Farbe auf Straße: "Tropfspur" führt zu 81-Jährigem - war die Hausdurchsuchung im Kreis Lichtenfels übertrieben?
Autor: Ramona Popp
Klosterlangheim, Montag, 13. Juli 2020
Eine Hausdurchsuchung wegen gelber Farbe auf der Fahrbahn? In Klosterlangheim wird heiß darüber diskutiert, ob das angemessen war.
Die Tat liegt schon ein paar Wochen zurück, die Fahrbahn ist längst wieder gereinigt. Aber vom Tisch ist das Thema noch lange nicht. Es ist Schaden entstanden in Klosterlangheim, und zwar ein Schaden, der über den sichtbaren, materiellen hinausgeht. So viel darf heute schon festgestellt werden, auch wenn noch viele Fragen offen sind.
Was hat sich zugetragen? Jemand hatte mit gelber Farbe und Schablone eine "Tempo 50- Erinnerung" auf die Fahrbahn der Oberlangheimer Straße gepinselt. Ein Auto, das über die frische Farbe rollte, wurde besudelt, der Fahrer erstattete am 22. Juni Anzeige bei der Lichtenfelser Polizei. Er macht einen Schaden für die Reinigung des Wagens von 4000 Euro geltend. Ein Wert, der auf den ersten Blick unfassbar hoch erscheint.
Klosterlangheim: "Tropfspur" führt zu 81-Jährigem - war die Hausdurchsuchung übertrieben?
Eine Nachfrage bei einem Betrieb für Fahrzeugaufbereitung zeigt jedoch, dass solch hohe Kosten dann möglich werden, wenn es mit bloßem Reinigen und Polieren nicht mehr getan ist und Ersatzteile etwa im Bereich der Radkästen oder Nachlackierungen erforderlich werden. Die Beamten machten sich vor Ort ein Bild und fanden Tropfspuren, die zu einem nahegelegenen Anwesen führten. In dem wohnt ein älteres Ehepaar.
Der 81-jährige Mann sagt, er habe den kleinen Eimer samt Pinsel am Straßenrand stehen sehen und weggeräumt, genauso, wie er schon öfter irgendwelchen Unrat vom Graben weggeräumt hat. Wie auch immer die Kommunikation mit den Beamten abgelaufen sein mag - den Verdacht, den diese hatten, entkräftete sie nicht. Wenige Tage später kamen die Polizisten zurück, ausgestattet mit einem von der Staatsanwaltschaft ausgestellten und richterlich unterzeichneten Durchsuchungsbeschluss.
Vom Keller bis zum Dach, inklusive Kleiderschrank im Schlafzimmer, wurde das Haus durchsucht. Gefunden wurde auch etwas: ein Schuh mit gelben Farbspritzern und ein Lappen, wofür der Mann die schon genannte Erklärung hat.
Verhältnismäßig? Staatsanwaltschaft sagt Ja
Seitens der Staatsanwaltschaft sind das "Ergebnisse, die zu einer strafrechtlichen Verfolgung führen könnten", wie es ihr Sprecher Johannes Tränkle formuliert. Nähere Äußerungen möchte er mit dem Hinweis auf die laufenden Ermittlungen nicht machen. Auf die Frage nach der Verhältnismäßigkeit und Angemessenheit der Aktion, verweist er auf den "nicht unerheblichen Schaden" und erläutert den Tatbestand der "Amtsanmaßung", was kein Kavaliersdelikt, sondern eine Straftat sei.
Es betrifft in diesem Fall das Aufbringen der "Tempo 50"-Symbole auf die Fahrbahn. Man darf dazu anmerken, dass die Farbgebung der echten behördlichen Symbole ja eine andere ist - Rot und Weiß mit schwarzen Ziffern. "50 km/h" lautet auch ungeschrieben die innerorts gültige zulässige Höchstgeschwindigkeit. Die wird allerdings in Klosterlangheim gerade an dieser Stelle häufig nicht eingehalten, so jedenfalls die Beobachtung von Anwohnern. Deshalb äußern Bürger vor Ort durchaus Sympathiebekundungen für diese Tat.