrem Pkw vom Staffelberg-Plateau in die Tiefe. Wie durch ein Wunder verletzt sie sich nur leicht. Nachdem eine Wandergruppe das Auto im Dickicht entdeckt und die Polizei den Vorfall bestätigt, wird der Staffelberg vorübergend zum oberfränkischen Medienzentrum. Zeitungen, Radiosender und Fernsehanstalten berichten, eine TV-Produktionsfirma überlegt aktuell sogar, ob sie die Geschichte als Dokumentation nacherzählen soll.
Auch die Unfallfahrerin ist in den Medien zunächst sehr präsent. Sie gibt Interviews an der Absturzstelle, erzählt ihre unglaubliche Geschichte wieder und wieder: Wie sie auf dem Staffelberg mit dem Auto ihren Sohn sucht und die Orientierung verliert, nach dem Absturz den Zündschlüssel zieht und nach Hause läuft. "Ich hatte einen Schutzengel", sagt sie gegenüber einem Fernsehteam.
Für viele Bad Staffelsteiner klingen die Erklärungen, warum es zu dem Unfall kam, ebenso absonderlich wie der Unfall selbst. In der Stadt wird derzeit viel getuschelt, Gerüchte machen die Runde.
Etwa zwei Kilometer unterhalb des Berges stehen zwei Rentner am Staffelsteiner Friedhof. Sie diskutieren gestenreich. "Ich kann das alles nicht glauben. Wenn ich dort oben schon herumfahre und nicht weiß wo ich bin, bleibe ich doch stehen", sagt der 67-Jährige. "Es war doch nebelig. Wieso soll es nicht so passiert sein", widerspricht ihm seine Nachbarin.
Stabiler Eindruck
Gerald Storath ist Leiter der Polizeistation Bad Staffelstein. Natürlich hat auch er die Gerüchte vernommen. In den letzten Tagen ist er immer wieder damit konfrontiert worden. Der Polizist kann allerdings nur das bestätigen, was die Spurenlage hergibt. Und die hat sich nicht verändert. "Es steht fest, dass das Auto heruntergestürzt ist. Fest steht auch, dass die Frau angeschnallt in ihrem Fahrzeug saß. Alleine." Warum es dazu kam, darüber könne nur spekuliert werden. "Die Version der Frau ist ebenso realistisch, wie ein möglicher Suizidversuch oder etwas anderes. Aus polizeilicher Sicht macht das aber keinen Unterschied. Es bleibt so oder so beim Vorwurf der Unfallflucht."
Dementsprechend will Storath die Gerüchte eigentlich auch nicht weiter kommentieren. Was der Polizist aber sagen kann ist, dass die 40-Jährige bei der ersten Vernehmung einen stabilen Eindruck machte. "Sie sprach normal mit uns, war nicht durch den Wind und wirkte gefestigt." Und dass die Frau in der Nacht und Nebelaktion mit ihrem Auto hinauf zum Staffelberg gefahren ist, sei zwar verboten, aber faktisch möglich. "Es gibt einen gut ausgebauten Feldweg, der von Lieferfahrzeugen genutzt wird." Privatpersonen dürfen hingegen nur mit einer Ausnahmegenehmigung auf den Staffelberg fahren, beispielsweise bei Hochzeiten. Dass sich Privatfahrzeuge dort - gewollt oder ungewollt - "verirren", sei bisher allerdings noch nicht vorgekommen. "Wir mussten noch niemanden anzeigen."
Storath hat die Verursacherin noch einmal vorgeladen. Bei diesem Termin wird er sie erneut zu dem Unfall befragen. Die Staatsanwaltschaft prüft derzeit, ob Ermittlungen eingeleitet werden, was der Polizeibeamte aber eher ausschließt. "Eine Anzeige wegen unerlaubtem Entfernen vom Unfallort kommt auf die Frau aber in jedem Fall zu", sagt Storath, der das Geschehene immer noch nicht fassen kann. "Ich lebe jetzt 45 Jahre hier. Aber so etwas habe ich noch nicht erlebt."
Naturschutzgebiet Staffelberg - Absperrung am Felsplateau verboten
Verbote Das beliebte Ausflugsziel Staffelberg liegt 539 Metern über dem Meeresspiegel und ist ein Naturschutzgebiet. Es ist verboten, Felsen zu betreten. "Ausgenommen ist das Klettern auf mehreren in einer Anlage bezeichneten Routen", so Martin Steiner, Pressesprecher der Regierung von Oberfranken. Am Felsplateau ein Schutz-Geländer zu installieren, wäre ebenfalls verboten. "Der optische Reiz des Felsplateaus würde dadurch erheblich beeinträchtigt", so Steiner. Man gehe auch davon aus, dass die Mehrheit der Bevölkerung dies aus Gründen des Landschaftsbildes ablehnen würde.
Kosten Die Kosten für den Einsatz der Feuerwehr am 9. Juli wird die Stadt Bad Staffelstein übernehmen. "Weil es ein Unfall war und kein Vorsatz erkennbar ist", begründet Lutz Schneider vom Kreisfeuerwehrverband Lichtenfels. Laut Schneider seien die Aufwendungen bei der Feuerwehr aber nicht allzu hoch. Die Polizei muss die Kosten selbst übernehmen. Allerdings sagte Gerald Storath, dass sich die Unfallverursacherin auch zur Kasse gebeten wird. "Sie wird unter anderem die Abschleppkosten und den Baum bezahlen müssen."